Fahrbericht
Lambos muskelbepacktes Fliegengewicht
20.08.2007
Lamborghinis brachiale Rennmaschine Gallardo Superleggera dehnt physikalische Grenzen, verformt Mimik und betäubt Ohren.
Der Fahrer fest durch den Sportharnisch in den Schalensitzen verankert, grüne Lichter neben Sporttaste und ESP signalisieren, dass sich der Wagen im Berserkermodus befindet, ein leichter Druck auf die Schaltwippe hinter dem Alcantara-bespannten Lenkrad, und das Gaspedal bis auf's blanke Metall durchdrücken. Fast behutsam löst sich der um 100 kg abgespeckte Gallardo aus dem Stand – nach wenigen Zentimetern entfesselt die Elektronik die 530 Pferdestärken des 10-Zylinder-Motors und presst die Insaßen in ihre ergonomisch geformten Sitze. Einen Wimpernschlag später knallt das automatische e.gear-Getriebe den zweiten Gang rein – ohne Nackenstütze wäre man spätestens jetzt ein Fall für den Chiropraktiker.
Die brachiale Beschleunigung wird nur noch von einem anderen Sinneseindruck getoppt: Dem Lärm.
Bis 3000 Touren verhält sich der Supersportler gesittet – so schafft er die Dezibelbegrenzung für die Straßenzulassung. Dreht das Aggregat höher, öffnen sich Ventilklappen im Auspuff – und damit die akkustischen Schleusentore. Rockkonzert? Startender Düsenjet? Alles Pipifax gegen den Sound eines Superleggera bei Vollgas im Tunnel. Sollten Sie jemals im offenen Cabrio hinter einem Superleggera fahren, halten Sie besser Abstand...
Auch wenn der erleichterte Gallardo dank Klimaautomatik und elektrischer Fensterheber einen Rest Alltagtauglichkeit behält, ist er doch eine kompromisslose Rennmaschine. Der Kofferraum reicht immerhin für zwei Reisezahnbürsten und einen eng gefalteten Waschlappen.
Der Wahnsinn hat bei Lambos Fliegengewicht zwar Methode, beim Handling dominiert allerdings Vernunft: Anders als das Topmodell Murcielago reißt der Gallardo dem Fahrer nicht beim geringsten Fehler den Kopf ab – auch bei selbstbewusster Kurvenfahrt liegt er wie auf Schienen. Das einzige was hier entgleist, sind Gesichtszüge.