Luxus-Limousine erreichte nie die gewünschten Verkaufszahlen.
Mit dem Phaeton wollte VW die Oberklasse erobern. 2001 bei der Eröffnung der Gläsernen Manufaktur in Dresden war die Zuversicht noch groß. Doch erst blieb der Erfolg aus, und dann kam auch noch die Abgaskrise. Nun ist das Kapitel Geschichte. Die Oberklasse-Ära von VW endet leise. In den Geschichtsbüchern des Konzerns wird der 18. März dennoch für immer einen Platz haben.
Am (heutigen) Freitag läuft in der Gläsernen Manufaktur Dresden der - zumindest vorerst - letzte Phaeton vom Band. Mitten in der Abgaskrise mit ihren noch unabsehbaren finanziellen Folgen hat die Vorstandsspitze um Matthias Müller die Reißleine gezogen und den geplanten Nachfolger auf Eis gelegt. Statt "immer größer, schneller und weiter" lautet bei Volkswagen die Parole jetzt "Sparen auf Sicht". Der letzte Phaeton geht nach China. Laut Manufaktur-Sprecher Carsten Krebs wird der zahlungskräftige Kunde aus Fernost sein Auto aber nicht persönlich abholen.
Geheimtipp
Auf dem Gebrauchtwagenmarkt gilt der Phaeton als echter Geheimtipp - dank seines vergleichsweise großen Wertverlustes. Auch das ist eine zweifelhafte Ehre in der kurzen Geschichte der VW-Luxuslimousine, die anspruchsvolle Ziele hatte. Im Zwölf-Marken-Konzern ist die Größe Segen und Fluch zugleich. Denn bei den Pkw-Marken droht mitunter eine Kannibalisierung, weil einzelne Modelle auf dieselben Kundengruppen zielen. Seat
gegen Skoda, Skoda
gegen VW, VW gegen Audi
, Audi gegen Porsche
: Die interne Abgrenzung ist nicht immer leicht - und an vielen Stellen nicht nur eine Frage des Preises, sondern auch der Markenpositionierung. In dieser Gemengelage spielte der Phaeton eine Hauptrolle.
Er sollte helfen, die Pkw-Kernmarke am oberen Ende auch als Premium zu definieren. Der in Teilen handgefertigte Wagen trat nicht nur gegen den Audi A8
an, sondern auch gegen die automobilen Flaggschiffe der deutschen Konkurrenz: BMW 7er
und Mercedes S-Klasse
. Und VW entschied noch unter dem langjährigen Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, den Phaeton ganz bewusst unter dem VW-Logo laufen zu lassen.
"Größter Fehler in der Piëch-Ägide"
Doch genau das gilt als ein Grund, warum das Auto sich in unseren Breiten nicht so verkaufte, wie es seine Qualität hätte zulassen können. "Den Phaeton unter dem VW-Emblem laufen zu lassen, war einer der größten Fehler in der Piëch-Ägide", sagt ein Konzerninsider. Der Phaeton in seinem letzten Modelljahr 2016 begann beim Startpreis von knapp 90 000 Euro. Nach oben war dank der langen Extraliste viel Luft - etwa mit dem "erweiterten Holzpaket" für 1950 Euro, das dann auch eine Holzeinlage in den Haltegriffen bereitstellte, inklusive einer "Holzleiste in den Türarmlehnen durchgehend von vorn bis hinten". Ein "Volks"-Wagen neuerdings auch als Luxusauto - ein zu frommer Wunsch?
Fest steht laut Konzernkreisen, dass der Phaeton seinem Renditeziel hinterherfuhr. "Eine Premiummarge hatte er nie", sagt ein Insider über den 2001 gestarteten Luxuswagen. Da die Produktionsanlagen aber längst abgeschrieben sind, sei das Auto immerhin kein Verlustbringer. Mit dem Ende der Fertigung im März 2016 werden in Dresden mehr als 84 000 Phaeton gebaut worden sein, wie ein Werkssprecher mitteilte.
Kommt der Phaeton als Elektroauto zurück?
Wegen der zuletzt schwachen Verkaufszahlen sorgte die anfangs als herkömmlicher Verbrenner geplante Phaeton-Neuauflage im Aufsichtsrat auch für Zank, als bei dem 2014 ausgerufenen Effizienzprogramm viel zur Diskussion stand. Der Abgas-Skandal brachte das endgültige Aus. Letzte Hoffnung: eine Neuauflage als reine Elektroversion. Doch dazu bräuchte das Dickschiff die nächste Batteriegeneration für mehr Reichweite. Und die gibt es wohl frühestens um das Jahr 2020.
Aus Konzernkreisen ist zu vernehmen, dass man nach einem 18-monatigen Umbau in Dresden und bis zum möglichen Start eines E-Phaetons in der Manufaktur auch wieder Autos bauen möchte. Welche genau, sei noch im Fluss. Im vergangenen Dezember hatte VW-Markenchef Herbert Diess Top-Modelle der Marken Porsche, Bentley und Audi genannt. "Der Dresdner Standort ist und bleibt fester Bestandteil der Volkswagen-Familie", so ein VW-Manager.
Prestigeprojekt
Die Gläserne Manufaktur in Dresden galt lange Zeit als Prestigeprojekt von Volkswagen. 2001 wurde das futuristische Gebäude Der VW-Konzern investierte rund 187 Mio. Euro in den Bau. Für die Kunden der Luxuslimousine hatte das Werk zudem eine Besonderheit parat: Vor ihren Augen wurde der Wagen aus vorgefertigten Teilen von Hand montiert. In der Praxis konnte der Standort aber nie die optimistischen Pläne erfüllen. Bei voller Auslastung sollte das Montagewerk einmal 800 Mitarbeiter beschäftigen, zuletzt waren es noch knapp 500. Von diesen sollen knapp 100 in Dresden bleiben und ins VW-Werk Zwickau pendeln - Konzernzentrale: Keiner verliert den Arbeitsplatz.