Neues Abkommen soll Österreich vor Flüchtlingen schützen.
Ungarns Regierungschef Viktor Orban besucht am heutigen Dienstag erstmals Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in dessen neuer Funktion in Wien. Im Mittelpunkt der Gespräche dürften Themen wie die österreichische EU-Klage gegen den Ausbau des ungarischen AKW Paks, die Reduktion der Familienbeihilfe für im EU-Ausland lebende Kinder oder die Migration stehen.
Orban ist bereits am gestrigen Montag mit dem Zug in Wien angekommen. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte er ein Video, das ihn im Railjet der ÖBB von Budapest nach Wien zeigt. "Wir würden gerne Vereinbarungen treffen", kündigte er an. "Es soll um die Migration gehen, um Österreich und Ungarn zu schützen und einander zu helfen. Ich hoffe, dass wir erfolgreich sein werden", sagte der rechtskonservative Politiker, der vor seiner Abreise den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders in Budapest empfangen hatte.
Viel Kritik
Die als Arbeitsbesuch deklarierte Visite ist von großem Medieninteresse und zahlreichen Reaktionen begleitet. NEOS und SPÖ übten im Vorfeld harsche Kritik an dem Empfang Orbans bei Kurz. NEOS-Parteichef Matthias Strolz erinnerte in einer Pressekonferenz daran, dass Orban ein "Proponent der illiberalen Demokratie" sei. Strolz nannte ihn auch "den ersten Staatsgast" seit Kurz' Amtsantritt als Bundeskanzler - was von Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal umgehend dementiert wurde.
Der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder forderte von der Regierung wiederum "eine Klarstellung über den Europakurs, den Österreich unter Schwarz-Blau einschlagen wird". Die Umweltorganisation Greenpeace plante für Dienstag vor dem Bundeskanzleramt eine Aktion gegen den Ausbau des Atomkraftwerks Paks.
Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr grünes Licht für staatliche Beihilfen Ungarns zum Ausbau von Paks gegeben, die Frist für eine Klage dagegen läuft bis zum 25. Februar. Österreich hatte in der Vorwoche angekündigt, eine Klage gegen Paks vor dem Gericht der Europäischen Union (EUG) einzubringen, wie es dies bereits gegen die britische AKW-Investition Hinkley Point C getan hatte. Der Bau von zwei neuen Reaktoren im seit 1983 in Betrieb befindlichen Kraftwerk an der Donau südlich von Budapest soll durch den russischen Staatskonzern Rosatom erfolgen.
Orban will Pressefragen vermeiden
Trotz des großen Medieninteresses an Orbans Besuch wollte man die Visite - offenbar auf Betreiben der ungarischen Seite - medial zunächst klein halten; nicht einmal eine Pressekonferenz hätte stattfinden sollen. Erst kurzfristig wurde eine Pressekonferenz von Orban und Kurz für 14.30 Uhr im Bundeskanzleramt angesetzt. Später hieß es dann auch, es würden Fragen zugelassen. Ebenfalls erst am Montag offiziell bestätigt wurde das Treffen Orbans mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Die Begegnung findet am späten Dienstagnachmittag statt, um 18.30 Uhr sind Pressestatements in der ungarischen Botschaft geplant. Weiters dürfte der ungarische Regierungschef Kardinal Christoph Schönborn und Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) in Wien treffen.
Kurz und Strache hatten sich vor der Nationalratswahl geradezu darum gestritten, wer von ihnen das bessere Verhältnis zum ungarischen Ministerpräsidenten hatte. In einem TV-Duell hatte der ÖVP-Chef die "Schließung der Balkanroute" für Flüchtlinge in Anspruch genommen, woraufhin Strache konterte, Orban habe die "Außengrenzsicherung" bewirkt. Als sich Strache seines guten Einvernehmens mit Orban rühmte, entgegnete Kurz: "Der gibt ihnen nicht einmal einen Termin, Herr Strache." Nachsatz: "Ich kann ihnen helfen, dass sie einen Termin bekommen."