Peter Resetarits fuhr dem Vizekanzler und ÖVP-Chef ordentlich über den Mund.
Im ORF-Bürgerforum ging es gestern heiß her. Aber nicht nur zwischen den Politikern und dem Publikum, sondern auch zwischen Moderator Peter Resetarits und VP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner.
Als ein Beitrag lief, der die Sorgen der Österreicherinnen beschrieb und in dem Bürger ihren Ängsten, Sorgen und Beschwerden Ausdruck verliehen haben, platzte „Django“ der Kragen. Er bemängelte die Fragestellung des öffentlich-rechtlichen Senders. „Warum haben Sie nichts Positives abgefragt?“, reagierte der ÖVP-Chef empört. „Dieses rein auf die Politik zurückschieben, ist eine gute Geschichte. Wir sind für alle Rahmenbedingungen verantwortlich – das wissen wir. Ein Teil gibt aber auch der Eigenverantwortung großen Platz und da ist in Österreich einiges offen, was Beschäftigung anbelangt, was Mobilität anbelangt“, so der Vizekanzler. Zudem bemängelte er eine falsche Angabe eines Bürgers, der die Inflationsrate heuer als 2 Prozent angab und der ORF dies nicht korrigierte. Resetarits konterte dem ÖVP-Mann. „Herr Vizekanzler, das was die Inflation angeht, da haben Sie recht. Das nehmen wir auf unsere Kappe. Ansonsten ist das hier eine Widerspiegelung dessen, was die Leute uns auf den Straßen sagen. Wir versuchen da nichts schlecht zu reden“, so der Moderator. Mitterlehner konnte es immer noch nicht verstehen. „Ja warum fragen Sie dann nur die Sorgen ab und nichts Positives?“
„Herr Mitterlehner, Bürgerforen sind tendenziell Sendungen, wo Kritik geübt wird. Wo die Leute Sorgen sagen, wo die Leute sagen, was sie stört. Es gibt auch Bürgerforen im russischen Fernsehen, wo die Leute sehr positiv sind zum Präsidenten. Die dauern dann drei Stunden, aber so eine Sendung wollen wir nicht machen“, reagiert Resetarits mit etwas erhobener Stimme.
Das Publikum stimmt ihm mit Applaus zu. Mitterlehner versucht noch einmal zu erklären, dass er dies sehr wohl unterstütze, sich aber wünsche, dass der Optimismus in künftigen Umfragen auch seinen Platz finde.
Bürger unzufrieden
Bei den Bürgern im Studio kamen diese Botschaft nicht wirklich an, bis zum Schluss wurde beklagt, dass die Regierung nur streite und nichts weiterbringe. Inhaltlich die häufigste Klage war die darüber, dass Flüchtlinge, die nichts ins System eingezahlt haben, mehr Mindestsicherung bekämen als viele Österreicher nach einem langen Arbeitsleben an Pension.
Kanzler und Vizekanzler verwiesen auf die Ausgleichszulage, mit der niedrige Pensionen auf 1.000 Euro erhöht würden - wobei Mitterlehner unterstrich, dass es "einen Unterschied geben muss zwischen denen, die eingezahlt haben und denen, die nicht". Aber in Österreich bestehe "ein gewisses Grundrecht auf Versorgung". Kern trat nach einigen Einwürfen zur Verteidigung der Mindestsicherung an: Es gehe darum, "dass nicht Menschen so an den Rand gedrängt werden, dass sie auf blöde Ideen kommen". Dabei biete die Mindestsicherung von meist 830 Euro pro Einzelperson - die vorher ihr ganzes Vermögen, auch das Auto, hergeben müssten - kein Leben im Luxus, sondern sei "das letzte Netz für die, die sozial aus der Kurve geflogen" seien.
Mindestsicherung
Das Thema Mindestsicherung von 830 Euro bei 940 Euro Mindestpension sprach auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache an - und verlangte 1.000 Euro Mindestpension sowie 1.300 Euro Mindestlohn. Grünen-Chefin Eva Glawischnig beklagte, dass es der Regierung - die im Streit immer nur den "kleinsten gemeinsamen Nenner" schaffe - nicht gelungen sei, die bundesweit einheitliche Mindestsicherung beizubehalten. NEOS-Chef Matthias Strolz hielt Kanzler und Vizekanzler vor, alles nur gut reden und "die Käseglocke über alles stülpen" zu wollen. Robert Lugar (Team Stronach) sieht die Regierung gelähmt, weil "in Wahrheit Landeshäuptlinge, Kammern, Gewerkschaft und Einflüsterer von den Banken abwärts" das Sagen hätten.