Technische Probleme bei den beiden wichtigsten Modellen der Marke als Anlass.
Bei Volkswagen kocht der Konflikt zwischen Arbeitnehmervertretern und Konzernchef Herbert Diess (Bild) angesichts der jüngsten Misserfolge hoch. In einem offenen Brief an Aufsichtsrat und Vorstand nehmen IG-Metall-Vertreter der deutschen VW-Werke die technischen Probleme beim neuen Golf 8 und dem Elektroauto ID.3 zum Anlass, der Konzernspitze auch auf anderen Feldern Versagen in der Krisenbewältigung und der öffentlichen Darstellung des deutschen Autobauers vorzuwerfen. Die Auslieferung des Golf 8, dem Brot und Butter Auto des Konzerns, musste sogar gestoppt werden .
"Dieses schlechte Bild in der Öffentlichkeit zerstört das über Jahrzehnte gewachsene Kundenvertrauen und gefährdet so unsere Arbeitsplätze", heißt es in einem im Internet veröffentlichten Schreiben (igm-bei-vw.de). Darin richtet die Gewerkschaft direkt auch an Konzernchef Herbert Diess die Frage, wer dafür verantwortlich sei, dass es bei Technik und Marketing hake. Aufsichtsrat und Unternehmen lehnten einen Kommentar ab.
>>>Nachlesen: VW stoppt Auslieferung des Golf 8
Schlechter Zeiptunkt
"Wer übernimmt die Verantwortung für das Produktdesaster unserer aktuellen Modellpalette?", hieß es in dem Brief. "Und wie wollen Sie zukünftig vermeiden, dass hier im Konzern unnötig Geld verbrannt wird, weil hier keine eindeutigen Konzernstrategien erkennbar sind?" Die IG Metall führt eine ganze Reihe von Kritikpunkten an, darunter auch die aus ihrer Sicht misslungene Kommunikation zur Instagram-Werbung für den neuen Golf, bei dem sich VW mit Rassismusvorwürfen konfrontiert sieht. Dieses sei nur ein Beispiel für eine ganze Kette von Managementfehlern, die das Unternehmen viel Geld kosteten.
Für Diess kommt die Veröffentlichung zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Denn der Brief war auch ein Thema im Aufsichtsrat, der am späten Donnerstagnachmittag in Wolfsburg zusammenkam. Dabei dürfte einem Insider zufolge auch ein Magazinbericht über den angeblichen Wunsch des Konzernchefs nach einer vorzeitigen Verlängerung seines bis 2023 laufenden Vertrags zur Sprache gekommen sein. Das "Manager-Magazin" berichtete, Diess habe nach der Einstellung des Verfahrens wegen Marktmanipulation im Dieselskandal diese Gedanken IG-Metall-Chef Jörg Hofmann vorgetragen, der als Aufsichtsratsvize in diesem Fall dafür zuständig war. "Für Diess ist das keine gute Geschichte", sagte die Person aus dem Umfeld des Kontrollgremiums. "In dieser Situation eine Vertragsverlängerung zu verlangen, ist nicht klug."
>>>Nachlesen: Massive Produktionsprobleme bei VW Golf 8 & ID.3
Vertrag nicht verlängert
Einem Bericht der "Bild"-Zeitung zufolge, wonach sich Betriebsratschef Bernd Osterloh und Hofmann sogar schon darauf geeinigt haben sollen, dass Diess abgelöst werden müsse, dementierten beide. "Das entbehrt jeder Grundlage. Diese Meldung ist Quatsch!", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme von beiden zu dem Artikel, wonach angeblich an einem "Putschversuch" gegen den Vorstandsvorsitzenden gearbeitet werde.
Nach Aussage des Insiders aus dem Umfeld des Aufsichtsrats sind auch die Familien Porsche und Piech, die über die Porsche SE die Mehrheit an dem Konzern halten, "nicht glücklich" über die Situation. Es gefalle den Familien nicht, dass über technische Details des Bestsellers Golf in der Öffentlichkeit diskutiert werde. Laut Manager-Magazin haben sich die Familiensprecher Wolfgang Porsche und Hans Michel Piech, eigentlich Diess-Unterstützer, sogar gegen dessen Wunsch nach einem neuen Vertrag gestellt.
>>>Nachlesen: VW bringt den Golf 8 zum Kampfpreis