Mega-Prozess

Neuwahl: 14 Richter decken Riesen-Schlampereien auf

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Die Zeugenbefragung zeigt: Manch Wahlkommission geht mit dem Gesetz locker um.

Ist Österreich eine Bananen-Republik? Um diese Frage dreht sich die Verhandlung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), die am Montag startete. Die ersten Zeugenbefragungen legen nahe, die Frage mit „eher ja“ zu beantworten.

Die 14 Höchstrichter unter der Leitung von VfGH-Präsident Gerhart Holzinger setzen sich mit den Vorwürfen der von der FPÖ eingebrachten Wahlanfechtung auseinander. Diese lauten: Briefwahlkarten wurden zu früh geöffnet, zu früh und teils von unbefugten Personen ausgezählt.

Video zum Thema: News TV: Zeugenbefragung zur Hofburg-Wahl hat begonnen

Wahl-Beisitzer: »Weil es immer schon so war«

Nun wurden die ersten Zeugen aus den Bezirken Innsbruck-Land, Südost-Steiermark und Villach befragt. Am Nachmittag waren auch Vertreter aus Villach-Land, Kitzbühel und Schwaz an der Reihe. Die Befragungen ergaben ein Sittenbild des österreichischen Umgangs mit dem Gesetz. Die halb entschuldigenden Aussagen reichten von „Das hab ich nicht gewusst“ über „Das war immer schon so“ bis zu „Ich hatte vollstes Vertrauen in die Behörde“. Die Vorwürfe der FPÖ bestätigten sich im Großen und Ganzen. Wohlgemerkt unterschrieben auch die meisten FPÖ-Beisitzer Protokolle mit falschem Inhalt, die sie nicht gelesen hatten.

Glaube an Rechtsstaat und Höchstgerichte gefährdet

„Ein unglaublicher Sauhaufen“, kriegt sich Ver­fassungsjurist Heinz Mayer im ÖSTERREICH-Interview kaum mehr ein. Insider gehen davon aus, dass der VfGH kaum mehr daran vorbeikommt, die Wahl aufzuheben. Zu hören ist, der Präsident wolle ein Exempel statuieren, um den Glauben an den Rechtsstaat und den Ruf des altehrwürdigen Höchstgerichts nicht zu gefährden. Gegenmeinung: Es geht ausschließlich darum, ob die Unregelmäßigkeiten das Ergebnis beeinflussen. Nur dann kann die Wahl aufgehoben werden.

Bis Donnerstag werden weitere Zeugen befragt. Bei einer neu angesetzten Verhandlung Mitte kommender Woche kommen Vertreter der Parteien zu Wort.

Hofburg-Wahl: Diese Bezirke nahm der VfGH am Montag genau unter die Lupe

So schlampig liefen die Wahlen in den Bezirken Innsbruck-Land, Südost-Steiermark und Villach.

Hier zählten die Wahlkarten insgesamt neun Teams der Bezirkshauptmannschaft aus, nicht aber die Mitglieder der Wahlkommission. Das Endergebnis wurde um 15.45 Uhr der Landeswahlbehörde gemeldet, obwohl die Sitzung erst um 16 Uhr begann. Mitglieder unterschrieben das Protokoll, ohne es vorher gelesen zu haben.

Einen Notfall gab es im Bezirk Südost-Steiermark. Die stellvertretende Wahlleiterin musste am Wahltag mit einer Magenblutung ins Spital, der Wahlleiter war bei einer Veranstaltung und übertrug die Geschäfte einem Mitarbeiter. Die FPÖ-Beisitzerin sollte am Montag-Vormittag an der Auszählung teilnehmen. Als sie kam, war alles schon vorbei. Der Mitarbeiter hatte gegen das Gesetz bereits am Sonntag auszählen lassen. Laut unterschriebenem Protokoll wurde erst am Montag um neun Uhr ausgezählt.

Die Auszählung war auch in Villach schon am Montag um neun Uhr abgeschlossen. Eine FPÖ-Beisitzerin verlangte, die Unregelmäßigkeiten ins Protokoll zu nehmen. Die Frau, vom Beruf Reinigungskraft, gab an, ihr sei dann von den Juristen gesagt worden, dass das Protokoll nicht veränderbar sei. Stattdessen habe es einen Aktenvermerk gegeben. Diesen hat sie allerdings als „Frechheit“ empfunden.

Verfassungsjurist im Interview

Mayer: »Unglaublicher Sauhaufen am Werk«

ÖSTERREICH: Wie beurteilen Sie die von den Zeugen beschriebenen Vorgänge?

Heinz Mayer: Na, unglaublich! Das ist offenbar ein Sauhaufen, ein extrem schlampiger. Man muss doch bei einer Bundespräsidentenwahl wissen, wenn eh schon ein knappes Ergebnis vorausgesagt wird, dass man das genau und korrekt macht.

ÖSTERREICH: Es ist die Frage aufgekommen, ob die Wahlkommission auszählen muss oder ob das auch Mitarbeiter machen können …

Mayer: Nach Paragraf 14 des Bundespräsidentenwahlgesetzes müssen sie anwesend sein. Sie können nur ermächtigt werden, „unaufschiebbare dringende Maßnahmen“ allein zu treffen. Aber unaufschiebbar war da nichts.

ÖSTERREICH: Muss die Wahl wiederholt werden?

Mayer: Nur, wenn es Einfluss auf das Ergebnis gibt.

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