Volkswagen verleibt sich Sportwagenbauer weitgehend steuerfrei ein.
Nach jahrelangen Querelen übernimmt der VW-Konzern die Auto-Ikone Porsche als seine zwölfte Marke. Damit schließt sich für VW-Patriarch Ferdinand Piech ein Kreis: Der Enkel des Autopioniers Ferdinand Porsche führt die von seinem Großvater gegründete Sportwagenfirma in das Wolfsburger Autoreich, dessen Grundstein wiederum Ferdinand Porsche mit dem legendären VW Käfer gelegt hatte. In Abwesenheit Piechs stellte Vorstandschef Martin Winterkorn am Donnerstag in Wolfsburg die Vorzüge der knapp 4,5 Mrd. Euro teuren Übernahme von gut der Hälfte des Porsche-Autogeschäfts vor. "Damit bringen wir eines der bedeutendsten Vorhaben in der Automobilbranche ins Ziel", sagte Winterkorn umringt von Spitzenmanagern beider Unternehmen.
Nächste Stufe der Zusammenarbeit
VW und Porsche zündeten nun "die nächste Stufe" der Zusammenarbeit und wollten Kostenvorteile "brüderlich" teilen, um gemeinsam bis spätestens 2018 als weltgrößter Fahrzeug-Hersteller den Automobilthron zu erobern. "VW macht einen weiteren Schritt nach 2018", sagte der 65-jährige Winterkorn, der dann wohl selbst im Aufsichtsrat von VW sitzen wird.
Zwölf Marken
Inzwischen gehören zu dem Zwölfmarken-Konzern (siehe Grafik oben) mit VW, Audi, Skoda und Seat vier breit aufgestellte Pkw-Marken, dazu kommen die Sportwagen- und Luxusmarken Porsche, Bentley, Bugatti und Lamborghini und die beiden Lkw-Bauer Scania und MAN. Diese sollen zusammen mit der VW-Transportersparte zu einer schlagkräftigen Nutzfahrzeug-Allianz ausgebaut werden, die es mit Daimler und Volvo aufnimmt. Mit der kürzlich übernommenen Motorradmarke Ducati bietet VW vom Zweirad über den Bestseller Golf, der in diesem Jahr in siebenter Generation in die Autohäuser kommt, bis hin zum 40-Tonner Lkw fast alles an, was auf Straßen rollt.
Übernahme dauerte drei Jahre
Die Integration von Porsche bei Europas größtem Autobauer war bereits 2009 vereinbart worden, aber nur über Umwege zu erreichen. Zum 1. August - und damit deutlich früher als bisher geplant - wird der VW-Konzern von der Porsche Holding jene Anteile an der Porsche AG kaufen, die ihm noch nicht gehören. Damit hat VW dann die volle Kontrolle über den Stuttgarter Hersteller von Sport- und Geländewagen sowie luxuriöser Limousinen, der in der Branche um seine deutlich zweistelligen operativen Renditen beneidet wird. "Gemeinsam haben wir mehr denn je das Zeug, der beste Automobilkonzern der Welt zu werden", sagte Winterkorn.
Er kalkulierte zuletzt damit, dass beide Unternehmen jährlich durch die Zusammenarbeit bei Forschung und Entwicklung, Einkauf, Produktion und Vertrieb mindestens 700 Millionen Euro sparen können. Die von den Familien Piech und Porsche sowie dem Emirat Katar per Stammaktien kontrollierte Porsche Holding besitzt seit Jahren gut die Hälfte der VW-Stimmrechte - und profitiert damit auch künftig am meisten von dem Schulterschluss.
Regelung ermöglicht "Steuerflucht"
VW verleibt sich das Porsche-Fahrzeuggeschäft mittels eines besonderen Regelung im Umwandlungssteuerrecht weitgehend steuerfrei ein. VW zahlt der Porsche Holding rund 4,5 Milliarden Euro für die noch fehlende zweite Hälfte des Sportwagengeschäfts und legt eine VW-Stammaktie obendrauf. Dadurch wird die Transaktion als Umstrukturierung und nicht als Kauf gewertet, für den hohe Steuern fällig gewesen wären. Dieses in monatelanger Arbeit von Pötschs Finanzteam ausgetüftelte Steuersparmodell hatten die Unternehmen in den vergangenen Wochen gegen heftige Kritik verteidigt. Den Finanzbehörden stellte VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch immerhin einen zusätzlichen dreistelligen Millionen-Betrag durch die beschleunigte Integration der Porsche AG in Aussicht.
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle kritisierte das Steuersparmodell. "Das mag alles legal sein, zeigt aber, wie dringend wir ein einfacheres und gerechteres Steuerrecht brauchen", sagte der Politiker. Wenn Weltkonzerne mit solchen Steuertricks Milliarden an Steuern sparen könnten, müsse sich jeder Steuerzahler veräppelt fühlen. Der Konzern reagierte empört: "Wir haben nicht das geringste Verständnis für die Äußerungen", sagte ein Sprecher. Brüderles Aussagen seien falsch, unverantwortlich und entbehrten jeder Grundlage.
Porsche soll eigenständig bleiben
Wie den übrigen Marken-Töchtern sicherte Winterkorn auch der neuen Tochter Porsche ihre Eigenständigkeit zu. "Am Führungsmodell von VW ändert sich nichts", sagte der Manager. "Die Freiheit der Marken ist einer der Erfolgsfaktoren des VW-Konzerns." Der von VW nach Stuttgart entsandte Porsche-Chef Matthias Müller sagte, das gemeinsame Ziel aller Beteiligten sei nun "endlich erreicht". Die bisher per Überkreuzbeteiligung verbundenen, aber rechtlich noch getrennten Unternehmen könnten nun die Synergiepotenziale komplett heben. Über die Stimmrechtsmehrheit bei VW bleibe die noch mit mehr als einer Milliarde Euro verschuldete Porsche Holding zudem Ankeraktionär: "VW bleibt das Kerninvestment der SE", sagte der bis 2010 bei VW als Produktstratege tätige Müller.
Noch mehr Infos über VW finden sie in unserem Marken-Channel.
Noch mehr Infos über Porsche finden sie ebenfalls in unserem Marken-Channel.
Fotos vom Test des neuen Boxster S
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© auto.oe24.at (set)
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