Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Es reicht! Wochenlang wollte uns diese rot-schwarze Koalition den Bären aufbinden, dass sie nach dem Rücktritt von Werner Faymann einen „Neustart“ mit einem ganz neuen Regierungs-Stil durchführen wird. Der neue Kanzler Kern und sein Noch-Vizekanzler Mitterlehner sind nicht einmal – sondern Dutzende Male – vor die Presse getreten, um diese „neue Gemeinsamkeit“ zu betonen. Es werde keinen Streit mehr geben, stattdessen „ein neues Miteinander“, „gemeinsam“ (!) werde man jetzt Reformen und Innovationen angehen – ohne Blockaden. „Wenn uns diese neue Gemeinsamkeit bis Herbst nicht gelingt“, sagte Kanzler Kern wörtlich, „dann sind wir gescheitert!“
Die letzten Tage haben gezeigt: SPÖ und ÖVP haben ihre gegebenen Versprechen gebrochen. Diese „Neustart-Regierung“ streitet mehr als es die alte SPÖ-ÖVP-Koalition unter Faymann je getan hat.
Die ÖVP hat – offenbar um Kanzler Kern jeden Erfolg zu vermasseln –auf Blockade und Konfrontation geschaltet. Was immer der neue Kanzler auch sagt – die ÖVP ist grimmig dagegen und verhindert jede Reform.
Am Wochenende hat Christian Kern in Sachen EU etwas Grundvernünftiges gesagt – nämlich: Europa muss wieder investieren, die digitale Zukunft ankurbeln und darf nicht den Aufschwung kaputtsparen. Die große Mehrheit der – vermutlich (noch) ÖVP wählenden – Unternehmer in diesem Land denkt genauso. Die ÖVP hat dem Kanzler darauf die Total-Blockade und den „Krieg“ angekündigt. Damit kann es nur noch eine Lösung geben:
Neuwahlen! Seit Wochen fordere ich in dieser Kolumne den Neustart, weil jeder Bürger spürt: Diese Regierung ist am Ende. Sie bremst und blockiert nur mehr – es fehlt Dynamik, Offensivgeist, Aufschwung. Unser Land sandelt ab Richtung Bananenstaat. Das Debakel bei der Hofburg-Wahl ist nur ein Symptom für: Nichts geht mehr.
Christian Kern sollte endlich den Mut zu einem Neustart haben. Seine Visionen für eine Investitions-Offensive, aber auch für eine neue Digital- und Start-up-Kultur sind interessant. Ein neues Kern-Regierungsprogramm würde Reformen statt Stillstand versprechen. Und Kerns Umfrage-Werte in einer Direktwahl zum Kanzler sind so gut, dass er das Duell mit Strache durchaus wagen kann. Kern verkörpert viel von der Sehnsucht nach einem Neustart.
Die ÖVP würde, sobald die Neuwahl beschlossen ist, selbst den Neustart wagen. Mit dem jungen Minister Kurz an der Spitze und dem exzellenten Finanzminister Schelling an seiner Seite hätte auch die ÖVP die Chance auf einen Wahlsieg gegen Strache. Kurz wäre mit seinen 30 Jahren das ideale Signal für einen Neubeginn, der verlässliche Schelling ein Garant für Stabilität. Auch die ÖVP könnte damit den Kanzler gewinnen – ein offenes Rennen.
HC Strache schließlich müsste seine Ideen endlich in ein Regierungsprogramm bringen – auch das wäre spannend. Genauso wie die Frage, ob die Österreicher zu einem blauen Präsidenten auch einen blauen Kanzler wollen.
Unser Land hätte mit einer Neuwahl die Chance für einen Neustart und eine Richtungs-Entscheidung: Mit Kern in eine Rot-Grün-Neos-Regierung – oder mit Kurz in Richtung Schwarz-Blau. Vielleicht sogar mit Kern Richtung Rot-Blau und mit Kurz Richtung Schwarz-Grün-Neos. Alles wäre möglich. Endlich käme Bewegung in unsere Republik.
In Wahrheit wäre die neu terminisierte Präsidenten-Wahl am 4. Dezember der ideale Zeitpunkt, auch gleich die Regierung neu zu wählen. Ohne Mehrkosten. Mit kurzem Wahlkampf. Mit einer Neuaufstellung der Republik.
So wie jetzt kann es nicht weitergehen. Das zeigt schon alleine das unwürdige Geschachere um den ORF. Dass die ÖVP allen Ernstes der Meinung war, wie auf einem Bazar eine Gebührenerhöhung gegen drei schwarze Chefposten tauschen zu können, zeigt, wie versaut dieses Land bereits ist. Diese Politbazar-Koalition ist zu einer Zumutung geworden. Weg mit ihr – und her mit einem Neustart. Und zwar ganz rasch.