Nun geraten die Bezirke: Villach Land, Wolfsberg und Hermagor in das Visier der Kontrolleure.
Nach "Meldefehlern" in zwei Wahlsprengeln hat das Innenministerium am Mittwoch eine möglicherweise gröbere Unregelmäßigkeit in vier Kärntner Wahlbezirken angezeigt. Konkret steht der Verdacht im Raum, dass die Auszählung der Briefwahlstimmen zu früh begonnen wurde. Eine Wiederholung der gesamten Präsidentenwahl würde aber auch im Fall der Aufhebung der fraglichen Briefwahlergebnisse nicht drohen.
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Von den Anzeigen betroffen sind die vier Kärntner Stimmbezirke Villach Stadt, Villach Land, Hermagor und Wolfsberg. In zwei Bezirken soll die Auszählung der Stimmen bereits vor dem laut Gesetz frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen worden sein, also vor Montag, 9.00 Uhr. In den anderen beiden Bezirken sollen zumindest die Kuverts zu früh geöffnet worden sein, berichtete der Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, Robert Stein, der APA am Mittwoch.
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Der Bezirkshauptmann von Villach-Land, Bernd Riepan, bestätigte am Nachmittag gegenüber der APA, dass man wie bei früheren Wahlen schon am Sonntagabend mit der Auszählung der Briefwahlstimmen begonnen habe. Es habe dafür auch einen einstimmigen Beschluss der Bezirkswahlbehörde gegeben. In den anderen drei Bezirken wird betont, dass erst um 9.00 Uhr mit der Auszählung begonnen wurde.
FPÖ gab den Hinweis
Nachgehen muss der Sache vorerst die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die wegen möglicher Befangenheit der Kärntner Kollegen mit dem Fall betraut ist. Aufgebracht wurde der Verdacht in der Sitzung der Kärntner Landeswahlbehörde von Vertretern der FPÖ. Laut deren Generalsekretär Herbert Kickl könnte sich die Partei als Geschädigte den Anzeigen anschließen. Ob man die gesamte Bundespräsidentenwahl beim Verfassungsgerichtshof anfechten wird, wollte er noch nicht beurteilen. Die Frist dafür beginnt am 1. Juni zu laufen und endet am 8. Juni. Derzeit seien die Freiheitlichen "drauf und dran", mögliche Vorfälle bei der Stichwahl zu sammeln, so Kickl
Aufhebung der Stichwahl nicht in Sicht
Eine Aufhebung der Stichwahl würde allerdings wohl selbst dann nicht drohen, wenn die Auszählung der Briefwahlstimmen in den fraglichen vier Kärntner Wahlbezirken vom Verfassungsgerichtshof als rechtswidrig eingestuft werden sollte. Die Aufhebung der Briefwahlstimmen würde nämlich nichts am Wahlsieg von Alexander Van der Bellen ändern.
VdB-Sieg ungefährdet
Grund dafür: Insgesamt wurden in Villach Stadt, Villach Land, Wolfsberg und Hermagor 12.378 Briefwahlstimmen abgegeben. Davon entfielen 6.661 auf Alexander Van der Bellen, 5.403 auf Norbert Hofer (der Rest war ungültig). Ohne diese Stimmen würde der österreichweite Vorsprung Van der Bellens zwar etwas schrumpfen (von 31.026 auf 29.768), er wäre aber nicht gefährdet.
Auch die fehlerhaften Ergebnisangaben im Linzer "Sondersprengel" und in Waidhofen an der Ybbs dürften das Ergebnis nicht gefährden: In Linz wurde nur die Wahlbeteiligung der Sondersprengel falsch ausgewiesen, nicht aber das Ergebnis der Kandidaten. In Waidhofen wurde das Ergebnis der Urnenwahl doppelt gewertet, dafür aber auf die Briefwahlstimmen vergessen - maßgeblichen Einfluss auf das Endergebnis hat aber auch das nicht.
Meldefehler in Linz und Waidhofen
Das Innenministerium führt die fehlerhaften Angaben in Linz und Waidhofen auf Meldefehler der Behörden zurück - was FPÖ-Chef Heinz Christian Strache nicht davon abgehalten hat, am Mittwoch neuerlich via Facebook Wahlmanipulation in den Raum zu stellen.
Briefwahlstimmen in Kärntner Bezirken mit Unregelmäßigkeiten
bei der Auszählung
Abg. ung. Hofer Van der Bellen
Villach Stadt 3.498 55 1.305 2.138 (62,1 %)
Villach Land 4.332 119 1.955 2.258 (53,6 %)
Hermagor 1.627 51 686 890 (56,5 %)
Wolfsberg 2.921 89 1.457 1.375 (48,6 %)
Summe 12.378 314 5.403 6.661 (55,2 %)
Kärnten gesamt 37.973 1.065 16.393 20.515 (55,6 %)
Anmerkung: Abg.: abgegeben, ung.: ungültig
Quelle: BMI