Autoindustrie will sich selber entlasten; Kunden müssten dann mehr zahlen.
Müssen die Autofahrer bald den europäischen CO2-Emissionshandel mitfinanzieren? Einem Bericht zufolge setzen sich Autohersteller dafür ein - um selbst entlastet zu werden. Nach Informationen der "Welt am Sonntag" gibt es in der Autoindustrie Überlegungen, den Straßenverkehr - ähnlich wie etwa die Betreiber von Kohlekraftwerken - in den Handel mit Verschmutzungsrechten für das Treibhausgas einzubinden. Eine Folge könne unter anderem teurerer Sprit sein, wenn auch Mineralölunternehmen CO2-Zertifikate kaufen müssten und die Mehrkosten anschließend auf die Benzinpreise aufschlagen würden.
CO2-Reduktionsziele
Grund für die Vorschläge sind laut den Angaben die immer schwieriger zu erreichenden CO2-Reduktionsziele in der EU
. Ab 2020 dürfen 95 Prozent der Neuwagen nicht mehr als 95 Gramm des Gases pro gefahrenem Kilometer ausstoßen. Ab 2021 gilt der Grenzwert für alle Autos. Ein entsprechendes Gesetz hatten die EU-Staaten im März beschlossen.
Für die Folgejahre werden noch schärfere Regeln erwartet. "Der Zeitpunkt, darüber zu reden, ist jetzt, weil die Europäische Kommission sich daran macht, die Regulierung vorzubereiten", sagte Opel-Chef Karl-Thomas Neumann in der Zeitung.
Höhere Kosten für Autofahrer
Bei den laufenden Beratungen im deutschen Verband der Automobilindustrie (VDA) sollen einige Hersteller bereits höhere Kosten für Autofahrer erwägen. Die Gespräche sollen bis Anfang Oktober beendet werden. "Wenn die (EU-)Kommission keine neue Balance zwischen Ökonomie und Ökologie findet, gefährdet sie nicht nur die Geschäftsmodelle der europäischen Automobilhersteller. Sie würde auch die Kosten von Neuwagen in die Höhe treiben", erklärte der VDA. "Deshalb muss die langfristige Regulierungsstrategie innovativer sein als bisher. Dazu gehört auch, die Einbeziehung des Verkehrssektors in den europäischen Emissionshandel ergebnisoffen zu prüfen."
Neumann plädierte für einen Einschluss des Mineralölsektors in das Handelsmodell: "Verbrauche ich CO2, muss ich dafür Zertifikate kaufen - eine simple und effektive Regulierung, die sich auch für Kraftstoffe aufdrängt."
Experte skeptisch
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer zeigte sich überrascht von den Plänen. "So etwas wurde zwar schon einmal vor Jahren vorgeschlagen. Aber gerade die deutsche Autoindustrie hat sich bisher immer gegen das Wort Emissionshandel gesträubt", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Die Idee zeige, dass die Branche bei ihren eigenen Sparzielen nicht so rasch vorankomme
wie nötig. Trotz besserer Umwelttechnik würden beispielsweise immer mehr Geländewagen verkauft, während es Elektro- und Hybridautos in Deutschland weiterhin schwer hätten.
"Die Erfolgschancen, Emissionshandel bei Kraftstoffen durchzusetzen, halte ich für relativ gering", meinte Dudenhöffer. Dies könne nur im europäischen Rahmen gelingen. Der Bundesverband Emissionshandel und Klimaschutz schlägt laut dem Zeitungsbericht vor, Erlöse aus Versteigerungen von Verschmutzungsrechten künftig etwa über Steuergutschriften an die Bevölkerung zu verteilen. So lasse sich die Belastung für die Verbraucher im Fall einer Umsetzung begrenzen.