Volvo-Mutter und größter Daimler-Aktionär hat nun auch eine europäische Niederlassung.
Mit knalligen Shows und Ankündigungen im Stile von Tesla-Chef Elon Musk haben sie es bei Geely nicht so. Ohne viel Aufhebens und weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit hat sich die chinesische Volvo -Mutter, die auch Daimler-Großaktionär ist, im vergangenen Jahr ein Standbein in Deutschland aufgebaut. Dass Geely Auto Technical Deutschland (GATD) sein Hauptquartier im hessischen Raunheim bei Frankfurt aufgeschlagen hat, erfuhr man eigentlich erst, als dort die ersten Mitarbeiter schon ihre Computer anwarfen.
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Ex-Mitarbeiter von Audi, Porsche, Opel und VW
300 Leute will Geely innerhalb von drei Jahren in sein von außen immer noch recht unscheinbares deutsches Entwicklungszentrum holen. Gut 70 seien mittlerweile da, heißt es, überwiegend Ingenieure, die von anderen Autoherstellern oder Zulieferern gekommen seien. "Wir haben hier bei null angefangen", sagt Personalchefin Karen Wang, die auch erst Anfang 2019 zu Geely kam. Viele einstige Opel-Mitarbeiter seien aber schon zu Geely gewechselt, zudem einige von Porsche, VW oder Audi, zählt die Personalchefin auf.
Von Schwierigkeiten, im stolzen Autoland Deutschland Personal für einen chinesischen Autobauer zu finden, will Wang nicht sprechen. "Aber es ist ganz klar, dass unterschiedliche Kulturen natürlich Herausforderungen sind", sagt sie. "Man muss lernen, sich gegenseitig zu verstehen." Damit das gelinge, schicke man regelmäßig Mitarbeiter nach China, um die dortige Unternehmenskultur kennenzulernen - und umgekehrt. Auch der Geely-Gründer, der Milliardär Li Shufu, soll schon in Raunheim zu Besuch gewesen sein.
Die Ingenieure dort arbeiten im Auftrag der und in Kooperation mit den verschiedenen Marken des Geely-Konzerns an neuen Technologien, wie Wang sagt. Schwerpunkt sind Elektroantriebe, vor allem im Premiumbereich. Alles läuft digital, ein Produktionsstandort ist Raunheim nicht.
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Geely gehören auch Lotus und die Londoner Taxis
Dass das alles weitgehend im Stillen abläuft, hat Methode. Man baut ein Haus, und wenn es fertig ist, dann erst zeigt man es, sagen sie bei Geely. Lange Zeit war der Name deswegen auch höchstens Branchenkennern ein Begriff - obwohl es schon rund zehn Jahre her ist, dass der Konzern den schwedischen Autobauer Volvo übernahm. Volvos Elektroautos wie der XC40 Recharge oder die Modelle der E-Marke Polestar wie der Polestar 2 (Bild oben) laufen sogar in chinesischen Werken vom Band.
Auch die Firma, die die berühmten Black Cabs, die Londoner Taxis, baut, gehört inzwischen dazu, außerdem die Mehrheit des Sportwagenbauers Lotus. Größere Bekanntheit in Deutschland erlangte Geely aber erst Anfang 2018, als der Konzern auf einen Schlag knapp zehn Prozent der Daimler-Anteile übernahm und damit über Nacht zum größten Einzelaktionär des deutschen Autobauers wurde.
Mittlerweile haben Daimler und Geely zwei Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Eines dreht sich um den Kleinwagen Smart, der künftig in China gebaut werden soll. Mit dem anderen sind die Partner schon ein Stück weiter. Der Limousinen-Fahrdienst "StarRides" hat Anfang Dezember den Betrieb aufgenommen. Von einer rundum positiven Zusammenarbeit sprach Daimlers China-Vorstand Hubertus Troska kürzlich - freilich ohne auf Gerüchte und Spekulationen über weitere Kooperationen einzugehen.
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Vorerst Forschung & Entwicklung im Fokus
Dass Geely über seine Kooperationen hinaus nun selbst mit einer eigenen Firma in Deutschland aktiv ist, wenn auch erst einmal nur bei Forschung und Entwicklung, hält Branchenexperte Stefan Reindl für "strategisch bemerkenswert" - aber auch für durchaus konsequent. "In Europa hat noch kein chinesischer Hersteller Fuß fassen können", sagt der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen.
Zwar gehe China derzeit in Sachen Elektromobilität voran, aber: "Deutsche Autos gelten gerade im Premiumbereich weltweit immer noch als Maßstab", sagt Reindl. Mit dem eigenen Standort in Deutschland sichere sich Geely nun das Wissen deutscher Ingenieure, um den Standard der eigenen Fahrzeuge anzuheben, und erfasse zugleich, wie die Branche hierzulande tickt. Womöglich auch mit dem Ziel, in einigen Jahren auch eine Produktion in Europa oder den USA aufzubauen. Auszuschließen sei das jedenfalls nicht, sagt Reindl.
Dass Geely auch in Deutschland noch einiges vor hat, lässt sich zumindest schon erahnen. In Raunheim, so hört man, arbeitet der Konzern schon jetzt an einer deutlich größeren Dependance.
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