Opferschutzkommission des Landes zog Bilanz seit Einrichtung der Erstanlaufstelle.
Über 500 Missbrauchsopfer haben sich seit Einrichtung der Opferschutzkommission des Landes NÖ 2010 gemeldet. Insgesamt wurden bis Ende September rund 4,8 Millionen Euro Entschädigung an 367 Betroffene gezahlt und therapeutische Hilfen im Wert von mehr als 2,2 Millionen Euro zuerkannt, zogen die zuständigen Einrichtungen am Donnerstag Bilanz. Die Frist für Entschädigungen läuft mit Jahresende aus.
Opferschutzbeirat und Opferschutzkommission wurden 2010 gegründet und befassten sich mit Fällen von Betroffenen, die als Minderjährige während ihrer Unterbringung Opfer von Gewalt - teilweise auch sexueller Art - bei Pflegefamilien oder in stationären Einrichtungen bzw. Vertragsheimen des Landes Niederösterreich geworden waren. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Darstellungen der Opfer entstand kaum jemals Zweifel, berichtete der Landespressedienst.
"Erschütterndste Berichte von körperlichen Misshandlungen in Form von drakonischen Strafen, sexuellem Missbrauch und psychischen Demütigungen waren Inhalt der Schilderungen", hieß es. In ihren Erinnerungen fühlten sich demnach die Betroffenen schutzlos ausgeliefert, überwältigt und ohnmächtig. Viele hätten sich auch gemeldet, damit nicht anderen Ähnliches angetan werden kann.
"Hier wurde die Menschenwürde, die natürlich auch Kindern und Jugendlichen zukommt, mit Füßen getreten", sagte Kurt Leitzenberger, Leiter der NÖ Opferschutzkommission und ehemaliger Präsident des Landesgerichtes St. Pölten. "Die Schwere und Nachhaltigkeit der erfolgten psychischen Traumatisierungen bildete sich unter anderem darin ab, dass bei einem Großteil der Opfer eine Psychotherapieempfehlung ausgesprochen wurde", wurde der Vorsitzende des Opferschutzbeirats, Kinder- und Jugendpsychiater und Autor Paulus Hochgatterer, zitiert.
"Entschädigungszahlungen gab es bis 25.000 Euro im Einzelfall, in extremen Härtefällen auch höhere", teilte Otto Huber, Koordinator der Opferschutzarbeit des Landes, mit. Bei den Entschädigungszahlungen orientierte man sich an den Kriterien der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft der Katholischen Kirche ("Klasnic-Kommission"), die auch als Vorbild bei der Einrichtung der Stellen herangezogen wurde.
Die Frist für Entschädigungen laufe bis Jahresende 2016, mit 2017 etabliere das Land NÖ eine neue, eigenständige und ständige Opferschutzstelle bei der NÖ Kinder- und Jugendanwaltschaft, berichtete der Landespressedienst. Bis Jahresende können sich demnach Betroffene bei der Erstanlaufstelle bei der NÖ Kinder- und Jugendanwaltschaft melden. Die Prüfung und Bearbeitung durch Kommission und Beirat erfolge dann 2017.
Betroffene, die sich ab 1. Jänner 2017 melden, erhalten weiterhin Begleitung und notwendige weiterführende Hilfe bei der Aufarbeitung "ihrer Geschichte", hieß es. Falls erforderlich und gewünscht, werden auch Therapie, anlassbezogene Begleitung und notwendige weiterführende Hilfen angeboten. Zuständig dafür wird die klinische Psychologin Christine Hansi sein, die von externen Psychologen unterstützt werde.