Volkswagen spricht sich trotz der holprigen Kooperation gegen Trennung aus.
Volkswagen muss sich auf dem Weg an die Weltmarktspitze in Asien einen neuen Partner suchen. Der japanische Kleinwagen- und Motorenspezialist Suzuki kündigte am Montag die vor knapp zwei Jahren mit Europas größtem Autobauer eingegangene Allianz auf, weil er um seine Eigenständigkeit fürchtet. Suzuki-Chef Osamu Suzuki bot den Wolfsburgern an, die von VW gehaltenen Aktien zurückzukaufen. Der japanische Konzern wolle technische Neuentwicklungen künftig alleine vorantreiben.
Vorwurf
Zuvor hatte Volkswagen den Japanern vorgeworfen, die Kooperationsvereinbarung gebrochen zu haben. Suzuki habe unzulässigerweise Dieselmotoren von Fiat bezogen. Der deutsche Konzern setzte seinem Partner daraufhin die Pistole auf die Brust und räumte ihm eine mehrwöchige Frist ein, um "diesen Sachverhalt zu korrigieren".
VW will nicht verkaufen
Trotz der Ankündigung durch Suzuki, die Überkreuzbeteiligung aufzulösen, hält VW an dem Aktienpaket fest. "Wir wollen unsere Anteile nicht verkaufen", bekräftigte ein VW-Sprecher. Suzuki sei nach wie vor ein interessantes Investment. Experten bezweifeln allerdings, dass ein fruchtbares Klima für eine weitere Zusammenarbeit überhaupt noch möglich ist. Die Autoexperten der Bank UniCredit erwarten daher, dass sich VW mittelfristig von seinem Aktienpaket trennen wird. Andere Experten halten es auch für möglich, dass VW eine feindliche Übernahme von Suzuki plant.
Analysten werteten den Streit als Rückschlag für VW auf dem Weg an die Weltmarktspitze. Ein Scheitern der Zusammenarbeit mit Suzuki würde das Ziel des Wolfsburger Konzerns durchkreuzen, im Zukunftsmarkt Indien und in Südostasien zu wachsen, schrieben die UniCredit-Experten in einem Kurzkommentar.
Mit knapp 20 Prozent eingestiegen
Volkswagen ist seit Dezember 2009 mit knapp 20 Prozent an Suzuki beteiligt
; die Japaner halten ihrerseits 1,5 Prozent an Europas größtem Autokonzern. Die Partnerschaft stand jedoch wegen kultureller Unterschiede von Anfang an unter keinem guten Stern. Geplante Projekte zur gemeinsamen Entwicklung von Kleinwagen kamen nicht zustande. Stattdessen häuften sich wie in einer schlechten Ehe gegenseitige Vorwürfe und Verdächtigungen. Zuletzt beschwerte sich Suzuki über eine zu starke Einflussnahme der Deutschen und stellte die Partnerschaft grundsätzlich infrage. Der akquisitionsfreudige Wolfsburger Konzern, der erklärtermaßen bis spätestens 2018 an die Weltmarktspitze aufsteigen will, hatte Suzuki bereits als weitere Marke in seinem Riesenreich gesehen.
Rückschlag
Ein Bruch mit Suzuki wäre für VW ein herber Rückschlag, sagte Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer. "Denn VW hat trotz vieler Marken bisher keine wirkliche Kompetenz im schnell wachsenden Billigautosegment." VW verliere durch den Streit wichtige Zeit und Marktanteile in Schwellenländern, erklärte Dudenhöffer, der das CAR-Institut an der Universität Duisburg-Essen leitet. Er kritisierte das VW-Management scharf. Während andere Autobauer erfolgreich miteinander kooperierten, sei dies bei VW offenbar nicht möglich. Er verwies auf die Zusammenarbeit von Toyota mit Ford und Peugeot sowie die Allianzen von BMW mit Peugeot und Daimler mit Renault , die weitgehend geräuschlos verlaufen.
Die UniCredit-Experten erinnerten jedoch daran, dass bis auf den Bund zwischen Nissan und Renault bisher kaum eine Zusammenarbeit von japanischen mit westlichen Autobauern größere Erfolge gebracht habe.
Ziele von VW
Von der Kooperation hatten sich die Wolfsburger Vorteile beim Bau günstiger Kleinwagen
und eine Stärkung ihrer Präsenz auf dem stark wachsenden Zukunftsmarkt Indien erhofft. Deren indische Tochter Maruti Suzuki ist führend auf dem Subkontinent. Für Volkswagen würde ein Ende der Partnerschaft bedeuten, dass der Konzern seine Stellung in Indien nun aus eigener Kraft aufbauen müsste und dafür voraussichtlich länger braucht als geplant.
Zwei Baustellen
Damit häufen sich für das VW-Management kurz vor Beginn der wichtigen Automesse IAA 2011 in Frankfurt die Baustellen: Vergangene Woche mussten die Wolfsburger wegen rechtlicher Risiken den Plan verschieben, die Fusion mit der Porsche SE noch in diesem Jahr perfekt zu machen. Zudem kommt die von dem ehrgeizigen Porsche-Enkel und VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch angestrebte Lkw-Allianz nur unter Mühen voran. Zuletzt musste VW die Mehrheit an MAN übernehmen, um eine engere Zusammenarbeit mit der eigenen Lkw-Tochter Scania voranzubringen.