Zwei Neuheiten
Tesla greift mit Roadster und E-Lkw an
17.11.2017
Elektroautobauer will sich in Zukunft deutlich breiter aufstellen.
Trotz der Produktionsprobleme beim Model 3 hält Tesla an seinem offensiven Kurs fest. Der Elektroauto-Hersteller will künftig auch das Lastwagen- und Sportwagen-Geschäft aufmischen. Firmenchef Elon Musk stellte in der Nacht zum Freitag u. a. einen strombetriebenen Sattelschlepper vor, der bereits im Sommer angekündigt wurde, dann aber verschoben werden musste. Er soll auch mit voller Ladung von 40 Tonnen eine Reichweite von rund 800 Kilometern erreichen, sagte Musk. Die Produktion werde im Jahr 2019 beginnen. In wie weit man den aktuellen Ankündigungen glauben kann, bleibt abzuwarten. Denn derzeit bringt Tesla nicht einmal den Einstieg in den Massenmarkt auf die Reihe. Zudem gibt es neben den massiven Produktionsproblemen auch große Engpässe bei der Batteriefertigung.
Über 400 km/h schnelles Coupé
Doch zurück zum Positiven. Als echte Überraschung gab es bei der Präsentation auf einem Flugplatz im kalifornischen Hawthorne auch ein weiteres Tesla-Modell: ein neuer Roadster, über den seit einiger Zeit bereits spekuliert wurde. Der Sportwagen soll 2020 verfügbar sein und rund 250.000 Dollar kosten. Der Zweitürer werde die schnellste Beschleunigung unter Serienautos haben, versprach Musk. Der Roadster soll von null auf 60 Meilen pro Stunde (96 km/h) in 1,9 Sekunden kommen. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Tesla mit mehr als 250 Meilen pro Stunde an (402 km/h). Auch bei Autobahn-Geschwindigkeit soll die Reichweite 1.000 Kilometer erreichen. Möglich wird diese Leistungs-Eskalation durch drei E-Motoren, die ein kombiniertes Drehmoment von 10.000 Nm bieten und ihre Energie aus 200-kWh-Akkus saugen.
Musk stellte abermals sein Show-Talent unter Beweis: Der Roadster schoss bei der Präsentation auf einem Flugplatz im kalifornischen Hawthorne aus dem Anhänger des Tesla-Sattelschleppers heraus. Ein Elektro-Roadster mit Karosserie des britischen Sportwagenbauers Lotus war einst das erste Tesla-Modell.
Lkw mit vier E-Motoren
Musk nannte keinen konkreten Preis für den Lastwagen, sondern betonte lediglich, dass Diesel-Lkw pro Kilometer 20 Prozent teurer seien. Der Sattelschlepper hat vier Motoren - und Tesla verspricht, dass er pannenfrei eine Million Meilen (1,6 Millionen Kilometer) schaffen kann. Auch mit zwei ausgefallenen Motoren könne das Fahrzeug immer noch einen Diesel-Lastwagen schlagen, erklärte Musk. In 30 Minuten solle die Batterie auf eine Reichweite von gut 640 Kilometern hochgeladen werden können. Unterwegs soll es dafür ein Netz aus mit Solarstrom betriebenen "Megachargern" von Tesla geben, ähnlich den "Supercharger"-Schnellladestationen für Autos der Firma.
Der Lastwagenfahrer soll in der Mitte der Kabine zwischen zwei großen Touchscreen-Displays sitzen. Damit spart sich Tesla auch verschiedene Versionen für den Links- oder Rechtsverkehr. Der Sattelschlepper bekommt die Funktionen des Assistenzsystems Autopilot und eine besonders robuste Windschutzscheibe. "Sie übersteht eine Atomexplosion - oder Sie bekommen Ihr Geld zurück", scherzte Musk in seiner üblichen etwas ungelenken Manier.
5.000 Dollar Reservierungsgebühr
Der Lastwagen kann ab sofort reserviert werden, dabei müssen 5.000 Dollar (4.248 Euro) hinterlegt werden. Die Vorauszahlung bei der Reservierung eines Roadsters mit einem Grundpreis von 200.000 Dollar liegt deutlich höher bei 50.000 Dollar. Tesla gibt gerade Milliarden für die Produktion seines ersten günstigeren Wagens Model 3. Das Hochfahren der Fertigung gestaltet sich schwieriger als gedacht: So wurden im vergangenen Quartal statt der geplanten 1.500 Fahrzeuge nur 260 produziert. Das Ziel, 5.000 Model 3 pro Woche zu bauen, wurde von Ende des Jahres auf das erste Quartal 2018 verschoben. Tesla liegen über 450.000 Reservierungen für das vor Steuern und Vergünstigungen 35.000 Dollar teure Auto vor, die Vorbesteller werden damit noch lange warten müssen.
Spektakel als Ablenkungsmanöver?
"Bei Musk muss man ja auch sehen, dass er es sehr geschickt schafft, das nächste Feuerwerk zu zünden, um über die aktuellen Probleme hinwegzutäuschen", sagte Branchenexperte Axel Schmidt von der Unternehmensberatung Accenture. Er sieht durchaus Anwendungsfälle, in denen elektrische Lastwagen Sinn machen. "Es wird bis zu einem flächendeckenden Einsatz aber wahrscheinlich viel mehr Zeit vergehen als bei Autos" - bei denen die durchschnittliche Fahrentfernung in Deutschland 38 Kilometer betrage. "Was sicherlich nicht funktioniert - auch nicht mittel- und langfristig - ist der Langstrecken-Verkehr etwa von München nach Hamburg über Nacht mit einem 40-Tonnen-Sattelschlepper. Das bekommt man elektrisch nicht hin, außer man fährt mit einer Leitung wie die Straßenbahn."
Auch Branchengrößen wie Daimler arbeiten bereits an Lastwagen mit Elektro-Antrieb. MAN fertigt im oberösterreichischen Steyer bereits einen E-Lkw
. Als einen entscheidenden Punkt sieht Accenture-Experte Schmidt die Kosten, die derzeit vor allem vom Preis der Batterien hochgetrieben werden. "Ein Fuhrunternehmer muss Geld verdienen - und bei einer Marge von ein bis drei Prozent zählt wirklich jeder Cent. Das muss sich rechnen, sonst macht das niemand." Zugleich könnte mit politischen Entscheidungen für den Umweltschutz auch der Betrieb von Lastwagen mit Verbrennungsmotor für die Unternehmen in Zukunft deutlich teurer werden.
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