Götz Georges neue Biographie beweist, es ohne Besäufnisse, Drogen und wilde Parties doch noch weit zu bringen.
"Mit dem Leben gespielt" ist der vielsagende Titel der neuen Götz-George-Bio, darin ähnelnd der Schauspielerbiografie seines Kollegen Ernst Schröder (1915-1994, "Das Leben - verspielt") vom Schiller-Theater, an dem George schon 1951 als der Sohn von Wilhelm Tell auf der Bühne stand. Es war das Theater, dessen Intendant sein berühmter Vater Heinrich George 1938 im Dritten Reich geworden war - einer der Gründe, die dem renommierten Schauspieler nach dem Krieg zum Verhängnis und Schicksal werden sollten. Er starb 1946 im sowjetischen Lager Sachsenhausen bei Berlin. Nach dem Mauerfall spürt George das vergessene Grab in einem unwegsamen Waldgelände bei Berlin wieder auf und lässt seinen Vater 1994 in Berlin-Zehlendorf beisetzen.
Eigentümliche Verarbeitung des Vaterverlusts
Die Biografie
bestätigt, wie stark der Schatten des Jahrhundert- Schauspielers Heinrich
George ("Der Postmeister", "Berlin Alexanderplatz") den Weg des Sohnes
begleitete. Er überrascht mit freimütigen Bekenntnissen über seinen
geliebten Vater, der nicht davor zurückschreckte, seinen kleinen Sohn mit
der Reitpeitsche zu züchtigen. Den Leser fröstelt es, wenn George nüchtern
die Gefühle des damals achtjährigen Jungen beschreibt, als er 1946 vom Tod
seines Vaters erfährt: "Es war für mich kein Schlag ins Gesicht. (...)
Natürlich gab es von ihm auch eine große Zuwendung, aber in diesem
Augenblick überwog meine Erinnerung an die Prügel. Ich war deshalb sogar
erst einmal erleichtert, als es hieß, er kommt nicht mehr zurück, weil ich
jetzt keine Schläge mehr fürchten musste." Was ihn mal verwundet hat,
vergisst er nicht, heißt es in der Biografie.
Es steht alles in der Bio
Es ist eine der berührendsten Stellen
der lesenswerten Biografie, mit der der Autor es in fast drei Jahren
geschafft hat, den eher verschlossenen Schauspieler zum Reden zu bringen,
auch über längst Verdrängtes und manches Private. George war es leid, von
Journalisten gerade danach immer wieder gefragt zu werden anstatt nach
seinen Arbeiten. "Jetzt muss ich mit der Presse darüber nicht mehr reden, es
steht alles in meiner Biografie", sagt er sichtlich erleichtert in Berlin.
Torsten Körner: "Götz George. Mit dem Leben gespielt. Biographie", Scherz Verlag, 480 Seiten