Testprojekt in Wien
Straße spricht mit Autofahrer in Echtzeit
22.10.2012
Infos über Staus, Öffi-Anbindung und P&R-Plätze kommen auf Navi und Smartphone.
In Wien startet jetzt ein für Österreich neuartiges Verkehrsprojekt, das bereits im Oktober 2011 präsentiert wurde (wir berichteten ): Dabei werden Autofahrer in Echtzeit über ihr Navi bzw. Smartphone mit Informationen zu Unfällen, Staus, Öffi-Anbindungen oder Auslastung von Park-and-Ride-Anlagen versorgt - allerdings nur zu Testzwecken. Insgesamt 3.000 Teilnehmer machen beim sechsmonatigen Pilotprojekt unter Federführung der Asfinag mit. Vorgestellt wurde das Projekt am Montag anlässlich des 19. Weltkongresses für Intelligente Transportsysteme (ITS), der noch bis zum Freitag in der Bundeshauptstadt über die Bühne geht.
Wien als "Testlabor"
Als "Labor" für das sogenannte Testfeld Telematik dient das Wiener Straßendreieck A23 (Südosttangente), A4 (Ostautobahn) und S1 (Wiener Außenring Schnellstraße). Die Kommunikation funktioniert von Auto zu Auto bzw. über 250 entlang der Fahrbahn installierte Sensoren. Dabei handle es sich um das bisher größte derartige Projekt in Europa, versicherte Asfinag-Vorstandsdirektor Alois Schedl in einer Pressekonferenz.
Hohe Investition
5,5 Millionen Euro wurden in das System investiert. Erste Anwendungen im Echt-Betrieb seien in fünf bis zehn Jahren denkbar, prognostizierte Schedl. Wie hoch die Kosten dann für den einzelnen Nutzer der Software sein werden, lasse sich heute noch nicht sagen. Es werde sicher verschiedene Anbieter geben, so der Asfinag-Chef. Der Autobahnbetreiber hat das Testfeld in enger Kooperation mit Forschung und Industrie entwickelt.
Weltkongress
Im Rahmen des fünftägigen ITS-Weltkongresses in der Messe Wien sind auf 15.000 Quadratmetern mehr als 300 internationale Aussteller vertreten - darunter 56 Unternehmen wie Kapsch, Siemens Swarco, Bosch, Bombardier oder die ÖBB.
Weitere Innovationen
Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) rechnete vor, dass man in den vergangenen zehn Jahren 100 Millionen Euro an Fördergelder für diesen Bereich ausgeschüttet habe. Sie freute sich, dass man im Bereich ITS die Entwicklungsphase mehr und mehr verlasse und es nun an die konkrete Umsetzung gehe. So wird am Kongress neben dem Testfeld Telematik etwa auch ein neues Öffi-Leitsystem für Sehbehinderte präsentiert, das zudem Busfahrer schon vor Einfahrt in die Station informiert, dass eine Person mit eingeschränkten Mobilität einsteigen will. Autos, die selbstständig in enge Parklücken hinein- und wieder herausrollen, gibt es ebenfalls zu bestaunen.
Verkehrsauskunft Österreich
Außerdem ist für 2013 der Start einer "Verkehrsauskunft Österreich" geplant. Diese soll diverse Daten von Verkehrsauskünften - etwa ÖBB Scotty, AnachB.at, Ö3-Verkehrsredaktion etc. - in eine Plattform zusammenführen und so eine bundesweite Info-Website bieten, die Auto, Rad, Öffis, Fußgänger und P&R-Anlagen umfasst.
Georg Kapsch, Geschäftsführer der Kapsch Group und Präsident der Industriellenvereinigung, sah Österreich stark im ITS-Markt vertreten. Laut Berechnungen wird der Markt für intelligente Verkehrslösungen auf weltweit 18 Milliarden Dollar geschätzt. "Davon sollten wir uns doch ein Stück nehmen", so Kapsch. Die Industrie brauche von der Politik zwar Rahmenbedingungen, aber keine Überreglementierung.
Kooperationen seien notwendig
ÖBB-Chef Christian Kern betonte, dass die Bahn mittlerweile auch ein "Hightech-Geschäft" sei, das zahlreiche Kooperationen auf internationaler Ebene nötig mache. Beispielsweise würden die ÖBB in den nächsten Wochen einen Vertrag mit Google unterzeichnen. Damit soll es künftig möglich sein, Bahnverbindungen auch über Google-Maps abrufbar zu machen.
Kern gab allerdings zu bedenken, dass sich derzeit noch eine wichtige Frage im Zusammenhang mit ITS stelle: Man müsse darüber nachdenken, welche Geschäftsmodelle es für Anbieter derartiger intelligenter Verkehrslösungen gebe. Sprich: wie sich derartige Dienste rechnen könnten.