"Business Class"
Neuer Passat greift BMW und Mercedes an
27.06.2014
Achte Generation soll Volkswagen den Weg in die Oberklasse ebnen.
Volkswagen plant einen neuen Angriff auf die Premiumhersteller BMW und Mercedes: Wenn Konzernchef Martin Winterkorn am Donnerstag in Berlin den Passat in achter Generation enthüllt, soll aus dem früheren Brot- und Butterauto die neue "Business-Class" der Wolfsburger werden. In den vergangenen Wochen sind bereits zahlreiche Informationen des neuen Modells durchgesickert. Teilweise kamen diese von offizieller Stelle (Bsp: neuer 240 PS Diesel, geringeres Gewicht, zahlreiche Assistenzsysteme, etc.), in anderen Fällen sind geheime Dokumente und Fotos ins Internet "gerutscht". Kurz vor der Weltpremiere soll nun noch einmal gezeigt haben, was VW mit dem neuen Passat tatsächlich vor hat.
Spieß wird umgedreht
Während sich die Oberklassehersteller BMW und Mercedes-Benz immer mehr im Kompaktsegment breit machen, dreht der Golf-Erfinder den Spieß um. VW will der Konkurrenz Kunden abjagen, die bisher einen 3er
von BMW oder die C-Klasse
von Mercedes gekauft haben. Sogar die darüber liegende Oberklasse der beiden süddeutschen Hersteller hat VW mit dem Passat im Visier. Versuche in diese Richtung gab es schon mehrfach: Schon vor Jahren sollte der Passat mit Sechszylindermotor und sportlicher Coupe-Karosserie betuchte Kunden anlocken.
Diese Fotos von einem ungetarnten Modell sind bereits im Mai aufgetaucht
:
Volkswagen ist zu dem Vorstoß in die Oberklasse gezwungen, denn in der schrumpfenden Mittelklasse hat die Konkurrenz in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Immer mehr Anbieter wollen dem Platzhirsch Kunden abjagen: Ford führt gerade mit der Modellbezeichnung "Vignale" in Europa eine Premium-Version ein. Den Anfang einer neuen Serie bei dem US-Konzern soll der Mittelklassewagen Mondeo machen - ein direkter Konkurrent des Passat. Die GM-Tochter Opel zielt mit dem Insignia auf die gleiche Klientel. Auch Hyundai feiert mit dem i40 Verkaufserfolge. Renault bringt im nächsten Jahr den Nachfolger des Laguna. "Um nicht zwischen den Konkurrenten zerrieben zu werden, muss VW den Passat höher positionieren", sagt Stefan Bratzel, der das Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach leitet.
Auswirkungen auf Audi
Mit der Höherstufung fordert VW zugleich die eigene Tochter
Audi
heraus: Die Ingolstädter wetteifern mit dem A4 seit Jahren mit
BMW
und
Mercedes
um die Krone im Premiumsegment. Ein neuer Konkurrent aus dem eigenen Haus könnte der Marke mit den Ringen dabei das Leben schwer machen, meinen Experten. Audi selbst hebt hervor, dass der Passat im Baukastensystem des Konzerns auf einer anderen Plattform basiere und sich die Konkurrenz daher in Grenzen halten werde.
Der Konzern heizt den Wettbewerb zwischen seinen eigenen Marken schon seit längerem an, um deren Konkurrenzfähigkeit zu steigern. Mit der stärkeren Ausrichtung auf die Oberklasse stelle die Kernmarke VW nun den Abstand zu Skoda in der internen Hierarchie wieder her, sagen Konzerninsider. Die tschechische Schwester, die traditionell im Marktsegment der zuverlässigen Autos zu erschwinglichen Preisen antritt, hatte sich in den vergangenen Jahren mit anspruchsvollerem Design und aufwendigeren Materialien emporgearbeitet und fährt Verkaufsrekorde ein. Die spanische VW-Tochter Seat hat die jüngere Kundschaft im Blick.
>>>Nachlesen: Neuer Passat kommt mit 240 PS Diesel
Bedenken
Kritiker werfen den Wolfsburgern allerdings vor, sich zu verzetteln. VW müsse sich über die Richtung klar werden. "Auf der einen Seite will man Premiumanbieter sein, auf der anderen Seite die breite Masse abdecken. Und demnächst soll auch noch ein Billigauto auf den Markt kommen", sagt Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer, der das CAR-Center an der Uni Duisburg-Essen leitet. "Wozu hat VW denn so viele Marken?" Dudenhöffer bemängelt, dass das Volkswagen seine Marken nicht klar voneinander abgrenze. Als Beispiel dafür, dass das Autoimperium keine klare Linie habe, führt Dudenhöffer den VW Phaeton an. Bereits mit diesem Modell habe VW die Oberklasse erobern wollen. Von vielen werde der Phaeton jedoch nur als ein höherwertiger Passat wahrgenommen.
Dank des modularen Querbaukastens für Autos mit quer eingebauten Motoren, auf dem bereits der A3 von Audi, der VW Golf, der Seat Leon und der Skoda Octavia basieren, kann sich Volkswagen eine größere Vielfalt leisten. Die neue Bauart setzt VW auch beim Passat ein. Beim Baukastensystem sind der Fahrzeugboden, die Achsen und die Einheit aus Motor und Getriebe so ausgelegt, dass sie nicht nur für einen Autotyp passen, sondern für mehrere Modelle und über die Grenzen der Marken hinweg verwendet werden können. Dadurch kann VW verschiedene Varianten eines Modells anbieten, ohne dass die Ingenieure ein Auto von Grund auf neu entwickeln müssen. Gleichzeitig sollen die Kosten dadurch um mindestens ein Fünftel sinken.
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Zwei Fliegen mit einer Klappe
Der neue Passat soll zu einem Einstiegspreis angeboten werden, der nicht wesentlich über den gut 25.000 Euro des Vorgängermodells liegen soll. Trotzdem will VW mit dem Auto mehr Geld verdienen, weil die Kosten sinken - und die Käufer für neu entwickelte Zusatzausstattungen wie Systeme zum autonomen Fahren und zum automatischen Parken bezahlen sollen.
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