Interview mit Christian Gerhaher zur ,Tannhäuser‘ Premiere in der Staatsoper.
Auf die letzte Premiere der Staatsopern-Ära Holender – Wagners Tannhäuser – wartet man mit großer Spannung. Zum einen, weil der nicht gerade als konservativ verrufene Regisseur Claus Guth inszeniert und das typische Wagner-Publikum nicht gerade als neugierig verschrien ist. Und zum anderen, weil der deutsche Bariton Christian Gerhaher sein Staatsopern-Debüt gibt.
Regietheater
Im Interview schildert der große Liedsänger: „Claus
Guth geht den legitimen Weg einer teilweisen Umdeutung des Stücks, gerade
dort, wo die Dramaturgie nicht ganz hieb- und stichfest ist. Wenn man mit
Bildung und Wissen an ein Stück herangeht und es nicht total zerstört, finde
ich Umdeutungen im Sinne eines Regietheaters legitim. Auf der anderen Seite
fehlt mir jedes Verständnis für Regisseure, die ahnungslos über Stücke
herfallen – und die gibt’s leider auch!“
Echos
Als „Star“ sieht sich der dreifache ECHO-Gewinner nicht:
„Ich bin kein Star, sondern Liedersänger – und wer kennt so was schon! Ich
bin eine Nischen- und Randerscheinung, aber natürlich ist auch diese
Anti-Rolle eine Rolle innerhalb des Kulturbetriebs, von der ich mich
keinesfalls distanziere. Denn ich möchte ja, dass viele Leute Schumann und
Mahler kennen, weil das gute Inhalte sind für ein Leben, das durch
Banalitäten zunehmend verflacht.“
Operette
Nicht nur durch Schönklang, sondern auch durch kritische
Worte ist Christian Gerhaher aufgefallen – als er sich als scharfer Kritiker
des Operettengenres deklarierte: „Ich finde Operette nicht dumm, sondern
geschmacklos! Und ich fühle mich als Zuhörer speziell von Operetten der
Wiener und Budapester Art regelrecht beschmutzt! Ich halte die Inhalte von
Eine Nacht in Venedig oder Gräfin Mariza für hochgradig chauvinistisch und
unerträglich. Als einzige Ausnahme stellt sich für mich Die Fledermaus dar,
denn hier wird die Dekadenz nicht zelebriert, sondern thematisiert.“