Behaupteter Einbruch war vermutlich Mordversuch. Ermittler verblüfft.
Wende im Fall des 15-jährigen Burschen, der am Samstag in der elterlichen Wohnung in Wien-Favoriten eine Frau niedergestochen und anschließend behauptet hatte, diese bei einem Einbruch ertappt und in Notwehr gehandelt zu haben. In Wahrheit hatte sich der Schüler zur Mittagszeit bei einem Escort-Service eine Prostituierte bestellt. Er wollte sich allerdings nicht mit dieser vergnügen. "Er wollte sie umbringen", sagte Polizeisprecher Mario Hejl am Sonntag.
Zum Motiv erklärte der Bursch demnach den Ermittlern, er habe "einen Hass auf Prostituierte". Der 15-Jährige wurde nach Abschluss der polizeilichen Einvernahmen wegen Verdacht auf versuchten Mord ins Landesgerichtliche Gefangenenhaus überstellt.
Ermittler über "Raffinesse" verblüfft
Die Tat spielte sich in der elterlichen Wohnung des 15 Jahre alten Burschen ab. Dabei handelt es sich um eine Hausbesorgerwohnung in der Wielandgasse in Wien-Favoriten. Als er am Samstagmittag allein zu Hause war, nützte der Schüler die Gelegenheit, um seinen offenbar schon länger gehegten Plan, auf eine Prostituierte loszugehen, in die Tat umzusetzen.
Er suchte sich bei dem Escort-Service, das er anrief, keine bestimmte Frau aus und gab auch keine speziellen Vorlieben an. Die 24-Jährige, die kurz darauf bei ihm anläutete, wurde demnach aus reinem Zufall zum Opfer einer Gewalttat.
Der Fall des 15-jährigen Burschen, der am Samstagmittag eine Prostituierte in die elterliche Wohnung in Wien-Favoriten bestellt hatte und diese mit einem Messer um ein Haar ums Leben brachte, gibt selbst erfahrenen Kriminalisten Rätsel auf. Während sich das schwer verletzte Opfer - eine 24 Jahre alte Frau aus Rumänien - in ein Nebenzimmer retten konnte, die Tür verriegelte, lautstark um Hilfe schrie und so Nachbarn auf sich aufmerksam machen konnte, die die Polizei alarmierten, blieb der Schüler seelenruhig in der Wohnung und wartete auf das Eintreffen der Uniformierten.
Den Beamten machte der Bursch dann vor, er sei von einem Friseurbesuch nach Hause gekommen und habe die Frau, die nebenan in ihrem Blut lag und zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ansprechbar war, auf frischer Tat beim Einbrechen erwischt. Zwei männlichen Mittätern der Einbrecherin wäre die Flucht gelungen, während ihm in Notwehr nichts anderes übrig geblieben sei, als zum Messer zu greifen.
Jugendlicher als "schwerer Problemfall"
Ein mit dem Fall betrauter Kriminalist attestierte dem Burschen, der äußerlich wesentlich älter als 15 wirken soll ("Er schaut eher aus wie ein 20- bis 25-Jähriger"), am Sonntagnachmittag im Gespräch mit der APA "eine gewisse Raffinesse in der Ausrede". In Bezug auf sein Alter sei das "durchaus beachtlich". Der Ermittler bezeichnete den Jugendlichen weiters als "schweren Problemfall" und ging davon aus, dass einem Gerichtspsychiater im weiteren Verfahren eine tragende Rolle zukommen wird: "Er hat sicher ein schweres psychisches Problem."
Ins Gefängnis überstellt
Der Schüler wurde am Sonntagnachmittag ins Landesgerichtliche Gefangenenhaus überstellt. Dort wird in den nächsten 48 Stunden über ihn die U-Haft verhängt, was bei Verdacht auf versuchten Mord obligatorisch ist. Die Staatsanwaltschaft wird mit Sicherheit einen psychiatrischen Sachverständigen beiziehen und abklären lassen, ob bei dem Jugendlichen eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung oder eine geistig-seelische Abartigkeit höheren Grades vorliegt. Sollte der Gutachter feststellen, dass beim 15-Jährigen zum Tatzeitpunkt Zurechnungsunfähigkeit gegeben war, würde ein Schuldausschließungsgrund vorliegen.