Kaufmann Wolfgang F. hat seinen größten Schatz verloren.
Ein furchtbarer Vertrauensbruch unter einstigen Freunden wird bald schon Gerichte beschäftigen – aber vermutlich die Kunstwelt in Entzücken versetzen. Denn es bestehen gute Aussichten, dass ein bisher unbekanntes Bild von Egon Schiele auf den Markt kommt: Das Ölgemälde „Kampf der Zentauren“, 155 x 100 cm, links unten signiert mit „Schiele“, links oben mit dem Monogramm „E. S.“; Wert laut Experten: von acht Millionen Euro aufwärts.
Sensation
Die Vorgeschichte der Sensation könnte aus einem Drehbuch stammen: Als der einstmals vermögende Kaufmann Wolfgang F. (57) in eine finanzielle Krise schlitterte – und nebenbei Gefahr lief, an Scheidungsfolgen zu verbluten –, vertraute er seinen größten Schatz treuhändisch einem Kumpel an: Das Schiele-Bild, das er in besseren Zeiten (1984) privat (mit Kaufbestätigung) erworben hatte – und für das er auch ein Echtheitszertifikat des Museums für Moderne Kunst vorweisen kann.
Böse Überraschung
Der Treuhänder war nicht nur aus freundschaftlicher Verbundenheit unverdächtig. Denn Wirtschaftsanwalt Dr. Walter R. galt in der Branche als Genie und schien als Schirmherr von 40 Stiftungen und Firmen auch pekuniär aus dem Schneider. Das Gemälde wurde in der Münchner Pinakothek fachgerecht gelagert – bis Besitzer Wolfgang F. im Vorjahr eine böse Überraschung erlebte.
Denn da wollte er sein Bild zurück. Bloß: Sein Spezl und Advokat war mittlerweile finanziell selbst in Schieflage geraten und stand nicht mehr auf der Anwaltsliste. Unglaublicher aber noch: Dr. Walter R. hatte den Schiele aus München abgeholt und der Linzer Oberbank eine eidesstattliche Erklärung vorgelegt, dass ihm das Gemälde gehöre. Also akzeptierten es die Banker als Pfand für einen 1,6 Millionen Euro Kredit.
Fassungslos
Der düpierte Eigentümer Wolfgang F. fassungslos: „Ich habe mir sofort einen neuen Anwalt genommen, der mit der Oberbank verhandelt hat. Erst hieß es, ich möge den Erwerb nachweisen. Das habe ich getan. Dann hieß es, ich könne das Bild für eine Million Euro auslösen. Auch dazu wäre ich bereit gewesen. Trotzdem hat uns die Bank im Oktober auf den Gerichtsweg verwiesen.“ Banksprecher Mag. Frank Helmkamp auf ÖSTERREICH-Nachfrage: „Wir wollen den Fall nicht dementieren, aber auch nicht kommentieren.“
Das Geldinstitut, das einst mit Wirtschaftsanwalt Walter R. große Geschäfte machte, spielt offenbar auf Zeit. Wolfgang F. aber ist die Geduld gerissen – er wird Klage einreichen: „Allein die Gerichtsgebühren betragen 150.000 Euro. Aber ich habe einen Prozessfinanzierer gefunden.“
Für den Schiele gibt es bereits weltweit Interessenten.
Wolfgang Höllrigl