Praxis-Test
ÖAMTC testet "denkende Bremse" von Mercedes
10.01.2007
Auch wenn Autos noch nicht selbständig fahren können - bei Mercedes können sie zumindest von selbst bremsen. Wie gut das klappt, hat der ÖAMTC getestet.
Den Autoinsassenschutz durch die Kombination von passiven und aktiven Sicherheitssystemen zu erhöhen, war das erklärte Ziel der Mercedes-Entwickler. Beim Pre-Safe-System greift die Elektronik aktiv ins Bremssystem ein, um einen drohenden Auffahrunfall zu verhindern. Der ÖAMTC hat gemeinsam mit dem ADAC diese neue Technologie getestet. "Das System funktioniert. Es erkennt Unfallsituationen und reagiert richtig", fasst ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl das Test-Ergebnis zusammen.
Auto mit Bord-Radar
Bei Pre-Safe überwacht ein Radarsystem den
Abstand zwischen Fahrzeug und Hindernis. Droht ein Auffahrunfall, warnt das
System den Fahrzeuglenker mehrfach, bevor es als letzten Schritt
selbstständig den Wagen abbremst. Bei deutlich verringerter Geschwindigkeit
muss der Fahrer durch Ausweichen oder Notbremsung danach aber selbst
eingreifen. Schafft er das nicht, profitiert der Lenker trotzdem von der
Pre-Safe-Bremse. "Der Crash-Test von ÖAMTC und ADAC hat gezeigt, dass durch
das Zusammenspiel aller Pre-Safe-Komponenten das Verletzungsrisiko für den
Fahrer um 27 Prozent, für den Beifahrer um 30 Prozent und für den rechten
Fonds-Passagier sogar um durchschnittlich 45 Prozent reduziert wird", so
Kerbl. Durch die vorangegangene Bremsung ist die Kollisionsgeschwindigkeit
deutlich geringer als ohne Pre-Safe.
Das System optimiert vor dem Crash außerdem die Sitzposition der Insassen und strafft die Gurte. "Die Insassen können aufgrund der optimaleN Sitzposition durch Airbag und Gurte noch besser geschützt werden", erklärt der ÖAMTC-Experte. Alleine dadurch verringert sich das Verletzungsrisiko bereits um 13 Prozent.
Pre-Safe ohne Fehlauslösung
Im Test reagierte Pre-Safe bei
Differenzgeschwindigkeiten von 35 bis 55 km/h perfekt. Fehlauslösungen kamen
nicht vor. Wie jedes technische System unterliegt aber auch Pre-Safe
Grenzen. Die eingesetzte Radartechnik benötigt Zeit, um ein Hindernis
zuverlässig zu erkennen. Dies führt dazu, dass Pre-Safe-Bremse nur bis 72
km/h Geschwindigkeitsunterschied zwischen Hindernis und eigenem Fahrzeug
auslöst - egal ob das Hindernis steht oder sich bewegt. "Je größer die
Differenzgeschwindigkeit, desto weniger Zeit bleibt nach sicherer Erkennung
zum Bremsen und umso weniger Geschwindigkeit kann abgebaut werden", erklärt
der ÖAMTC-Experte. Auch bei niederen Geschwindigkeiten unterhalb von 30 km/h
wird das Pre-Safe-System nicht ausgelöst.
ÖAMTC: Forderungen für mehr Sicherheit
Die
Pre-Safe-Bremse ist für die Mercedes S- und CL-Klasse optional erhältlich.
Aufgrund der kostenintensiven Radar-Technologie befinden sich solche Systeme
noch im preislichen Top-Segment. "Zur Zeit ist es noch ein teures
Luxus-Extra, das aber ebenso wie ABS, Airbags und ESP in Zukunft auch in
preisgünstigere Fahrzeugsegmente Einzug halten wird", hofft Kerbl.
Einzelne Komponenten wie reversibler Gurtstraffer müssen schnell in andere Fahrzeugklassen eingeführt werden, um das Sicherheitspotenzial möglichst vielen Autofahrern zugänglich zu machen. "Hier sind die Pkw-Hersteller gefordert", so der ÖAMTC-Techniker abschließend.