Bestseller im Check
Der neue VW Golf im großen Test
08.02.2017
Überarbeitete Version glänzt vor allem mit neuen inneren Werten.
Seit vergangener Woche sind fast alle Varianten des überarbeiteten Golf in Österreich bestellbar. Den Abschluss machten e-Golf, GTE und GTD. Kurz davor eröffnete VW den Bestellstart für den Golf R und das Basismodell. Andere Varianten wie der GTI oder der Alltrack können bereits seit Dezember 2016 geordert werden. Bevor der kompakte Bestseller in wenigen Wochen zu den heimischen Händlern rollt, konnten wir ihn auf Mallorca bereits testen. Wie er sich dabei geschlagen hat, lesen Sie in den folgenden Absätzen.
Design und Innenraum
Beim ersten Aufeinandertreffen wird klar, dass VW an seinem bewährten Faceliftkonzept festhält. Die optischen Neuerungen bleiben eher marginal. Zu den Erkennungsmerkmalen zählen neu gestaltete Scheinwerfer, die optional nun mit LED- statt Xenon-Technologie erhältlich sind, modifizierte Schürzen vorne und hinten, serienmäßige LED-Rückleuchten sowie neu gestaltete Endrohre. Ein modifizierter Kühlergrill sowie neue Räder und Farben runden das Exterieur-Update ab. Die sportlichen Varianten werden wie gehabt von diversen speziellen Karosserieelmenten geprägt. Das war es dann aber auch schon. Manch einer mag das langweilig finden, die Verkaufszahlen zeigen jedoch, dass dieses zeitlose Design und die Beständigkeit bei den Kunden gut ankommt. Im Innenraum hat sich deutlich mehr getan. So ist die Display-Diagonale aller Radio- bzw. Infotainmentsysteme gewachsen. Selbst im Basismodell Trendline steckt nun ein 6,5 Zoll großer Farbmonitor mit Touchfunktion. Richtig interessant wird es aber erst in den besseren Ausstattungslinien in Kombination mit den neuen Extras. Wer will, kann nach Tiguan und Passat nun auch den Golf mit dem Active Info Display ausstatten. Dabei handelt es sich um ein 12,3 Zoll großes, hochauflösendes virtuelles Kombiinstrument, das unterschiedliche Darstellungsmöglichkeiten bietet. Man kann sich etwa die Navigationskarte groß hinterm Lenkrad anzeigen lassen, oder sich für eine klassische Anordnung, bei der die Rundinstrumente digital nachgeahmt werden, entscheiden. Beim besten Infotainmentsystem „Discover Pro“ (inklusive Echtzeitnavigation und Online-Diensten) setzt VW auf einen hochauflösenden 9,2 Zoll Touchscreen, der auch per Gesten gesteuert werden kann. Dazu muss man mit der Hand vor dem Display wischen und kann so beispielsweise den Radiosender ändern, ohne den Monitor dabei berühren zu müssen. Im Test funktionierte das Ganze recht zuverlässig, ob man das aber tatsächlich braucht, muss wohl jeder selbst entscheiden. Uns wäre es jedenfalls lieber gewesen, VW hätte den runden Lautstärkenregler beibehalten. Diesen gibt es nun nämlich nicht mehr. Wer die Musik oder die Freisprechanlage lauter oder leiser stellen will, muss das nun über eine Sensortaste am Monitor, oder über das Multifunktionslenkrad erledigen. Dafür nutzt VW das große Display ansonsten perfekt aus. Es kann nämlich mehrere Funktionen gleichzeitig darstellen – zum Beispiel Navigation, Musik und Telefon. Die restliche Bedienung ist sehr einfach und intuitiv, so wie man es vom Golf kennt.Die herkömmlichen Schalter sind genau dort, wo sie sein sollen und an das etwas überfrachtete Multifunktionslenkrad hat man sich schnell gewöhnt. Und die Sprachsteuerung wurde ebenfalls verbessert. Neue Dekorblenden und Stoffe lassen den piekfein verarbeiteten Innenraum des Golf Modelljahres 2017 noch etwas wertiger wirken.. Das Spektrum der Ausstattungsversionen (Trendline, Comfortline, Highline, GTI, GTD, GTE, Alltrack und R) bleibt unverändert. Auch das beliebte Österreich-Sondermodell „Rabbit“ ist vom Start weg verfügbar. Bis auf Radio, Klimaanlage, elektrische Fensterheber und Zentralverriegelung sind im Basismodell nicht allzu viele Komfortfeatures enthalten. Dafür lassen aber auch die verfügbaren Extras nahezu keine Wünsche offen.
Raumangebot
An den Abmessungen und am Raumangebot ändert sich nichts. Kein Wunder, schließlich zählt der Golf in diesem Kapitel ohnehin zu den Besten seiner Klasse. Und das, obwohl der Wolfsburger Bestseller teils deutlich kürzer ist, als seine Konkurrenten. In Sachen Raumausnutzung macht VW keiner was vor. Im Golf können vier Erwachsene problemlos auf Reisen gehen. Der Komfort wird durch die hervorragenden Sitze verstärkt. Sie bieten den idealen Kompromiss aus Sportlichkeit und Langstreckentauglichkeit. Darüber hinaus sorgen die großen Fensterflächen für eine gute Übersicht. Auch bei diesem Thema könnten sich einige andere Hersteller ein Beispiel nehmen. Das Kofferraumvolumen (380 bis 1.270 Liter) liegt beim 3- und 5-Türer im Klassenschnitt, der Variant (Kombi) übertrumpft mit einem Ladevolumen von 620 bis 1.620 Liter die meisten Gegner sogar. Beim Kombi können die Fondlehnen auch per Hebelzug vom Kofferraum aus umgelegt werden, wobei eine nahezu Ebene Ladefläche entsteht. Unter dem Ladeboden versteckt sich noch ein praktisches Fach, das sich hervorragend für die Unterbringung von Kleinkram eignet. Im Innenraum selbst gibt es viele große Ablagen. Die vorderen Türfächer nehmen sogar 1,5-Liter-Flaschen problemlos auf.
Motoren und Fahrverhalten
Ein entscheidender Punkt für den Erfolg des Golf ist sein extrem breit gefächertes Antriebsangebot. So reicht das Leistungsspektrum der Verbrennungsmotoren von 85 bis 310 PS. Alle Benzin- und Dieselmotoren verfügen über Turboaufladung, Direkteinspritzung und die sogenannten BlueMotion Technologies - Start-Stopp-System und einen Modus zum Speichern der Bremsenergie (Rekuperation).Darüber hinaus gibt es eine Erdgas-Version (TGI), einen Plug-in-Hybridantrieb (GTE) sowie den e-Golf, der nun 136 PS leistet und eine um 50 Prozent höhere Normreichweite (300 km) bietet. Während bei den Dieselmotoren (1,6 bzw. 2.0 TDI) alles beim Alten bleibt, gibt es bei den Benzinern einige Neuerungen. So handelt es sich beim neuen Einstiegsmotor nun um einen 1,0-Liter-Dreizylinder. Obwohl sich dessen 85 PS (auch mit 110 PS zu haben) nicht gerade berauschend anhören, kommt der kleine Turbomotor mit dem nur rund 1,2 Tonnen schweren Golf gut zurecht. In der Stadt reicht das Triebwerk völlig aus, bei Überlandfahrten oder auf der Autobahn sollte man sich aber keine Wunderdinge erwarten. Hier soll künftig der völlig neue 1,5-Liter-TSI mit Zylinderabschaltung (ACT) seine Vorteile ausspielen. Dieses Triebwerk wird mit 150 PS (Österreichstart noch ungewiss) oder in einer sparsamen 130 PS Bluemotion-Version (ab Juni bestellbar) angeboten und soll sich vor allem in der Praxis als echter Knauserkönig erweisen. Mit einem Normverbrauch von 4,6 Litern stellt der moderne Benziner den zuletzt etwas in Verruf geratenen Dieselmotoren jedenfalls die Rute ins Fenster. Für sportliche Zeitgenossen bietet VW den GTI bzw. GTD an. Bei Ersterem ist die Leistung um 10 PS auf 230 PS (mit Performance-Paket 245 PS) gestiegen. Der Vierzylinder-Benziner hängt hervorragend am Gas, dreht willig bis in den roten Bereich und bietet einen satten Klang. Passend dazu gibt es eine Progressivlenkung, ein sportlicher ausgelegtes Fahrwerk, breitere Reifen und hervorragende Sportsitze. So macht das Kurvenräubern richtig Spaß. Für flotte Langstreckenfahrer ist hingegen der 184 PS starke GTD prädestiniert, der einen Normverbrauch von deutlich unter fünf Litern auf 100 km aufweist. Den Top-Diesel gibt es auch als Variant. Sein hohes Drehmoment sorgt für einen satten Durchzug, bringt aufgrund des Vorderradantriebs aber auch die Traktion aus engen Kurven heraus an ihre Grenzen. Wer mehr Traktion will, kann zu einem der Allradmodelle (4Motion) greifen. Auch der auf Offroad-Look getrimmte Kombi namens „Alltrack“ ist von Anfang an verfügbar. Geschaltet wird über manuelle 5- bzw. 6-Ganggetriebe oder ein neues 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG). Die manuellen Schaltboxen sind exakt geführt, perfekt auf die jeweilige Motorleistung abgestuft und sehr leichtgängig. Letzteres gilt übrigens auch für die präzise Lenkung, die ausreichende Rückstellkräfte aufweist. Das DSG macht seine Sache grundsätzlich ebenfalls sehr gut. Lediglich in Kombination mit dem Start-Stopp-System kann es beim Anfahren zum Ruckeln kommen. Und auch beim Rangieren arbeitet es hin und wieder etwas ruppig. Einmal in Fahrt wechselt es die Gänge aber nahezu perfekt, extrem schnell und vom Fahrer nahezu unbemerkt. Das normale Fahrwerk bietet einen guten Kompromiss aus Sportlichkeit und Komfort. Wer sich mehr Abwechslung wünscht, kann zum adaptiven Fahrwerk DCC greifen, dessen Spreizung nun noch größer ist. Die Unterschiede zwischen der Stellung „Sport“ und „Comfort“, die sich auch auf Parameter wie die Gasannahme, Lenkung und DSG (falls an Bord) auswirkt, sind deutlich zu spüren. Im Normalmodus bügelt es Fahrbahnunebenheiten gut weg, ohne dabei schwammig zu wirken. Für Fahrer, die viele Kilometer abspulen, ist das DCC jedenfalls eine sinnvolle Investition. Aufgrund des gut abgestimmten Standardfahrwerks jedoch kein Muss.
Neue Assistenzsysteme und Online-Dienste
VW hat das Facelift auch dafür genutzt, seinen Bestseller in Sachen Sicherheit und Konnektivität auf den neuesten Stand zu bringen. So sorgen gleich mehrere neue elektronische Helfer für mehr Komfort und Sicherheit. Der ebenfalls aus Passat und Tiguan bekannte Anhänger-Assistent rangiert das Gespann aus Golf und Anhänger auf Wunsch völlig selbstständig rückwärts. Wer selten mit einem Anhänger im Schlepptau unterwegs ist, wird dieses System lieben. Die automatische City-Notbremsfunktion erkennt jetzt auch Fußgänger (Serie ab Comfortline). Ein echtes Highlight ist der neue Stauassistent, der teilautomatisiertes Fahren bis 60 km/h ermöglicht. Hierbei steuernAbstandstempomat und Spurhalteassistent den kompakten VW teilautonom durch den Stop&Go-Verkehr. Der Fahrer muss dabei zwar stets die Hand am Lenkrad lassen, den Rest erledigt aber der Golf. Im dichten Verkehrsgetümmel ist das wirklich ein großer Komfortgewinn. Natürlich sind auch alle bisherigen Assistenzsysteme (Toter-Winkel-Warner, Rückfahrkamera, Einparkassistent, Verkehrszeichenerkennung, etc.) wieder verfügbar. Da das Thema Connectivity für Autokäufer immer wichtiger wird, gibt sich der „neue“ Golf auch hier keine Blöße. Smartphones können nicht nur via MirrorLink, Android Auto oder Apple CarPlay ins Bordsystem integriert werden, sondern lassen sich über dieses auch bedienen. Alle Apps werden aber nicht unterstützt. Eine integrierte SIM-Karte sorgt dafür, dass das Auto auf Wunsch immer online ist. Zu den Online-Diensten zählen u.a. ein Wetterbericht, ein Tankstellenfinder, Internet-Nachrichten oder Infos zu Restaurants oder Sehenswürdigkeiten in der Nähe. Darüber hinaus hat VW den Golf dank der neuen Online-Dienste sogar Smart-Home-tauglich gemacht. Künftig wird es beispielsweise möglich sein, via MirrorLink und der neuen App „Door Bird‘‘ online aus dem fahrenden Auto heraus einem Familienmitglied, Handwerker oder Paketzusteller die Haustür zu öffnen. Der Fahrer sieht dabei online, wer zuhause klingelt. Das dürfte beim Verkaufsstart zwar noch nicht für allzu viele Käufer relevant sein, aber wer weiß wie das Ganze in fünf Jahren aussieht. Da könnten solche Dinge bereits zum Alltag gehören.
Fazit
Der Golf bleibt zwar auch nach dem Facelift typisch Golf, VW hat seinen Bestseller aber an den entscheidenden Stellen aufgewertet. Neue und überarbeitete Motoren machen ihn effizienter, das nachgeschärfte Design lässt ihn moderner wirken, ohne den Vorgänger alt aussehen zu lassen (gut für den Wiederverkauf), moderne Technologien wie Gestensteuerung, virtuelles Cockpit, Online-Dienste und Assistenzsysteme bringen ihn auf den neuesten Stand und die breite Angebotspalette ist in dieser Klasse ohnehin einmalig. Diese Ausgewogenheit lässt sich VW aber auch gut bezahlen. Der Einstiegspreis (3-Türer ab 19.590 Euro bzw. Variant ab 21.390 Euro) bleibt trotz besserer Ausstattung auf dem Niveau des Vorgängers, dennoch ist der Golf teurer als viele seiner Konkurrenten. Das wird durch den guten Werterhalt und dem dichtesten Werkstattnetz des Landes fast wieder wett gemacht. In Österreich ist der Golf seit über 1978 (!) durchgehend an der Spitze der Verkaufscharts. Obwohl auch die Konkurrenz nicht schläft, muss man kein Hellseher sein, um vorhersagen zu können, dass das dank der Auffrischung auch in den nächsten Jahren so bleiben wird. Die Markteinführung der Volumenmodelle erfolgt am 9. März. Der neue e-Golf soll ab April über Österreichs Straßen „stromern“. Wie eingangs erwähnt, kann der neue Golf hierzulande seit Anfang Dezember 2016 bestellt werden.
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Technische Daten (Verbrennungsmotoren)
- Benzinmotoren: 1,0l 3-Zylinder bis 2,0l-4-Zylinder (85 bis 310 PS)
- Dieselmotoren: 1,6l bis 2,0l-Vierzylinder (90 bis 184 PS)
- Erdgasantrieb: 1,4l TGI 4-Zylinder mit 110 PS und 200 Nm
- Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 4,6 bis 11,9 Sek.; Spitze: 180 bis 250 km/h
- Getriebe: 5- bzw. 6 Gang-Handschaltung; Siebengang-Doppelkupplung (DSG)
- Antrieb: Frontantrieb oder Allrad (4Motion)
- Normverbrauch: von 4,1 bis 7,1 Liter/100km
- CO2-Ausstoß: 98 bis 163 Gramm/km
- Abmessungen: 3-/5-Türer: 4,26 x 1,80 x 1,49 Meter (L x B x H)
- Abmessungen: Variante (Kombi): 4,57 x 1,80 x 1,50 Meter (L x B x H)
- Radstand: 2,62 m
- Leergewicht: ab 1.206 Kilogramm
- Kofferraum: 380 bis 1.270 Liter, Variant: 605 bis 1.620 Liter
- Preis: ab 19.590 Euro (85 PS TSI); Variant: ab 23.070 Euro (110 PS TSI)
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