Autohandel-Sprecher

"Der Branche geht es erbärmlich"

30.11.2014

Die Lage wird aber nicht von allen Seiten so dramatisch gesehen..

Zur Vollversion des Artikels
© TZ ÖSTERREICH
Zur Vollversion des Artikels

Rückläufige Zulassungszahlen bei erheblichen Überkapazitäten in den Pkw-Werken machen den Autohäusern schwer zu schaffen. "Der Branche geht es erbärmlich, wir haben eine Umsatzrendite von einem Prozent", beklagt Burkhard Ernst, Sprecher des Fahrzeughandels und Vorstand von Mazda Rainer. Die zuletzt stagnierenden Zulassungszahlen würden künstlich mit Tageszulassungen hochgehalten.

Ein Drittel der Neuwagen würde bereits als Tageszulassung verkauft, Tendenz steigend. Das Zulassungsplus bei den Gebrauchtwagen sei ebenfalls ein fiktives, da hier die Tageszulassungen nochmals in der Statistik auftauchen würden, dazu käme ein erheblicher Teil an Fahrzeugen, die sofort ins Ausland verkauft würden, also nie wieder eine Werkstatt in Österreich sehen. Heuer gebe es in den Werkstätten einen Umsatzrückgang von rund zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Druck von den Herstellern
Gleichzeitig würden die Hersteller immer größeren Druck auf die Autohäuser ausüben, etwa was die Ausstattung der Niederlassungen betrifft. Die Kfz-Industrie ist aber auch ihrerseits unter Druck. Laut Ernst gibt es weltweit eine Überkapazität von zehn Millionen Pkw.

Auf das Geschäft drücke einerseits die schlechte Stimmung wegen der dümpelnden Wirtschaft, aber auch eine Neubewertung des Autos in urbanen Regionen, allen voran Wien, so Ernst im Gespräch mit der APA.

Andere Einschätzung
Weniger düster sieht Alfred Stadler, Vorstand der Wolfgang Denzel Holding, die Lage. An sich gehe es der Branche "nicht unbedingt schlecht", aber der Preisdruck sei erheblich. Gerade in Österreich, in Deutschland und in der Schweiz gebe es eine sehr hohe Dichte an Autohäusern. "Das Geschäft ist sehr kapitalintensiv, ca. 25 Prozent der Branche arbeitet mit einem negativen Eigenkapital. Durch 'Basel III' ist es noch schwerer geworden zu Krediten zu kommen", so Stadler.

Die Autohäuser müssten sich auf ein geändertes Kundenverhalten einstellen. Früher sei der Kunde fünf bis sieben mal ins Geschäft gekommen bevor er sich entschieden hatte. Nun komme der Interessierte gut vorinformiert durch das Internet ins Autohaus, und dann sollte man das passende im Haus haben. Die kolportierten Rabatte von bis zu 40 Prozent seien nur für jene Fahrzeuge zu erhoffen, die schon sehr lange auf einen Kunden warten. "Das sind Fahrzeuge, die schon ihren Geburtstag im Haus gefeiert haben", so Stadler.

Insolvenzen im üblichen Rahmen
Von einer dramatischen Lage wie Ernst will auch Hans-Georg Kantner, Insolvenzexperte des KSV 1870, nicht sprechen. Die Zahl der Insolvenzen sei mit rund zehn Firmen pro Jahr in den vergangenen Jahren recht stabil und im Branchenvergleich auch nicht auffällig. Bei jenen Händlern, die nur vom Autoverkauf leben und keine Werkstatt dazu betreiben, liege die Zahl bei zwei bis vier Pleiten pro Jahr.

Auffällig sei hingegen, dass die Kauflaune offensichtlich mit sinkenden Spritpreisen steigt. So habe es vor zehn Jahren, als die Energiepreise besonders hoch waren, eine kleine Pleitewelle in der Branche gegeben.

VCÖ schlägt in andere Richtung
Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) ortet ohnehin einen Wandel im Mobilitätsverhalten. "Wir erleben einen Mobilitätswandel, die Menschen sind vielfältiger mobil, nutzen häufiger öffentliche Verkehrsmittel oder bei kürzeren Strecken das Fahrrad. Immer mehr Menschen nutzen je nach Zweck das am besten geeignete Verkehrsmittel. Und das ist vor allem in den wachsenden Städten im seltensten Fall ein Auto", so VCÖ-Experte Markus Gansterer. Er sieht die Zukunft der Autohäuser darin, dass sich diese zu Mobilitätsdienstleistern weiter entwickeln, die auch Mietautos, Carsharing und Leihfahrräder anbieten.

>>>Nachlesen: Audi, Mercedes und BMW sind gefragt

>>>Nachlesen: Gebrauchtwagen-Markt leicht im Minus

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel