Arbeiterkammer und ÖGB haben ihre Forderung nach "Verteilungsgerechtigkeit" bekräftigt. Die Budgetkonsolidierung dürfe nicht zulasten von Wachstum und Beschäftigung gehen, so AK-Präsident Herbert Tumpel und ÖGB-Präsident Erich Foglar. Zwar bekennen sich die beiden Arbeitnehmervertreter zu Einsparungen, treten jedoch klar gegen die Erhöhung von "Massensteuern" auf. Tumpel forderte unter anderem eine strengere Kontrolle, um Steuerhinterziehung zu verhindern.
"Eine erfolgreiche Budgetkonsolidierung, zu der sich beide Arbeitnehmervertreter bekennen, kann es nicht ohne Wachstum und Beschäftigung geben. Da haben wir immens große Sorgen. Wenn es nicht gelingt, die Arbeitslosigkeit zu senken, wird es aus unserer Sicht keine erfolgreiche Budgetkonsolidierung geben", meinte Foglar.
Er hegt Bedenken, was den Zeitpunkt der Einsparungen betrifft: "Wo sollen Wachstum und Beschäftigung herkommen, wenn alle (EU-)Mitgliedstaaten ab 2011 zu konsolidieren beginnen. Das konterkariert die 2020-Ziele."
"Der Budgetkurs darf nicht das Wachstum und die Beschäftigung schmälern",
mahnte auch Tumpel. Er betonte den Faktor Beschäftigung: "Arbeitslosigkeit
ist nun einmal verdammt teuer."
So würden 100.000 Arbeitslose
einen Einnahmenentfall von 2,7 Mrd. Euro bedeuten. Notwendig wären hier
Investitionen in die "Zukunftsbereiche" Bildung, Soziales sowie
Forschung und Entwicklung, zeigte sich der AK-Präsident überzeugt.
Höhere Massensteuern werden abgelehnt
Höhere Massensteuern - Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer oder CO2-Abgaben - würden jedenfalls die Kaufkraft schwächen und die Inflation "sinnlos anheizen", zeigte sich Tumpel überzeugt. "Wir sind nicht prinzipiell gegen eine Ökologisierung des Steuersystems", aber mit vernünftiger Konsolidierungspolitik habe das nichts zu tun, stellte er fest. Auch Foglar forderte im Gegenzug zur Ökologisierung eine Entlastung des Faktors Arbeit.
Um das Budget einnahmenseitig zu sanieren, wären neue Steuern nicht "per se" notwendig, meinte Tumpel. Als eine Maßnahme pocht er etwa auf ein Paket gegen Steuerhinterziehung, welches beträchtliche Mehreinnahmen erwarten ließe. Europaweit wären 300 Mrd. Euro zu lukrieren - "Das halte ich für die unterste Grenze", meinte Tumpel.
Foglar sprach sich bereits für den Erwerb von Steuer-CDs aus. Auch Tumpel findet jede Maßnahme zur Einhaltung der Gesetze unterstützenswert. Weitere Forderungen von AK und ÖGB umfassen die Bankenabgabe, die Vermögenszuwachssteuer, die Begrenzung der Absetzbarkeit von Managergehältern auf 500.000 Euro pro Jahr sowie die Einschränkung der Gruppenbesteuerung. Eine Finanztransaktionssteuer wäre ebenso notwendig wie die Abschaffung von Stiftungsprivilegien.
Tumpel möchte weiters die Gesundheitsvorsorge gestärkt wissen. Ein höheres Pensionsantrittsalter wäre nur möglich, wenn die Menschen auch arbeitsfähig sind: "Wenn Arbeitsplätze vorhanden sind und man gesundheitlich in der Lage ist zu arbeiten, hebt sich auch das Defacto-Pensionsalter."
Foglar appellierte vor Beschlussfassung des Finanzrahmengesetzes an die Regierung und die Parteien, Wachstum und Beschäftigung zu berücksichtigen. Auch sollte man "nicht zu schnell und zum falschen Zeitpunkt" sparen. Um das Wirtschaftswachstum zu stärken, bräuchte es "noch heuer" ein Impulspaket, forderte er.
Kritik an Arbeitnehmervertretern von IV, WK und FPÖIV-Generealsekretär Markus Beyrer bezeichnete die Forderung nach neuen Steuern und Belastungen von Unternehmen und Vermögen als "Gefährdung heimischer Arbeitsplätze". Die Freiheitlichen Arbeitnehmer wollen den Mittelstand entlastet wissen. Die WK pocht auf die Umsetzung "überfälliger" Reformen. Für die Industrie gebe es keine Alternative, die Budgetsanierung ausgabenseitig anzugehen. "Österreich ist bereits ein extrem stark umverteiltes Hochsteuerland mit der vierthöchsten Steuer- und Abgabenquote in der EU und über 50 % Staatsquote. Auch unsere Sozialquote ist mit 28,5 % bereits eine der absolut höchsten", stellte Beyrer fest. Zur Forderung der Arbeitnehmervertreter nach höherer Vermögensbesteuerung, Einschränkung der Gruppen- sowie höherer Stiftungsbesteuerung meinte der IV-Generalsekretär: "Die angeblichen Einnahmen aus diesen Titeln stehen in keinem Verhältnis zu dem Schaden, der damit dem Standort Österreich und den Arbeitsplätzen zugefügt wird." Bernhard Rösch, Obmann der Freiheitlichen Arbeitnehmer, ist der Meinung, dass die von AK und ÖGB geforderten Maßnahmen "kaum" zu einer Entspannung der Krise beitragen wird. Eine Vermögenszuwachssteuer oder die Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer würden im Endeffekt wieder alle Arbeitnehmer zahlen, erklärte Rösch in einer Aussendung. "Tumpel und Foglar schützen alte 'Tabus' und treffen unter dem Vorwand, die Reichen schröpfen zu wollen, vielmehr den Mittelstand und opfern damit Österreichs Wohlstand", so Rösch. Auch WK-Präsident Christoph Leitl befürchtet, dass eine Vermögenszuwachssteuer, die Einschränkungen bei der Gruppenbesteuerung und eine höhere Besteuerung von Privatstiftungen dem Wirtschaftsstandort Österreich schaden würde. Ein nachhaltiger Aufschwung sei nur über "gezielte" Konjunkturimpulse wie etwa einen Handwerkerbonus sowie die Umsetzung "längst überfälliger Reformen" möglich, so Leitl. "In der öffentlichen Verwaltung, bei Pensionen sowie im Bildungs- und Gesundheitswesen sind ungeheure Reserven vergraben", meinte der WK-Präsident. Was nicht durch Reformen hereingebracht werden kann, müsse aus höheren Steuern und somit einer Kaufkraftschwächung der Arbeitnehmer kommen. "Das kann niemand wollen", betonte er. "Bevor nicht alle Effizienzpotenziale bei den Ausgaben durchforstet und Ausgabenreduktionen auf Schiene sind, bleibt es beim Nein der Wirtschaft zu neuen oder höheren Steuern", erklärte Leitl. |