Der Globes Gewinner im Gespräch über Oscar-Chancen und Zukunftspläne.
Müde, aber glücklich kehrte Michael Haneke aus Los Angeles nach Wien zurück – mit dem Golden Globe, den er für sein Kinodrama Das weiße Band gewann. Die Tage in L.A. nutzte Haneke (auch) dazu, Networking zu betreiben. Wobei Haneke-Ehefrau Susi anklingen ließ, dass Megastars wie Julia Roberts oder Nicole Kidman gern einmal mit dem Wiener arbeiten würden. ÖSTERREICH sprach nach seiner Ankunft mit dem glücklichen Gewinner.
ÖSTERREICH: Herr Haneke, wissen Sie, wie viele Preise Sie schon gewonnen haben?
Michael Haneke: Nein. Aber so vierzig, fünfzig, sechzig werden es schon sein. Die meisten sind im Büro, doch die Goldene Palme steht daheim bei mir auf dem Schreibtisch, weil sie ein besonders hübscher, diskreter Gegenstand ist. Es ist aber unwichtig, wo so ein Preis hinkommt – wichtig ist nur, dass man ihn kriegt.
ÖSTERREICH: Welcher Preis ist Ihnen der Wichtigste?
Haneke: Am meisten gefreut habe ich mich über die Goldene Palme von Cannes, denn das ist der renommierteste Preis, den man im Kunstfilm-Bereich gewinnen kann. Ich bin in Cannes zuvor zweimal knapp an der Goldenen Palme vorbeigeschrammt. Also war es eine Freude und Genugtuung, diesen Preis 2009 mit Das weiße Band zu holen.
ÖSTERREICH: Rechnen Sie damit, zur Oscar-Verleihung im März wieder nach Los Angeles zu fliegen?
Haneke: Ich rechne mit gar nichts. Ich lasse mich überraschen. Es würde keinen Sinn machen, sich einzukrampfen und auf die Nominierungen zu warten. Wenn ich nominiert bin, sage ich Hurra, fahr’ma wieder hin – wenn nicht, fahr’ma nicht hin.
ÖSTERREICH: In den USA wird diskutiert, dass nicht nur Das weiße Band eine Oscar-Nominierung verdient hätte, sondern auch Sie als Regisseur und Christian Berger als bester Kameramann.
Haneke: Sollte Das weiße Band für den Fremdsprachen-Oscar nominiert werden, wäre das wunderbar. Wenn es Christian Berger auch schaffen sollte, wäre das noch wunderbarer. Alles andere halte ich für illusorisch.
ÖSTERREICH: Würden Sie gern einmal einen Film mit Christoph Waltz drehen?
Haneke: Ja, natürlich. Wir haben jetzt auch mit US-Schauspielern gesprochen, die sagten, sie würden gerne etwas mit mir machen. Namhafte Leute. (Einwurf von Susi Haneke: "Die Julia Roberts würde gern mit dir arbeiten und die Nicole Kidman." Michael Haneke lacht.) Es braucht aber immer ein Projekt, das bestimmte Darsteller erfordert. Man kann nicht einen Film machen, nur weil jemand gerade zur Verfügung steht.
ÖSTERREICH: Im Sommer wollen Sie Ihren nächsten Film drehen, mit Isabelle Huppert und Jean-Louis Trintignant. Wie geht es Ihnen mit dem Drehbuch?
Haneke: Na ja, mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Schreiben ist schwierig. Ich kann mich nicht einfach hinsetzen und sagen, so, jetzt habe ich zwei Stunden Zeit und schreibe ein paar Szenen. Es dauert ein bisschen, bis ich wieder ins Schreiben reinkomme. Normalerweise hat man ein Drehbuch, dann wird das Projekt kalkuliert und eine Besetzung gesucht. Jetzt haben wir die halbe Besetzung und einen Drehtermin, nur das Buch ist noch nicht fertig und ich weiß auch nicht, ob ich es rechtzeitig schaffe. Vielleicht sage ich in zwei Wochen, tut mir leid, doch das wird jetzt nichts. Ich schaue aber eh, dass ich das Projekt verwirklichen kann.