Stylischer Kompaktvan
Der neue Renault Scénic im Test
15.09.2016
Franzosen stellen selbst das Basismodell auf 20 Zoll große Räder.
Die Spannung vor der ersten Ausfahrt mit dem neuen Scénic und Grand Scénic war groß. Ausschlaggebend dafür war, dass sich Renault, wie berichtet, dazu entschieden hat, alle Modelle seines erfolgreichen Kompaktvans auf 20 Zoll große Räder zu stellen. Selbst die Basisversion ist damit ausgestattet. Doch eines vorweg: Auch der neue Scénic fährt wie man es von dem französischen Hersteller gewohnt ist. Selbst auf schlechten Straßen gibt es kein lästiges Holpern oder Poltern. Grund dafür ist, dass die Reifen mit 195 mm Breite sehr schmal sind und zudem über eine hohe Flanke (105 mm) verfügen. So bleibt genügend Spielraum für ein ausgewogenes Fahrverhalten und ein geschmeidiges Federn. Preislich bewegen sich die 195/55 R20 Reifen laut Renault auf dem Niveau der 17 Zöller des Vorgängermodells. Aktuell werden die Pneus von drei bekannten Reifenproduzenten gefertigt. Zum Marktstart Anfang Dezember sind ausreichend Winterreifen auf Lager, um die Nachfrage befriedigen zu können.
Design
Nachdem das geklärt ist, zurück zum Scénic. Trotz aktueller SUV-Invasion halten sich die Verkaufsahlen von Kompaktvans seit rund fünf Jahren auf konstant hohem Niveau. Als der Scénic vor 20 Jahren erstmals in den Handel kam, gab es kaum Konkurrenten und der Franzose verkaufte sich wie die warmen Semmeln. In Österreich konnte Renault bisher 91.280 Scénic an den Mann bzw. die Frau bringen. Da mittlerweile aber auch Käufer von vernünftigen Autos das Design immer mehr in den Vordergrund stellen, haben die Franzosen den von Grund auf neu entwickelten Scénic, der sich die Plattform mit dem neuen Mégane und dem Talisman teilt, auch völlig neu eingekleidet. Für einen Van sieht er äußerst dynamisch aus. Mit 4,40 Metern ist er 4 Zentimeter länger als der Vorgänger, legte auch in der Breite zu, büßte bei der Höhe jedoch ein. So steht er viel gedrungener auf der Straße als bisher. Den noch einmal um 23 cm längeren Grand Scénic, der optisch stark an den Espace erinnert, gibt es auf Wunsch auch wieder mit sieben Sitzen. Hier fällt das Heckdesign zwar kastiger aus, langweilig wirkt aber auch die gestreckte Variante keinesfalls. Neben den dynamischen Linien, der markanten Front mit großem Rhombus und schnittigen Scheinwerfern (auch mit Voll-LED-Technologie erhältlich) inklusive sichelförmigem Tagfahrlicht sowie den zweigeteilten Leuchten, sorgen vor allem die bereits erwähnten 20 Zöller für den betont dynamischen Auftritt. Sie füllen die Radhäuser perfekt aus und sind auf Wunsch auch mit farbigen Einsätzen erhältlich, die jederzeit getauscht werden können. Zudem lässt sich der neue Scénic per Zweifarbenlackierung individualisieren.
Platzangebot
Trotz des flacheren Aufbaus gibt es nach wie vor ausreichend Platz. Die großen Fensterflächen wirken sich ebenfalls positiv auf das luftige Raumgefühl aus. Zudem sorgt die geteilte A-Säule für eine brauchbare Übersicht. Auf Wunsch ermöglicht ein riesiges Panoramaglasdach selbst den Fondpassagieren einen freien Blick auf den Himmel. Eine elektrische Jalousie soll im Sommer die Hitzeentwicklung in Zaum halten. In der ersten und zweiten Reihe sitzt man in beiden Versionen kommod. Lediglich wenn drei Erwachsene hinten sitzen, wird es um die Schultern etwas eng. Die optionalen Sitze sechs und sieben beim Grand Scenic taugen auf längeren Strecken lediglich für Kinder. Für eine kurze Fahrt – etwa ins Kino – reichen sie aber auch für größere Personen. In Sachen Variabilität trumpfen die Franzosen ganz groß auf. So sind im Innenraum unzählige Ablagen und Fächer integriert, die insgesamt 63 Liter fassen. Die multifunktionale Armablage kann verschoben werden und ist zudem vorne wie hinten mit USB-Anschlüssen ausgestattet. Einen weiteren Pluspunkt sammelt der französische Kompaktvan mit seinem simplen Klappmechanismus der Sitze. Diese falten sich elektrisch auf Knopfdruck zusammen. Das funktioniert zum einem per Schalter vom Kofferraum aus, zum anderen können sie auch über den großen Touchscreen in der Mittelkonsole umgelegt werden. So entsteht eine völlig ebene Ladefläche. Die zweite Sitzreihe ist auch in der Länge verschiebbar. Beim normalen Scenic lässt sich das Ladevolumen von 506 auf 1.554 Liter erhöhen, beim Grand Scénic lauten diese Werte 718 bis 1.737 Liter (5-Sitzer) bzw. 1.901 (7-Sitzer). Wird auch die Beifahrersitzlehne umgeklappt, passen Gegenstände mit einer Länge von 2,62 Meter bzw. 2,85 Meter in den Innenraum. So wird der Scénic vom bewährten Familientransporter zum Umzugshelfer oder Möbelwagenersatz.
Fahrverhalten
Renault bietet den neuen Scénic mit zwei Benzinern und vier Dieselmotoren an. Das Leistungsspektrum reicht von 95 bis 160 PS. Bis auf den 95 PS Diesel sind alle Triebwerke auch für die Grand-Version erhältlich. Alle Varianten übertragen die Kraft an die Vorderräder. Als Alternative zum Sechsgangschaltgetriebe bietet Renault auch zwei Doppelkupplungsgetriebe (EDC) mit 6- bzw. 7-Gängen an. Beim Test konnten wir den TCe 130 mit manuellem Getriebe und den dCi 160, der serienmäßig an das 6-Gang-EDC gekoppelt ist, ausprobieren. Der Benziner gefällt mit niedriger Geräuschkulisse und Drehfreude. Nach 130 PS fühlt er sich aber nicht an. Wer zügig vorankommen will, muss häufig zum Schalthebel greifen. Da dieser weit oben platziert ist und das Getriebe gut abgestuft ist, macht man das aber gerne. Für Benzinerfreunde ist der TCe 130 jedenfalls die erste Wahl. Eine andere Charakteristik legt der Top-Diesel an den Tag. Dieser sorgt mit seinen 160 PS und 360 Nm für einen ordentlichen Antritt. In engen Kurven ist die Vorderachse ob des hohen Drehmoments teils sogar etwas überfordert. Dann drehen die Räder auch schon einmal durch. Dafür legt der Scénic mit dem starken Selbstzünder aber sogar bei höherem Tempo noch merklich zu. Überholmanöver sind im Nu absolviert und der Durst hält sich mit etwas über sechs Litern auf 100 km (im Test) angenehm zurück. Das EDC erweist sich als kongenialer Partner. Es hat stets den richtigen Gang bereit. Zudem passt es sich gut an den gewählten Fahrmodus an. Bei Sport dreht es die Gänge aus, im Eco-Modus ist es stets um niedrige Drehzahlen bemüht und bei „Comfort“ und „Normal“ wählt es den Mittelweg. Beim Lenken und Bremsen macht sich die neue Plattform – wie im Mégane – positiv bemerkbar. Die Lenkung arbeitet nun deutlich direkter als beim Vorgänger. Darüber hinaus bietet sie auch ein besseres Feedback von der Straße. Die Bremsleistung gibt auch keinen Anlass zu Kritik. Selbst nach mehreren Vollbremsungen neigt der Franzose nicht zum Fading. Das Fahrwerk beherrscht, wie bereits erwähnt, trotz der großen Räder den Spagat zwischen Komfort und Sport. Wobei der Komfortgedanke klar im Vordergrund steht. Kein Wunder, schließlich handelt es sich hier um einen Familien- und keinen Sportwagen.
"Hybrid Assist"
Anfang 2017 – gemeinsam mit dem Grand Scénic – kommt eine echte Renault-Premiere in den Handel. Die Franzosen haben nämlich eine günstige Technologie entwickelt, die beim Spritsparen hilft. Diese hört auf die Bezeichnung „Hybrid Assist“ und wird zunächst an die 110-PS-Variante des 1,5-Liter-Diesels gekoppelt. Das System besteht aus einem Zehn-Kilowatt-Elektromotor (knapp 14 PS) und einer kleinen 48-Volt-Batterie, die sich nicht negativ auf das Platzangebot oder die Variabilität auswirkt. Dieser Mildhybrid-Antrieb soll bei beiden Modellen einen Verbrauch von 3,5 Liter auf 100 Kilometer ermöglichen. Auf einer kurzen Testrunde konnten wir den Hybrid Assist bereits ausprobieren: Von dem Elektromotor merkt man eigentlich nicht viel, was durchaus als Kompliment zu verstehen ist. Der Verbrenner wird nämlich nur beim Beschleunigen von niedrigen Drehzahlen heraus unterstützt, aber nie abgeschaltet. So wird das kleine Turboloch geschickt überbrückt, was für weniger Schaltarbeit sorgt. Bei der Gaswegnahme kommt es zur Rekuperationsverzögerung, mit deren Hilfe die 48 Volt Batterie mit Energie versorgt wird. Positiv: Bei vorausschauender Fahrweise kann man deshalb größtenteils auf den Einsatz der Bremse verzichten, was ebenfalls beim Spritsparen hilft.
Cockpit, Ausstattung und Assistenzsysteme
Renault bietet den neuen Scénic in den drei Ausstattungslinien Zen, Intens und Bose an. Im Basismodell sind Klimaanlage, Radio, elektrische Fensterheber, LED-Tagfahrlicht und ein automatischer Notbremsassistent bereits enthalten. Den Touchscreen in der Mittelkonsole gibt es in einer quer angeordneten Variante mit 7 Zoll ab der zweiten Ausstattungslinie, die darüber hinaus mit einer 2-Zonen-Klimaautomatik auftrumpfen kann. Im Top-Modell wird das Rlink2-System wie im Espace oder Talisman über einen 8,7 Zoll großen Touchscreen im Hochformat bedient. Im Bose lässt auch die restliche Ausstattung kaum Wünsche offen. Selbst Navi (TomTom), Internet-Anbindung, Voll-LED-Scheinwerfer und Massagesitze sind hier mit an Bord. Die Materialqualität und die Verarbeitung wirkten in den top ausgestatteten Testautos hervorragend. Hier ist kaum noch ein Unterschied zu den Premiumkonkurrenten spürbar. Auch das Design der Armaturenlandschaftt gefällt. Das digitale Kombiinstrument ist gut ablesbar und an das Multisense-System gekoppelt. Über dieses lässt sich der Charakter des Scénic an die persönlichen Vorlieben abstimmen. Auf Knopfdruck ändert sich sein Charakter in vier Stufen von sportlich bis komfortabel oder sparsam. In einem fünften Modus kann der Fahrer selbst bestimmen: So lassen sich etwa Parameter wie sportlicher Motor, komfortable Lenkung und sparsame Klimaanlage kombinieren. Der gewählte Modus wirkt sich auch auf die Instrumenten-Anzeige und die Ambientebeleuchtung aus. Im Sportmodus leuchtet alles rot, bei Eco wechselt die Farbe auf grün und bei Komfort erstrahlt das Cockpit in blau. Alles in allem ist das System eine interessante Spielerei, konkrete Auswirkungen auf Lenkung, Motor oder Fahrverhalten sind aber kaum spürbar. Wichtiger erscheinen da schon die Fortschritte in Sachen Assistenzsysteme. Der serienmäßige Notbremsassistent verfügt als einziger im Segment von Haus aus über eine Fußgängererkennung. Über den automatischen Einparkassistenten dürften sich vor allem Fahrer freuen, die häufig in der Stadt fahren. Die adaptive Geschwindigkeitsregelung, die zwischen 50 und 100 km/h den Abstand zum Vordermann beibehält, erleichtert hingegen das Fahren auf der Autobahn. Toter-Winkelwarner, Spurhalteassistent mit Lenkeingriff oder 360-Grad-Kamera sind ebenfalls erhältlich.
Verfügbarkeit und Preise
Der neue Scénic und Grand Scénic kann in Österreich ab sofort bestellt werden. Die normale Variante steht ab Anfang Dezember bei den Händlern, der Grand folgt Anfang 2017. Die Preise starten beim Scénic ab fairen 20.990 Euro (Tce 115), den günstigsten Diesel gibt es ab 21.990 Euro (dCi 95). Der Aufpreis für den Gand Scénic beträgt 1.200 Euro. Wer diesen mit sieben Sitzen haben will, muss noch einmal 700 Euro (netto) investieren. Das Top-Modell Grand Scénic dCi 160 EDC BOSE steht mit 34.890 Euro in der Liste. Eine 4-Jahresgarantie ist immer mit dabei. Wer also auf der Suche nach einer flott gestylten Alternative zu Sportsvan, Touran, C-Max, C4 Picasso, Carens oder Zafira ist, die technisch ganz vorne mitspielt und seit Jahren einen guten Ruf besitzt, macht mit dem Kauf eines Scénic nichts falsch.
Mehr Infos über die Modelle von Renault finden Sie in unserem Marken-Channel.
Technische Daten
- Benziner: Tce 115 (1,2l, 115 PS/190 Nm); Tce 130 (1,2l 130 PS/205 Nm)
- Diesel: dCi 95 (1,5l, 95 PS/240Nm); dCi 110 (1,5l, 110 PS/260Nm); dCi 130 (1,6l, 130 PS/320Nm), dCi 160 (1,6l, 160PS/360Nm)
- Verbrauch: von 3,9 Liter bis 6,1 Liter auf 100 km
- Abmessungen: 4,40 x 1,86 x 1,65; Grand: 4,63 x 1,86 x 1,66 (LxBxH in Meter)
- Kofferraum: 506 bis 1.554; Grand: 718 bis 1.737 bzw. 1.901 Liter