Rendi-Wagner will Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab erstem Lebensjahr.
In Österreich ist das Armutsrisiko geringer als im EU-Schnitt. Auch hat sich die entsprechende Gefährdung in den vergangenen Jahren reduziert. Dennoch sind immer noch 1,5 Millionen Menschen bzw. 18 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen, zeigt die aktuelle EU-Vergleichsstatistik SILC, die am Dienstag präsentiert wurde.
Gegenlenken will das SPÖ-Regierungsteam mit der Förderung besonders betroffener Gruppen. So plädierte Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) bei der Berichts-Präsentation einmal mehr dafür, die Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose nun auch tatsächlich umzusetzen. Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) setzt auf einen Ausbau der Kinderbetreuung inklusive Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr, um die Erwerbsbeteiligung von Müttern zu erhöhen.
Frauen öfter von Armut betroffen
Warum hier Handlungsbedarf besteht, zeigen die von Statistik-Austria-Direktor Konrad Pesendorfer präsentierten Daten. Demnach sind Frauen öfter von Armut und Ausgrenzung betroffen als Männer und Jugendliche (42:32:23 Prozent). Auffällig ist, dass, je mehr Kinder vorhanden sind, umso größer die Gefährdung ist, speziell, wenn die Frau keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Auch zeigt sich, dass mehr Probleme auftreten, wenn die Kinder noch im Vorschulalter sind.
Für Rendi-Wagner ist dies Anlass, neben dem zweiten Gratis-Kindergartenjahr, das ab 2018 gelten soll, den massiven Ausbau der Kinderbetreuung vor allem bei den unter 3-Jährigen zu forcieren. Ebenfalls drängt sie auf bessere Öffnungszeiten und weniger Schließtage.
Stöger wiederum will die Umsetzung der in der Koalition festhängenden Aktion 20.000, mit der Langzeitarbeitslose in gemeinnützigen Organisationen oder Gemeinden geförderte Arbeitsplätze finden sollen. Der Sozialminister verwies darauf, dass 79 Prozent aus dieser Gruppe sozial gefährdet seien, daher entsprechende Maßnahmen gesetzt werden müssen.
Minimaler Rückgang
Insgesamt stellt sich die Situation in Österreich so dar, dass 18 Prozent der Bevölkerung gemäß EU-Berechnung als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet gelten. Das ist ein minimaler Rückgang gegenüber 2015, wo 18,3 Prozent zu der Gruppe gezählt wurden. Immerhin, der Wert lag auch schon einmal wesentlich höher, etwa 2008 mit 20,6 Prozent. Interessant ist der internationale Vergleich: Während in Österreich die Gefährdungsquote in diesem Zeitraum um 2,6 Prozent abnahm, blieb sie in der EU gesamt bei 23,7 Prozent stecken.
Das Land, in dem das Risiko zu verarmen am geringsten ist, ist laut der Erhebung Tschechien, gefolgt von Schweden und den Niederlanden. Während Österreich gleichauf mit Frankreich auf Rang sechs rangiert, ist die Armutsgefährdung in Griechenland, Rumänien und Bulgarien am höchsten. Dort sind zwischen knapp 36 (Griechenland) und gut 41 Prozent (Bulgarien) von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen.
Als erfreulich hervorgehoben wurde bei der Präsentation, dass in Österreich die sogenannte "materielle Deprivation" besonders stark zurückgegangen ist. So waren 2016 zwar 23 Prozent nicht imstande, unerwartete Ausgaben zu tätigen, 2008 aber noch 29 Prozent. Noch stärker ist die Verbesserung, was die Möglichkeit eines Urlaubs angeht. 2008 verneinten noch 28 Prozent, 2016 waren es nur noch 15 Prozent.