Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Hans Niessl, immerhin stellvertretender SPÖ-Chef, spricht heute in ÖSTERREICH erstmals offen aus, was in der SPÖ immer stärker zur Mehrheits-Meinung wird: Die Koalition mit der „Lopatka-ÖVP“ hat keine Zukunft mehr. Die Regierung steht „vor dem Bruch“ (Copyright Niessl). Neuwahlen sind – spätestens seit dem Rechnungshof-Foul – unvermeidlich.
In Wahrheit sagt Hans Niessl nur das, was der neue SPÖ-Chef Christian Kern längst plant. Der neue Kanzler musste bei seiner Rechnungshof-Pleite und bei der Asyl-Diskussion bitter erkennen, dass ihm die „Lopatka-ÖVP“, die natürlich auch die Mitterlehner- und Kurz-ÖVP ist, keine Chance für einen „Neustart“ und einen „neuen Stil des Miteinander“ gibt.
In dieser kaputten Regierungs-Koalition geht nichts mehr: keine Einigung auf eine Reform der Mindestsicherung. Ganz sicher keine Einigung auf eine Schulreform. Nicht einmal die Einigung auf einen gemeinsamen ORF-Generaldirektor ist mehr denkbar. Wenn die Streitereien so weitergehen, würde Kern noch vor Weihnachten in den Umfragedaten kaum mehr besser als Faymann liegen.
Christian Kern hat viele Pluspunkte: Die Österreicher mögen seinen neuen, offenen Stil. In den ersten Duellen mit HC Strache hat Kern überraschend gut gepunktet: Er könnte der Erste sein, der Strache im Wahlkampf an die Wand spielt. Und sein größtes Plus:
Nächste Woche wird Christian Kern auf einem SPÖ-Jubel-Parteitag eine geeinte, erstmals wieder kampfeslustige Partei vorfinden, die nur ein Ziel hat: der ÖVP endlich zu zeigen, wo der Bartl den Most holt – oder wie es Niessl formuliert: „Die SPÖ hat nichts mehr zu verschenken!“
Es scheint fast sicher, dass der SPÖ-Parteitag zum Auftakt für die Neuwahl wird. Nur so kann sich Kern ein Mandat für seinen „Neustart“ holen. Nur in einer neuen Regierung – am besten mit Neos und Grünen – kann er sein neues Programm für Österreich durchsetzen.
Und nur jetzt – am besten gleichzeitig mit einer Wiederholung der Hofburg-Wahl – kann Kern seinen schwersten Gegner, HC Strache, „entzaubern“, bevor er in einer nicht mehr handlungsfähigen Regierung selbst „entzaubert“ wird.