Autonome S-Klasse
Mercedes schickt seine „Bertha“ ins Museum
28.07.2016
Fahrzeug setzte wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum selbstfahrenden Auto.
Automatisiertes Fahren ist derzeit einer der Top-Trends in der Automobilindustrie. Es gibt kaum einen großen Hersteller oder Zulieferer, der nicht an dieser Technologie arbeitet . Und selbst Branchenexterne Konzerne wie Google mischen in diesem Feld bereits mit. Ein Fahrzeug, das für das autonome Fahren eine echte Pionierleistung erbracht hat, wandert nun ins Museum.
Sie hat gezeigt, was technisch prinzipiell schon möglich ist: Als „Bertha“, wie das Forschungsfahrzeug S 500 Intelligent Drive intern genannt wurde, im Herbst 2013 autonom die historische, rund 100 km lange Route von Mannheim nach Pforzheim zurücklegte (siehe Video unten), erbrachte sie den Beweis dafür, dass selbstfahrende Autos keine Science Fiction mehr sind. Mit der weltweit ersten selbstständigen Fahrt durch den ganz normalen Überland- und Stadtverkehr gelang ihr – wie ihrer Namensgeberin, die Gattin von Firmengründer Carl Benz, 125 Jahre zuvor – eine Pionierleistung. Dass „Bertha“ bereits jetzt ihren Ehrenplatz im Mercedes-Museum ansteuern darf zeigt, wie schnell die Technologie des autonomen Fahrens fortschreitet. Bis 25. September 2016 ist sie dort im Atrium (Eingangshalle) für alle Besucher ausgestellt.
Ralf G. Herrtwich mit der „Bertha“ vorm Mercedes-Museum.
Wegbereiter für neue E-Klasse
Das Fahrzeug war 2013 mit seriennaher Technik und reichlich Rechnerleistung unterwegs und brachte den Mercedes-Entwicklern wertvolle Erkenntnisse, auf deren Grundlage die aktuellen Assistenzsysteme der neuen E-Klasse entwickelt wurden, die schon jetzt teilautonom fahren kann. In Nevada war Anfang des Jahres die hoch-automatisierte Serien-E-Klasse mit einer Test-Lizenz zum autonomen Fahren unterwegs. Im normalen Straßenverkehr darf sie trotz innovativer Funktionen wie dem Drive Pilot und dem Aktiven Brems-Assistenten mit Kreuzungsfunktion und Fußgängererkennung noch nicht ganz von der Leine.
Sensorik muss weiter verbessert werden
Die Vernetzung der Sensoren muss noch weiter optimiert werden und auch die Sensoren selbst haben noch Potenzial. So gibt es heute noch große Wetterabhängigkeiten in der Sensorik: Starker Regen, Schneefall und ihre damit einhergehende Verschmutzung stellen eine große Herausforderung dar. „Ein weiteres Problem sind kurioserweise Ampeln, die uns als Menschen ja eher selten Schwierigkeiten machen“, erklärt Prof. Dr. Ralf G. Herrtwich, Leiter Fahrzeugautomatisierung und Fahrwerksysteme bei Mercedes. Wenn an einer Kreuzung viele Ampeln stehen, liegt die Herausforderung darin, die Ampel zu erkennen, die für das Fahrzeug relevant ist. Dazu müssen auch Pfeile erfasst werden, die aus gewisser Entfernung nur wenige Pixel groß sind. Hinzu kommt häufig Gegenlicht. „Da befinden wir uns gerade am technischen Rand der Erfassungsleistung aktueller Sensoren“, ergänzt Herrtwich.
Neue Technik für die Umwelterkennung
Ein weiterer Fokus liegt auf einer noch exakteren Umwelterkennung durch besseres Bildverstehen. „Mithilfe von Deep-Learning-Methoden hat sich die Art und Weise, wie Fahrzeuge ihre Umgebung klassifizieren, deutlich verbessert“, so Herrtwich. Sogenannte Deep-Learning-Computer deuten Bilder nicht Pixel für Pixel, sondern ganzheitlich. Der Fahrzeugrechner muss nicht mehr auf jedes Detail trainiert werden. Er erkennt Hauptmerkmale und Ähnlichkeiten von Bildern und ist in der Lage, typische Strukturen von Straßenszenen einer Stadt zu interpretieren und auf jene einer anderen Stadt zu übertragen.
"Pionierfahrt" im Jahr 2013:
Letzte Verantwortung bleibt beim Menschen
Die Weiterentwicklung der Fahrzeugsensorik für die noch bessere Umgebungserkennung sowie die noch umfassendere Vernetzung von Fahrzeugen untereinander und mit der Infrastruktur, sind Bausteine auf dem Weg, Autos immer intelligenter zu machen. Hier müssen die Hersteller künftig noch stärker kooperieren. Das Ziel von Mercedes ist, den Fahrer weiter zu entlasten, indem das Fahrzeug in stressigen Situationen autonom agieren kann. Die letzte Verantwortung bleibt aber nach wie vor beim Menschen. Er hat jederzeit die Möglichkeit einzugreifen.
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