Die IAA zeigt deutlich wie nie, dass die Autobranche im Umbruch ist.
Kraftstrotzende Sportwagen und elegante Luxuslimousinen ziehen die Besucher der Automesse IAA in Frankfurt (Publikumstage von 19. bis 27. September) noch immer magisch an. Doch mindestens genauso wichtig wie das Design der Karosse ist mittlerweile das, was im Innenraum an Information, Unterhaltung und digitalen Diensten geboten wird.
Seit das Smartphone immer stärker im Auto vordringt, wächst die Rivalität zwischen Autobauern und IT-Konzernen. Das selbstfahrende Google-Auto des US-Internetriesen ist auf der Messe zwar nicht zu sehen, versetzt die Branche aber weiter in Aufruhr. Die Automanager gaben sich in Frankfurt selbstbewusst gegenüber der neuen Konkurrenz - und Google demonstrierte Bescheidenheit: "Google ist kein Automobilhersteller, und Google hat auch nicht vor, ein Automobilhersteller zu werden", sagte Philipp Justus, Google-Chef für Deutschland, Österreich, die Schweiz und Osteuropa.
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Keine Entwarnung
Doch für die Autoindustrie ist das keine Entwarnung, denn damit ist ja nicht gesagt, dass Google niemand Anderes den Kleinwagen bauen lässt. Entsprechenden Nachfragen wich Justus aus. Nicht nur Google, auch Apple soll an einem eigenen Fahrzeuge tüfteln
. Der Autoexperte Elmar Kades von der Unternehmensberatung AlixPartners hält einen Einstieg der IT-Konzerne für unwahrscheinlich: "Bei Google oder Apple werden Profit-Margen von um die 25 Prozent verdient. Das ist eine Größenordnung, die in der Autoindustrie schwer zu realisieren ist, auch nicht mit Vernetzung und automatisiertem Fahren." Für einen Autokonzern sind zehn Prozent operativer Gewinn vom Umsatz fast das Ende der Fahnenstange. Andere Experten halten es für möglich, dass Opel oder Peugeot den IT-Konzernen unterausgelastete Produktionskapazitäten anbieten könnten. Auch BMW
-Vorstandsmitglied Peter Schwarzenbauer sagte, ein IT-Konzern als Autobauer sei vorstellbar.
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Zusammenarbeit unausweichlich
Daimler
-Chef Dieter Zetsche erklärte auf der Messe, nicht zum Auftragsfertiger für Google oder andere werden zu wollen. Vor wenigen Wochen hatte er mit einer von ihm als "fiktiv" bezeichneten Aussage zu einem Joint-Venture mit IT-Konzernen als Option zum gemeinsamen Autobauen noch Öl ins Feuer gegossen. Auch Audi stehe nicht als Zulieferer für Google zur Verfügung, erklärte Audi
-Chef Rupert Stadler. Zetsche wie Stadler betonten, Konkurrenz belebe das Geschäft und zwinge die Hersteller, noch besser zu werden. "Da sollten wir als deutsche Autoindustrie unser Licht nicht unter den Scheffel stellen", sagte Stadler. Und Zetsche charakterisierte das Verhältnis zu Google mit dem Begriff "Frenemy", also der Mischung aus den englischen Worten für Freund und Feind. "Es gibt Bereiche, in denen wir mit diesen Anbietern aus der digitalen Welt zusammenarbeiten werden, ihre Systeme auch bei uns in den Fahrzeugen natürlich verfügbar machen. Es wird aber wahrscheinlich auch Bereiche geben, in denen wir tatsächlich um die Kunden miteinander ringen", erklärte er. An das Betriebssystem für das Auto und den direkten Kontakt zu den Kunden werde Daimler keinen IT-Anbieter heranlassen.
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Nur an Daten interessiert?
Auch die traditionellen Autozulieferer beobachten den Kampf darum, wer wessen Zulieferer bleibt. Stefan Wolf, Chef des Weltmarktführers für Zylinderkopfdichtungen ElringKlinger, vermutet, Google wolle nur an die Datenmengen im Auto heran und keine Fahrzeuge bauen. Er hält die Sorge über die Autopläne aus dem Silicon Valley für übertrieben. "Niemand muss in Panik verfallen, nur weil Google das hässliche Auto hingestellt hat."