Salzburger Forscher sind zu einer paradox klingendem Feststellung gekommen.
Es klingt paradox, doch Studienergebnisse von Salzburger Forschern deuten darauf hin: Autonomes Fahren erfordert gute Autolenker. Dies vor allem in jenen kritischen Situationen, bei denen es zu einem Ausfall oder einer Überforderung des Systems kommt und der Fahrer die manuelle Steuerung wieder übernehmen muss, berichtet der Wissenschaftsfonds FWF am Montag in einer Aussendung.
Welche Probleme mit der nächsten Generation von Assistenzsystemen in Fahrzeugen zu erwarten sind, untersuchen die Forscher um den Computerwissenschafter Alexander Meschtscherjakov vom Zentrum für Mensch-Computer-Interaktion der Universität Salzburg in einem vom FWF geförderten Projekt. Im Mittelpunkt stehen dabei autonom fahrende Autos der Stufe drei. Dabei muss der Fahrer die Hände nicht mehr am Lenkrad halten, das Fahrzeug fährt völlig autonom.
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Übung könnte fehlen
Die Gefahr dabei sei, dass das Fahren bis zu einem gewissen Grad verlernt werde. "In besonderen Situationen, wenn etwa die Sensoren ausfallen oder das Wetter schlecht ist und das System überfordert ist, muss ich als Fahrer dann übernehmen, habe aber womöglich nicht die nötige Übung", so Meschtscherjakov.
In dem Projekt befragten die Wissenschafter zunächst Personen mit wenig Fahrpraxis, einerseits nach dem Selbstvertrauen, was die Einhaltung der Verkehrsregeln betrifft, andererseits nach der Selbsteinschätzung der Reaktionsfähigkeit in Gefahrensituationen. Während sich die Befragten bei den Verkehrsregeln recht sicher fühlen, glauben Leute, die schon länger nicht gefahren sind, dass die nötigen sensomotorischen Fähigkeiten eher abnehmen. "Sie fühlen sich unwohl, wenn sie etwa einen LKW überholen müssen", erklärte Meschtscherjakov.
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Weitere Situation getestet
In einem zweiten Projektteil mussten Probanden in Fahrsimulationen am Computer jene Situationen üben, in denen die Software wieder an den Lenker übergibt. Eine Gruppe setzte dann die Übungen für sechs Wochen aus, während die andere weiter trainierte. Dann erfolgte ein Vergleichstest der beiden Gruppen. Die Ergebnisse aus diesem Versuch werden derzeit für eine Publikation vorbereitet.
Die Wissenschafter sahen sich aber auch den Flugverkehr an, wo man ähnliche Probleme kennt. Piloten müssen immer wieder Tests absolvieren und eine gewisse Anzahl an Meilen manuell fliegen. "Aufs autonome Fahren umgelegt hieße das, die Menschen eine bestimmte Zeit manuell fahren zu lassen", so Meschtscherjakov. Dafür könnte man niederschwellige Anreize schaffen, etwa mit einem Punktemodell, wo man etwa bei Nacht- oder Regenfahrten Punkte sammeln könnte.
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Übergabe sollte trainiert werden
Wie im Flugverkehr sollte aber auch beim autonomen Fahren die Übergabe von Maschine auf Mensch gezielt trainiert werden, meinen die Wissenschaftern. So müssen Piloten ein genaues Protokoll einhalten, wenn der Autopilot die Kontrolle an den Menschen übergibt. "Wir versuchen auf eine ähnliche Weise, das Situationsbewusstsein vor Übergabesituationen zu erhöhen, etwa über eine Art Checkliste", so Meschtscherjakov, der sich dieses Prozedere nun im Simulator ansehen will.
Für den Computerwissenschafter ist aber klar, dass autonomes Fahren jedenfalls keine schlechtere Fahrtüchtigkeit erlaubt. "Die Fahrfähigkeiten müssen sogar eher höher sein", so der Forscher.
Unabhängig von den Fahrkünsten ist für die Forscher die gesellschaftliche Akzeptanz eine wichtige Frage: "Ein autonomes Auto muss sehr defensiv programmiert sein. Das führt dazu, dass sich solche Fahrzeuge anders verhalten und zum Teil in unsicheren Situationen viel länger warten." Dennoch kann sich Meschtscherjakov vorstellen, dass in einigen Jahren Autos der Stufe drei auf ausgewiesenen Fahrstreifen oder in abgesperrten Innenstadtbereichen unterwegs sind.
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