Einführung des umstrittenen Klima-Kältemittels kommt ins Stocken.
Wer ein Auto mit Klimaanlage fäht, hat mit großer Wahrscheinlichkeit das Kältemittel "R134a" an Bord. Dieses eignet sich zwar hervorragend für den Transport von Wärme, die Fluor-Kohlen-Wasserstoff-Verbindung ist aber auch ein giftiges Treibhausgas. Deshalb soll nun ein umweltfeundlicher Nachfolger zum Einsatz kommen. Doch das neue Klima-Kältemittel "R1234yf" ist äußerst umstritten (siehe unten) und sorgt bei der Einführung für Probleme.
Start verzögert sich
Die gemeinsame Fabrik der beiden Chemieunternehmen Honeywell und Dupont in der chinesischen Stadt Changshu City wird die Herstellung von R1234yf nicht vor Ende 2012 aufnehmen können. Damit verzögert sich die Produktion um mindestens ein Jahr. Gegenüber der deutschen Fachzeitschrift „Auto Bild“ begründete ein Dupont-Sprecher die Verzögerung mit "zusätzlichen Untersuchungen", die chinesische Behörden für die Zulassung der Produktion von R1234yf verlangten. Experten gehen davon aus, dass es unter anderem um Entsorgungsnachweise für giftige und umweltgefährdende Zwischenprodukte geht.
Hohes Gefahrenpotenzial
Die immer wieder propagierte Klimafreundlichkeit von R1234yf ist eigentlich ein gutes Verkaufsargument – wären da nicht Zweifel an seiner Ungefährlichkeit, die bislang nicht ausgeräumt werden konnten. Bei einem Fahrzeugbrand kann sich das Kühlmittel wegen der hohen Temperaturen in gefährliche Flusssäure umwandeln. Diese kann durch Einatmen innere Organe verätzen. Wenn ein Auto nach einem Unfall in Brand gerät, sind nicht nur die Insassen sondern auch die Einsatzkräfte einer hohen Gefahr ausgesetzt. Bei den Herstellern geht deshalb die Angst um, dass Neuwagenkäufer Autos mit R1234yf meiden könnten. Bisher gibt es nur Wahrscheinlichkeitsberechnungen über die Sicherheit von R1234yf.
Kartellrechtsverfahren
Weiterer Ärger droht Honeywell und Dupont von der EU-Kommission. Diese leitete im Dezember ein kartellrechtliches Verfahren gegen die beiden Unternehmen ein. Dabei soll geklärt werden, ob sich die Unternehmen bei der Patentierung und Vermarktung des neuen Kältemittels wettbewerbsfeindlich verhalten haben. An der Strategie von Honeywell und Dupont, R1234yf zunächst gemeinsam zu produzieren, dann aber als Konkurrenten zu vermarkten, habe sich vor allem der europäische Kältemittelhersteller Arkema gestört, verlautete es aus Branchenkreisen.
Lösung wird gesucht
In Autos, die ihre Typgenehmigung nach dem 1. Januar 2011 erhalten haben, darf in Europa nicht mehr das alte Kältemittel R134a genutzt werden. Auf Anfrage der Zeitschrift teilte das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit, dass man zurzeit in Kontakt mit der EU-Kommission und den Autoherstellern eine "gesamteuropäische, den Gegebenheiten Rechnung tragende Lösung" suche.