ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner
Christian Kern will sein mittlerweile mit Pollern verbarrikadiertes Kanzleramt ganz offenbar freiwillig nicht räumen. Der politisch schwer geschlagene und persönlich schwer angeschlagene SP-Chef will an seinem Sessel kleben bleiben. Damit stürzt Kern nicht nur seine Partei, sondern das ganze Land in eine schwere Krise.
Dass Politiker-Versprechen nichts wert sind, hat sich ja schon herumgesprochen. Dass ein Kanzler seine Versprechen aber noch am Wahlabend bricht, ist neuer Negativ-Rekord.
Kern hat vor der Wahl wortreich in einem Dutzend TV-Auftritten verkündet, dass er "als Zweiter unter Garantie in Opposition gehen wird". Wenn er sich jetzt am ersten Tag nach der Wahl den Auftrag für Verhandlungen mit ÖVP und FPÖ geben lässt, ist das ein Götz-Zitat an die Wähler.
Rot-Blau wäre in Wahrheit glatter Wähler-Betrug
Für die politische Kultur im Land wäre es eine Katastrophe, wenn der Wahlverlierer mit seinen "ärgsten Feinden" - sprich: der FPÖ - den Wahl-Gewinner austrickst, um weiter regieren zu können.
Ein Kanzler muss wissen, wann der Zeitpunkt für den Abtritt gekommen ist. Kern wurde von der SPÖ geholt, um nach dem vermeintlich glücklosen Faymann die Nummer 1 im Kanzler-Rennen zu retten. Kern hat die SPÖ, statt sie zu retten, gegen die Wand gefahren. Dafür gibt es die politische Verantwortung: Rücktritt.
Die FPÖ muss umgekehrt wissen, mit wem sie sich da ins Bett legt.
Eine Koalition mit dem Wahlverlierer gegen den klaren Wählerwillen würde Strache auf Jahre beschädigen.
Eine rot-blaue Regierung wäre vom ersten Tag an zum Scheitern verurteilt und eine Verlierer-Regierung: "Dead Men Walking".
Der rote Wahl-Sieger heißt eindeutig Häupl
Auch die eigene Partei würde Christian Kern mit Rot-Blau einer Zerreißprobe aussetzen.
Das Wahl-Ergebnis zeigt: Überall, wo die SPÖ auf Rot-Blau als mögliche Zukunft gesetzt hat, wurde siebrutal abgestraft: im Burgenland, in Kärnten, vor allem in den Wiener Arbeiterbezirken gab es starke Verluste.
Dort aber, wo die SPÖ konsequent gegen die FPÖ aufgetreten ist (etwa in den Wiener Bezirken, die "pro Häupl" sind), gab es sensationelle Zugewinne.
Der zweite Sieger dieser Wahl heißt deshalb neben Sebastian Kurz ehrlicherweise: Michael Häupl.
Wäre Michael Häupl mit seinem konsequenten Anti-Schwarz-Blau statt Kern zur Wahl gestanden - er hätte die Wahl-Schlacht gegen Kurz (wie das Wiener Ergebnis zeigt) gewonnen.
Wenn Kern jetzt in der SPÖ mit Doskozil, Niessl eine Anti-Häupl-Front schmiedet und gegen den Willen seines "Wahl-Retters" Häupl Rot-Blau durchpeitschen will, dann ruiniert er nach der Regierung auch noch seine Partei.
Die SPÖ wird eine Zerreißprobe im Streit um Rot-Blau nicht aushalten.
Die SPÖ darf jetzt nicht die wenigen ihr noch treuen Wähler betrügen, indem sie nach der Wahl völlig anders handelt, als vor der Wahl versprochen.
Und sie darf nicht ihr letztes Denkmal - Michael Häupl - absichtlich sprengen.
Denn das Wahl-Ergebnis sagt eindeutig: Kern soll gehen - Michael Häupl aber sollte bleiben.