Schau geht mit 200 Exponaten auf Anatomie und Entwicklung des Körpers ein.
Seit 13. März gibt das Naturhistorische Museum (NHM) Wien im Rahmen der Ausstellung "Körperwelten & Der Zyklus des Lebens" auf 700 Quadratmetern tiefe Einblicke in die menschliche Anatomie. Nachdem bereits 1999 die Präparate des mitunter umstrittenen Anatom Gunther von Hagens in Wien zu sehen waren, ist es nach den "Körperwelten der Tiere" (2010) die zweite Ausstellung im NHM. Die aktuelle Schau setzt die Entwicklung des Menschen und die Prozessen des Alterns gewohnt eindrücklich in 200 Exponaten auseinander und soll die Besucher vor allem zur Reflexion über den eigenen Körper anregen, wie die Ausstellungskuratorin Angelina Whalley vor Journalisten erklärte.
Plastische Faszination
Der 1945 als Gunther Gerhard Liebchen geborene Hochschullehrer von Hagens entwickelte 1977 das Verfahren der "Plastination". Dabei handelt es sich um eine spezielle Form der Aufbearbeitung und Konservierung von Leichen und Organen. Seither wurde die Methode ständig weiterentwickelt, wie Whalley erklärte. Darum sei es nun möglich, die Präparte in "lebensnäheren Posen" zu zeigen, so die Direktorin des Instituts für Plastination in Heidelberg, die seit 1992 mit von Hagens verheiratet ist.
Die Selbstfindung im Vordergrund
In den Ausstellungsobjekten "erkennen sich die Menschen, wie nie zuvor", bei vielen Besuchern führe das zu einer tiefen Auseinandersetzung mit dem Selbst, so Whalley. Man nehme den eigenen Körper danach anders wahr, was in einigen Fällen auch zu einem anderen Umgang mit dem Körper führe. Aus längerfristigen nachträglichen Befragungen von Besuchern wissen man etwa, dass sich neun Prozent dazu entschlossen haben, mit dem Rauchen aufzuhören und etwa 30 Prozent seither stärker auf gesündere Ernährung achten, erklärte die Kuratorin.
Aspekt des Alterns
Im Fokus der aktuellen Ausstellung stehen neben der Darstellung des Aufbaus des menschlichen Körpers vor allem die Veränderungen, denen er unterworfen ist. So ist etwa der Aspekt des Alterns ständig präsent. Anhand vieler Beispiele wird auch dokumentiert, wie der Körper auf gesundheitsschädliches Verhalten reagiert und wie ihn Krankheiten verändern. So kann man sich etwa von einer Gehirnblutung, Verformungen der Wirbelsäule oder dem augenscheinlichen Unterschied zwischen einer Raucherlunge und der eines Nichtrauchers ein Bild machen. Die Highlights der Ausstellung sind aber auch diesmal die Plastinate, die den menschlichen Körper in stilisierter Bewegung zeigen, wie etwa einen Balletttänzer beim Spitzentanz, eine Bogenschützin beim Abschießen eines Pfeiles oder ein Paar, das sich umarmt.
Über 36 Millionen Besucher weltweit
Weltweit haben die Körperwelten-Ausstellungen seit 1995 bisher mehr als 36 Millionen Menschen gesehen. Immer wieder wurden auch Stimmen laut, die eine derartige Zurschaustellung des menschlichen Körpers kritisierten. Pietätlosigkeit und die Verletzung der Menschenwürde wurden von Hagens häufig vorgeworfen. Der Anatom betonte hingegen immer, dass Einblicke in die Anatomie eines Lebewesen die Achtung vor selbigem keineswegs schmälern würden. Für NHM-Direktor Christian Köberl ist jedenfalls klar, dass die Ausstellung "das Naturhistorische Museum erneut ins Zentrum des Publikumsinteresses stellt". Bisher habe er hinsichtlich der Programmierung der "Körperwelten" sehr viel Zustimmung erfahren. Köberl verwies auch darauf, dass die Technik des Plastinierens am Wiener Institut für Anatomie 1978 auch erstmals außerhalb von Heidelberg angewendet wurde. Der ehemalige Institutsvorstand an der Wiener Medizinischen Universität, Wilhelm Firbas, wird heute, Dienstag, Abend auch den Festvortrag bei der Ausstellungseröffnung halten.#
Info
Die Schau "Körperwelten & Der Zyklus des Lebens" ist bist zum 11. August in Naturhistorischen Museum zu besichtigen. Alle Informationen zur Ausstellung erhalten Sie unter www.nhm-wien.ac.at.