Neues Messverfahren soll realen Verbrauch deutlich besser widerspiegeln.
Mit dem VW-Skandal und der allgemeinen Diesel-Debatte sind auch die Abgastests selbst auf den Prüfstand gekommen. Und durchgefallen. Ab 1. September 2017 gibt es für die Autohersteller, wie berichtet , nun europaweit gleich zwei neue Abgastests: Einen verbesserten auf dem Prüfstand und - weltweit einmalig - einen zusätzlichen auf der Straße.
Was heißt das für Autofahrer?
Für bereits zugelassene Fahrzeuge ändert sich gar nichts. Aber wer ein neues Auto kaufen will, sollte vielleicht vor dem 1. September 2018 zugreifen: Danach werden für den gleichen Neuwagen unter Umständen höhere Steuern fällig. Denn ab dann wird der Verbrauch und der CO2-Ausstoß für alle neu zugelassenen Autos nach dem neuen Testzyklus gemessen, bei dem schneller und dynamischer gefahren wird. Und das bedeutet oft mehr Verbrauch. Finanzminister Schelling hat aber bereits angekündigt, dass es bei uns bis inklusive 2019 eine Schonfrist geben wird . Bis dahin wird die NoVA auch weiterhin anhand des NEFZ berechnet.
Was ist so schlecht am bisherigen NEFZ-Test?
Die Autokonzerne müssen für die Zulassung ihrer neuen Fahrzeuge nachweisen, dass sie alle Grenzwerte auf einem Prüfstand einhalten. Bei dem seit 1996 gesetzlich vorgeschriebenen NEFZ-Test werden vier Kilometer Fahrt durch die Innenstadt mit "Stop-and-go" simuliert, gefolgt von sieben Kilometern außerorts. Vom Motoröl bis zu den Reifen ist jedes Detail vorgegeben. Aber der vorgeschriebene Fahrstil ist realitätsfern: Durchschnittstempo von 34 km/h, Höchstgeschwindigkeit 120 km/h für zehn Sekunden, ohne Radio, Klimaanlage oder Sitzheizung. Autofahrer wie Umweltschützer beklagten, dass Verbrauch und Emissionen auf der Straße viel höher sind . Laut Umweltbundesamt ist der Unterschied vor allem bei Dieselautos beim Stickoxid enorm.
Was ändert sich mit den beiden neuen Tests?
Der neue WLTP-Test auf dem Rollenstand simuliert eine doppelt so lange Fahrt, mit mehr Beschleunigungen, mehr Tempo - viel realitätsnäher. Auch Sonderausstattungen werden berücksichtigt. Und zum ersten Mal wird die Messung auf dem Prüfstand ergänzt durch eine Messung direkt auf der Straße. "Das ist einmalig. Das gibt es weder in Asien noch in den USA", sagt Eckehart Rotter, Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Bei diesem sogenannten RDE-Test muss kein fester Fahrzyklus eingehalten werden, der Tester kann jede Strecke fahren, Beschleunigung, Außentemperatur, Windverhältnisse und Verkehrslage sind beliebig. Zur Messung werden mobile Apparate am Auspuff montiert.
Gibt es neue Grenzwerte?
Ja. Bisher schrieb der Gesetzgeber Grenzwerte nur für den Labortest vor. So darf ein Auto höchstens 80 Milligramm Stickoxid je Kilometer ausstoßen. Jetzt gibt es auch einen Grenzwert für die Straße: Das Auto darf im RDE-Test höchstens 168 Milligramm Stickoxid ausstoßen, ab 2020 nur noch 120 Milligramm. Die WLTP- und RDE-Tests sind in der EU ab 1. September vorgeschrieben für jedes Automodell und jeden Motortyp, den ein Hersteller ganz neu auf den Markt bringt. Für sämtliche Neuzulassungen ist der neue Labortest dann ab September 2018, der Straßentest ab September 2019 vorgeschrieben.
Sind die Messwerte im Labor und auf der Straße jetzt identisch?
Nein. Fahrweise, Verkehrsfluss und Wetter beeinflussen Verbrauch und Emissionen stark, erklärt der deutsche ÖAMTC-Partnerclub ADAC. Die Fahrweise hat dabei den größten Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch und kann zu Aufschlägen von bis zu 20 Prozent führen. Aber die Messwerte der neuen Tests sind viel näher am Alltag. "Die ganze Debatte, die wir seit zwei Jahren führen, wird damit beendet", sagt Rotter.