"Erfolgsgeschichte"

30 Jahre AMS: Vorstandsduo kann sich Aufgabenerweiterung vorstellen

Teilen

Kopf: Qualifizierung von Beschäftigten denkbar - mehr Fokus auf Migration und Klima.

Das AMS-Österreich-Vorstandsduo Johannes Kopf und Petra Draxl zeigt sich offen, weitere Aufgaben zu übernehmen. Österreich müsse beim Thema Digitalisierung und Künstliche Intelligenz "massiv" in die Weiterbildung von Beschäftigten und nicht nur Arbeitslosen investieren, sagte Kopf bei der Veranstaltung "30 Jahre AMS" am Dienstag in Wien. "Da werden wir der neuen Regierung einen Vorschlag machen. Das hat viel mit Wettbewerbsfähigkeit zu tun."

Das Arbeitsmarktservice (AMS) kümmert sich seit der Ausgliederung der Arbeitsmarktverwaltung aus dem Bundesministerium für Arbeit im Jahr 1994 um Arbeitslose in Österreich. Das oberste Organ des AMS ist der Verwaltungsrat, der von den zuständigen Ministerien, der Arbeiterkammer, Gewerkschaft, Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung beschickt wird. Neben der Auszahlung von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Kurzarbeitsbeihilfe, Weiterbildungsgeld (Bildungskarenz) und Altersteilzeit kümmert sich das AMS um die Vermittlung und Qualifizierung von Arbeitslosen.

Die aktive Arbeitsmarktpolitik des Arbeitsmarktservice umfasst vor allem die Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung (u. a. Schulungen) sowie der Mobilität und die befristet geförderte Beschäftigung in kommerziellen Betrieben oder in sozialen Unternehmen. Für die aktive Arbeitsmarktpolitik hatte das AMS zuletzt ein Budget von 1,4 Mrd. Euro im Jahr zur Verfügung.

Zusätzliche Aufgaben für das AMS 

AMS-Vorstand Kopf sieht in den kommenden Jahren zusätzliche Aufgaben auf das AMS zukommen: Aufgrund der demografischen Entwicklung und des Arbeitskräftemangels könnte sich das Arbeitsmarktservice auch um "Zielgruppen" kümmern, die gar nicht am Arbeitsmarkt aktiv sind, etwa Frauen mit und ohne Migrationshintergrund sowie Pensionisten.

Beim Thema "grüne Transformation" könne man sich auch stärker einbringen. Bei Jobverlusten aufgrund von strengeren Klima-Gesetzen sei etwa ein höheres Arbeitslosengeld mit der Möglichkeit zur Umqualifizierung vorstellbar. Bei der Arbeitsmarkt-Integration von geflüchteten Personen und Migranten wünscht sich der AMS-Chef mehr finanzielle Mittel von der Bundesregierung. "Wir brauchen ein deutliches Mehr an Integration. Es ist teurer, die Menschen nicht zu integrieren."

Möglichen Optimierungsbedarf sieht AMS-Vorständin Draxl bei folgenden drei "Schnittstellen": Bei der Sozialhilfe mit den Bundesländern, bei Verantwortlichkeiten rund um Migrantinnen und Migranten sowie Jugendliche. "Das ist nicht ideal. Wenn ich das AMS neu aufstellen würde, da braucht es mehr Klarheit." Von der künftigen Regierung wünscht sich Draxl "eine gute finanzielle und Ressourcen-Ausstattung". Das Arbeitsmarktservice verfügt aktuell österreichweit über 6.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Kocher: AMS "Erfolgsgeschichte"

Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) bezeichnete das Arbeitsmarktservice als "Erfolgsgeschichte". "Arbeitsmarktpolitik ist keine einfache Sache", sagte Kocher bei der AMS-Veranstaltung am Dienstag. Die Organisation habe sich bewiesen, etwa in der Flüchtlingskrise und in der Coronapandemie und zuletzt bei den Ukraine-Vertriebenen. "Große Herausforderungen" für den Arbeitsmarkt und das AMS sieht Kocher ähnlich wie Kopf durch den technologischen Wandel und Künstliche Intelligenz.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und AK-Präsidentin Renate Anderl pochten bei einer Sozialpartner-Diskussionsrunde im Rahmen der AMS-Veranstaltung auf genug Mitarbeiter und finanzielle Mittel für das Arbeitsmarktservice. AK und ÖGB fordern seit längerem auch eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes von derzeit 55 Prozent auf 70 Prozent des letzten Einkommens. Katzian wünscht sich mehr Engagement der Arbeitgeber bei der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. "Wenn wir vom lebenslangen Lernen reden, dann brauchen wir Rahmenbedingungen. Das AMS wird eine wichtige Rolle spielen, auch vielleicht für Menschen in Beschäftigung", sagte der ÖGB-Chef. AK-Chefin Anderl verwies darauf, dass das AMS der größte Finanzierer von beruflicher Weiterbildung in Österreich sei. Von Politik und Gesellschaft wünscht sich Katzian beim Thema ausländische Fachkräfte einen wertschätzenden Umgang. "Wir brauchen Zuwanderung, wir brauchen positive Migration. Wir müssen den Leuten auch anders begegnen."

WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf verwies auf mehrere "Inaktivitätsfallen" am Arbeitsmarkt in Österreich: Die Zuverdienstregeln bei Geflüchteten, geringfügiger Zuverdienst bei Arbeitslosen und die steuerliche Unattraktivität bei Teilzeit-Stundenaufstockern sowie Zuverdienst in der Pension. "Die Fallen müssen wir beseitigen. Das hindert an der Jobaufnahme", sagte Kopf in Richtung der künftigen Regierung. Der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, warnte davor, sprachliche Defizite von Kindern mit Migrationshintergrund im Kindergarten und in der Volksschule zu unterschätzen. Diese Kinder würden es später "extrem schwierig am Arbeitsmarkt" haben. Aufgrund des Arbeitskräftemangels müsse man alle "Arbeitskräftepotenziale" ausschöpfen, aber auch die Arbeitskräfte-Anwerbung im Ausland weiter professionalisieren, so Knill.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo
Es gibt neue Nachrichten