U-Richter enthaftet den Hauptverdächtigen. Ein Vertrauter ist fassunglos.
Sonntagvormittag, Justizanstalt Korneuburg: Sichtlich erleichtert verlässt der bislang Hauptverdächtige im Fall Julia Kührer das Justizgebäude am Hauptplatz. Seine Mutter und seine Freundin erwarten ihn schon, denn Michael K. ist ab sofort wieder ein freier Mann.
Die Begründung des U-Richters ist so trocken wie erschütternd für die Ermittler der SOKO Julia. Wörtlich heißt es: „Der Richter hat in der Folge das Vorliegen eines dringenden Tatverdachtes verneint und den Antrag auf Haftverhängung abgewiesen.“
Psychotherapeut Rainer König-Hollerwöger kennt den enthafteten Michael K. Der Vertraute der Familie Kührer ist fassunglos über die Enthaftung.
ÖSTERREICH: Michael K. wurde enthaftet. Was sagen Sie dazu?
Rainer König-Hollerwöger: Ich bin schockiert und fassungslos. Ich kenne den Mann seit fünf Jahren. Seit fünf Jahren sagt er dieselben Sätze und schiebt immer alles auf die anderen.
ÖSTERREICH: Aber für den Richter gab es nicht genug Gründe für eine U-Haft.
König-Hollerwöger: Wir hatten Fritzl und Kampusch. Wenn eine Leiche auf dem Grundstück des Mannes gefunden wird, die so lange gesucht wurde und die er gekannt hat, dann muss es auch für die Polizei genug Zeit geben, hier entsprechend lange zu befragen. Ich kenne ihn, auch zu mir hat er gesagt: „Frag mich nicht immer über Julia aus, das geht mir am A****.“
Journal-Richter sah keinen Grund für die U-Haft
Trotz eines 48-stündigen Dauerverhörs durch das Bundeskriminalamt und der Überzeugung der Beamten, endlich den Richtigen einkassiert zu haben, sah der (Journal-)Richter offenbar keinen Grund für eine Untersuchungshaft. Ein Déjà-vu in der Causa Kührer. Fast genau vor einem Jahr, im Mai, hatte die SOKO schon einmal mit Pauken und Trompeten drei Verdächtige präsentiert, die mit Julia Drogen-Partys gefeiert haben sollen und allein deshalb suspekt waren.
Bei der Verhaftung durch die Cobra wurde sogar ein Hund erschossen. Fazit: Die Betroffenen mussten wieder freigelassen werden, weil es überhaupt keine Beweise gegen das Trio gab.
Hausdurchsuchung und 48 Stunden Dauerverhör
Diesmal allerdings liegt der Fall wohl ein bisschen anders. Immerhin wurde auf dem Grundstück von Michael K. (50) in Dietmannsdorf in einem Erdkeller im Hof die verweste und skelettierte Leiche von der seit fünf Jahren vermissten Julia Kührer gefunden (es gilt die Unschuldsvermutung). Seine einzige Erklärung im Verhör: Jemand anders seiner zahlreichen Feinde müsse den Körper dort abgelegt haben. Doch auch in seinem Fall haben die Ermittler riesengroße Probleme, dem Verdächtigen den möglichen Mord an Julia nachweisen zu können.
Trotz Hausdurchsuchungen an allen seinen Wohnorten konnten keine Beweise gefunden werden. Seine Videothek, die er zum Zeitpunkt von Julias Verschwinden in Pulkau geführt hatte, ist mittlerweile verkauft und samt allen Lagerräumen total renoviert. Polizei überzeugt: „Wir lösen den schwierigen Fall“ Der silberfarbene Mazda 121, den Michael K. damals fuhr – und genau so ein Auto wurde am Tag ihres Verschwindens gesehen – ist mittlerweile verschrottet worden. Auch im Erdloch in Michael K.s Haus sind die Spuren nach fünf Jahren längst alle vernichtet und vermodert. Auch der Gerichtsmediziner wird größte Mühe haben, festzustellen, wann und woran das Mädchen gestorben ist. Da keine Kugel im Knochen steckt und keine verdächtigen Brüche bei der ersten Totenbeschau gesichtet wurden, kann ein Gewaltverbrechen kaum mehr nachgewiesen werden. Ein Insider: „Wurde sie etwa erwürgt, kann man das niemals mehr feststellen.“
Helmut Greiner vom Bundeskriminalamt ist dennoch überzeugt: „Wir haben den langen Atem, den schwierigen Fall zu lösen.“
© TZ ÖSTERREICH/Kronsteiner
© TZ ÖSTERREICH/Kronsteiner
© TZ ÖSTERREICH/Kronsteiner
© TZ ÖSTERREICH/Kronsteiner
© TZ ÖSTERREICH/Kronsteiner
© TZ ÖSTERREICH/Kronsteiner
© TZ ÖSTERREICH/Kronsteiner
© TZ ÖSTERREICH/Kronsteiner
© TZ ÖSTERREICH/Kronsteiner
© TZ ÖSTERREICH/Kronsteiner
© APA/ Pfarrhofer
© APA/ Pfarrhofer
© APA/ Pfarrhofer
© APA/ Pfarrhofer
© APA/ Pfarrhofer
© APA/ Pfarrhofer
Barbara Haas, Roland Kopt