Ein umgebauter Audi A2 stellte neuen Reichweitenrekord für E-Autos auf.
Nur ein lautes Hupen war zu hören, als das Auto mit dem Kennzeichen B-MB-6331 in den Hof des Wirtschaftsministeriums einbog. Nach 626 Kilometern von München nach Berlin hat die Batterie unter dem Kofferraum des gelb-lilafarbenen Elektroautos noch 18 Prozent Leistung. "Jetzt müssen wir aber dringend mal aufladen", sagt Fahrer Mirko Hannemann, der als Chef des Unternehmens DBM die innovative und ausdauernde Batterie mit 50 Mitarbeitern entwickelt hat.
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Lob aus höchsten Kreisen
Der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) spricht von einem "Durchbruch" für das Elektroauto. Noch nie hat ein alltagstaugliches E-Auto ohne Aufladen so eine lange Strecke bewältigt. Als Lohn wird ein Lorbeerkranz aus Plastik aufs Autodach gelegt.
Alltagstauglicher Viersitzer
Vier Leute können in dem umgebauten Audi A2 sitzen, der Kofferraum ist voll beladbar und bei der Fahrt von München nach Berlin musste auch nicht auf Annehmlichkeiten wie eine Sitzheizung verzichtet werden. Im Schnitt 90 Kilometer pro Stunde fuhr der Wagen. Und selbst mit Autobahntempo 130 soll die Reichweite bei über 400 km liegen.
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"Jetzt müssen alle umrüsten auf die Technik, dann haben wir es geschafft", sagt Brüderle zum Weltrekord. Der Schlüssel beim Elektroauto sei die Batterietechnik. 600 Kilometer Reichweite entspreche der Distanz für ein vollgetankten Auto mit Benzinmotor. Brüderle zeigte sich überrascht, dass es bei der Fahrt keine Geräusche gibt. Vielleicht müsse man über spezielle Sounds nachdenken, damit Fußgänger das E-Auto hören. Was der Minister anscheinend nicht weiß, ist, dass es solche Technologien bereits gibt. Toyota stattet in Japan den Prius damit aus und Nissans Leaf gibt bis Tempo 35 ebenfalls "Erkennungsgeräusche" von sich.
Bewährtes Vorbild
Das junge Unternehmen DBM hat seit einem Jahr an der Batterie auf Lithium-Metall-Polymer-Basis gearbeitet. Anleihen wurden auch beim Gabelstapler gemacht, "der seit hundert Jahren elektrisch fährt", wie Firmenchef Hannemann sagt. Seit sechs Wochen wurde zuletzt fast rund um die Uhr geschuftet.
Hannemann sagt, kaum jemand habe an sie geglaubt, deshalb ist der 27-Jährige erleichtert, dass die Fahrt tatsächlich auch geklappt hat. Aber: Einmal 600 Kilometer fahren sei ja eine schöne Sache, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer dem Sender n-tv. "Aber was man braucht, ist über 15 Jahre 600 Kilometer fahren zu können."
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Optimierungen stehen an
Zusammen mit dem Partner und Förderer lekker Energie will DBM nun die Technik weiter verfeinern. Der Geschäftsführer des Stromanbieters lekker Energie, Thomas Mecke kündigt an, dass man auch auf die Großen aus der Autoindustrie als Interessenten hoffe: "Die Forschung ist abgeschlossen, jetzt geht das Verkaufen los". 15 000 Zellen werden derzeit pro Tag produziert. "Wir wollen keine Autos bauen, sondern nur die Energielösungen liefern", so Mecke.
Die deutsche Regierung hatte in ihrem Nationalen Entwicklungsplan erst für 2015 Fahrten mit alltagstauglichen E-Autos von mehr als 300 Kilometer Reichweite ohne Aufladen angepeilt. Dementsprechend sieht Brüderle nun schon Chinesen, Japaner und Koreaner bei der E-Auto-Entwicklung klar distanziert. Bis 2020 sollen in Deutschland eine Million E-Autos rollen, bis 2030 sogar sechs Millionen.
Schwachpunkte für/von E-Autos
Doch auch der Weltrekord kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bisher an vielen Stellen hakt. Elektroautos dürften nur dann eine Chance haben, wenn sie dauerhaft hunderte Kilometer ohne langes Laden fahren können. "Nur um in Berlin ein bisschen rumzufahren, wird als Anreiz nicht reichen", heißt es aus der Autobranche.
DBM-Chef Hannemann erklärt, die Batterie des "lekker mobils" brauche vier Stunden zum Aufladen - wegen des veralteten deutschen Stromnetzes, sonst sei das auch in ein paar Minuten möglich. Bis zu 500.000 Kilometer schaffe die Batterie, bei einem Maximalgewicht von 1.600 Kilogramm. Als Dank für den Erfolg erlaubt Brüderle, dass das Ladekabel des Autos in seinen Ministeriumshallen eingestöpselt wird.
Dominoeffekt
Das E-Auto dürfte nur eine Chance haben, wenn in den nächsten Jahren eine Serie von mehreren hunderttausend Stück produziert werden kann. "Wenn die Fahrzeuge erstmal auf der Straße sind, wird es eine Art Dominoeffekt geben", betont der Geschäftsführer des Bundesverbandes eMobilität, Frank Müller. Er rechnet sogar mit 4,5 Millionen E-Autos bis 2020 und sieht die Industrie in der Pflicht.
Diese fände alles leichter, wenn es - wie bei der Verschrottungsprämie auch - eine Kaufprämie von 5.000 Euro pro gekauftem E-Auto gäbe. Als Vorbild wird Frankreich genannt. Aber mit Brüderle ist das nicht zu machen: "Ganz bewusst haben wir in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern auf eine Kaufprämie verzichtet. Denn das verzerrt den Markt."