In Österreich sind 49 Prozent der Patienten mit nicht mehr funktionierenden Nieren per Transplantation versorgt und nicht mehr auf die regelmäßige Dialyse angewiesen. Allerdings, bei den Organspenderraten gibt es einen Rückgang. Dies erklärten am Freitag (3. Juli) Experten bei einer Pressekonferenz aus Anlass der 5.000. Nierentransplantation am Wiener AKH.
"In Österreich gibt des 400.000 Menschen mit chronischen Nierenerkrankungen. Die erste Nierentransplantation erfolgte am AKH im Jahr 1965. Jede dritte Nierentransplantation in Österreich findet am AKH statt. In den Jahren 2007/2008 waren es dort 313, davon waren 151 Patienten aus Wien", sagte Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely.
Hinter dem Erfolg mit derzeit jährlich rund 150 Nierenverpflanzungen sowie Spitzenleistungen auch in vielen anderen Bereichen auf diesem Fachgebiet stehen die Spezialisten an der Klinischen Abteilung für Transplantationschirurgie unter Ferdinand Mühlbacher, Pathologen, Immunologen und Anästhesisten sowie Internisten, zum Beispiel die Nephrologen. Mühlbacher: "Die ersten zehn Transplantationen zu machen, ist einfach. 5.000 zu machen, das ist zäh. Diese Eingriffe sind eine 'Konglomeratleistung'."
Dabei gibt es immer mehr für Transplantationen infrage kommende Patienten. Mühlbacher. "1987 hatten wir in Österreich rund 2.500 Menschen mit chronischem Nierenversagen, heute sind es etwa 8.000. Derzeit können wir 49 Prozent davon mit einer Transplantation 'abfangen', 51 Prozent sind auf die Dialyse angewiesen." Die Nierentransplantation ist oft lebensrettend. Der Chirurg: "Die Lebenserwartung eines 70-Jährigen, der für eine Transplantation nicht infrage kommt und nur durch Dialyse versorgt werden kann, beträgt zehn bis elf Monate."
Weniger Spender
Leider ging in Österreich in den vergangenen fast 20 Jahren die Organspenderrate zurück, ist aber im internationalen Vergleich noch immer hoch. Mühlbacher: "1990 hatten wir rund 30 Spender pro Million Einwohner und Jahr. Das hat sich in den letzten Jahren auf etwa 20 pro Million Einwohner und Jahr geändert. Länder wie Portugal und Belgien haben uns überholt." Durch die bundesweite Etablierung von Transplantationsbeauftragten in den Krankenhäusern nach dem Vorbild des europäischen Spitzenreiters Spanien soll hier wieder Boden aufgeholt werden.
Trotzdem ist Österreich weiterhin in einer hervorragenden Position. Mühlbacher: "Die Warteliste auf eine Spenderniere ist nahezu konstant. In Österreich sind es durchschnittlich 2,8 Jahre Wartezeit, in Deutschland fünf, sechs, sieben Jahre." Nephrologe Walter Hörl: "In Deutschland gibt es 75.000 Dialysepatienten und 25.000 Nierentransplantantierte. Das zeigt wie superb die Versorgung der Patienten in Österreich ist."
An dem Konzept der Nierentransplantationen wurde an der Wiener Medizinischen Schule schon im Jahr 1902 (Emmerich Uhlmann) begonnen. Medizin-Nobelpreisträger Karl Landsteiner schuf mit seinen bahnbrechenden Entdeckungen zur Blutgruppenserologie die immunologischen Grundlagen. Die weltweit erste Niere wurde 1954 in Boston transplantiert. Nach einem Jahr funktionieren noch 90 Prozent der Spenderorgane, nach fünf Jahren 70 Prozent und nach zehn Jahren 50 Prozent. Als Beispiel fast schon für die Geschichte der Nierentransplantationen in Wien präsentierte sich die Schauspielerin Sabine Sch. Sie hatte 1987 ein endgültiges Nierenversagen erlitten und ist jetzt, nach 22 Jahren mit der vierten Spenderniere offenbar perfekt versorgt.
MedUni-Wien-Rektor Wolfgang Schütz: "In unserem integralen Entwicklungsplan für die nächsten fünf Jahre ist nunmehr ein eigenes Forschungsprogramm mit dem Namen Transplantationsmedizin enthalten." Dieser Bereich sei eine Erfolgsgeschichte - auch dadurch bedingt, dass es Zusammenspiel zwischen AKH und MedUni klappe.
Spektakuläre Entwicklungen gibt es bei der Immunologie. Nephrologe Walter Hörl: "Früher konnte man nicht transplantieren, wenn eine Blutgruppenungleichheit (zwischen Spender und Empfänger, Anm.) gegeben war. Wir haben ein Programm für blutgruppenungleiche Nierentransplantationen etabliert. Die ersten sechs sind schon gelaufen." Dabei werden aus dem Blut des Empfängers jene Antikörper abgetrennt, welche eine sofortige heftige Abstoßungsreaktion verursachen würden.