AUA mit deutlichen Passagierrückgängen
15.07.2009Die schwer angeschlagene Austrian Airlines (AUA), die zum Weiterbetrieb in jetziger Form die Übernahme durch die Deutsche Lufthansa braucht, hat im Juni und im ganzen ersten Halbjahr 2009 weitere deutliche Passagierrückgänge verbucht. Weil wegen der verschärften Krise in der Luftfahrt die Flugkapazitäten schon deutlich zurück genommen wurden, ging die Auslastung der AUA-Maschinen im Halbjahr im Schnitt "nur" um 3,1 Prozentpunkte auf 70,9 Prozent zurück, wie der Konzern bekannt gab.
Im Monat Juni ist die Zahl der beförderten Passagiere bei der AUA im Jahresabstand um 13,7 Prozent auf 885.300 gesunken. Zum Vergleich: Im Mai hatte es einen Rückgang um fast 13 Prozent gegeben.
Im Juni hat der AUA-Konzern das Sitzplatzangebot um fast 16 Prozent reduziert, in den ersten sechs Monaten um insgesamt 12,4 Prozent. Im ersten Halbjahr 2009 gab es einen Passagierrückgang um 14,3 Prozent auf 4,5 Millionen Fluggäste. Damit fiel der Passagierrückgang bei der AUA von Jänner bis Juni mehr als doppelt so stark aus wie bei der Deutschen Lufthansa, die einen Rückgang um 6,1 Prozent gemeldet und ihr Angebot um 2,5 Prozent reduziert hatte. Im Lufthansa-Konzern (Swiss, Lufthansa) hatte es ein Passagierminus um 4,8 Prozent gegeben.
Im Juni gab es bei der AUA auf den Langstreckenlinien den stärksten Einbruch (minus 25,1 Prozent), auch auf Osteuropastrecken gab es Rückgänge um 15 Prozent. Auf der Kurz- und Mittelstrecke beliefen sich die Passagierrückgänge auf 8,7 Prozent. Im Charter ging die Passagierzahl um 29,5 Prozent zurück.
Die Auslastung der Flugzeuge (Passagierfaktor) lag im Monat Juni bei 73 Prozent (minus 1,8 Prozentpunkte).
Vorstand: Stemmen uns mit Macht gegen Krise
Die AUA-Chefs Peter Malanik und Andreas Bierwirth sind von der schlechten Verkehrsentwicklung der ersten sechs Monate nicht überrascht. Weil man das Angebot zeitgerecht an die schwache Nachfrage angepasst habe, sei die Auslastung bei 70,9 Prozent "relativ stabil" geblieben, so der Konzern. "Wir lagen mit unserer Markteinschätzung richtig. Wir stemmen uns mit aller Macht gegen die Krise", schrieben die AUA-Vorstände am Mittwoch zur Vorlage der Verkehrszahlen Juni.
Sollte der Verkauf an die Lufthansa fehlschlagen, wäre laut Vorstand eine teure Redimensionierung mit massiven Personalschnitten nötig (Staatszuschussbedarf: jenseits der Milliarde Euro) und dann gleich wieder ein neuer Anlauf für einen Verkauf, ein Prozedere von zumindest wieder einem Jahr. Air France soll angeblich wieder interessiert sein, aber auch für die Franzosen hat sich das wirtschaftliche Umfeld verschlechtert.
Was betriebstechnisch nötig wäre in einem "Plan B": "Wir müssten aus der großen Abhängigkeit vom Transferverkehr raus", sagte AUA-Vorstand Malanik am Dienstagabend nach der AUA-Hauptversammlung vor Journalisten. Ein "gesunder" Transferanteil wäre dann bei etwa 20 bis zu 30 Prozent anzusetzen. Derzeit sind zwei von drei Passagieren Umsteiger, der Transferanteil liegt also heute bei 65 Prozent.
Das in Kraft befindliche Krisensparpaket für 2009 (Kurzarbeit, teilweiser Gehaltsverzicht, Flugzeug-Stillegungen etc.) im Volumen von 225 Mio. Euro wurde laut Malanik bereits "übererfüllt". Was dabei aber fehlt, ist die Nachhaltigkeit. "Man kann nicht auf Dauer kurzarbeiten". Um auf die rezessionsbedingten Nachfragerückgänge zu reagieren und tiefergreifend Kosten zu sparen, werden Konzernstruktur und Flotte weiter gestrafft, was bis Mitte 2010 rund 1.000 der knapp 8.000 Vollzeitstellen kostet.
Platzt der Lufthansa-Deal, regierte überhaupt der Rotstift. Ohne Partner gilt die AUA nicht mehr als überlebensfähig. Die AUA-Führung glaubt aber weiter an den Zusammenschluss mit den Deutschen.
AUA-Vorstand: Ende Juli muss nicht Deadline sein
In der AUA-Führung wurde am Dienstagnachmittag zwar "enormer Zeitdruck" im Verfahren um eine Übernahme durch die Lufthansa bestätigt. AUA-Vorstand Malanik ließ aber erkennen, dass der Termin 31. Juli keine unverrückbare Deadline zu sein braucht.
"Ich glaube, dass wir das alle im Juli noch hinbringen können", sagte Malanik nach der Hauptversammlung vor Journalisten. Es gebe diese Frist auch von der Übernahmekommission. Eine Verlängerung sei zwar schwierig, Signale gibt es bisher auch nicht. Aber "diese Deadline muss nicht unbedingt eine Deadline sein", sagte Malanik heute. "Es gibt da eventuell noch Möglichkeiten", deutete er an, ohne sich auf weitere Details einzulassen.
Malanik und sein Vorstandskollege Bierwirth bestätigten Szenarien von ÖIAG-Chef und AUA-Aufsichtsratschef Michaelis, wonach ein Platzen des Lufthansa-Deals und eine drastische Redimensionierung der AUA einen Kapitalbedarf von mehr als einer Milliarde Euro nach sich ziehen könnten. In erster Linie müsste man sich da an die Haupteigentümer (Republik) wenden. Ein solcher "Plan B" koste etwas. An ein Pleiteszenario will man nicht denken: "Kein Vorstand eines Unternehmens zieht eine Insolvenz als planbares Ereignis in Betracht", sagte Malanik.
Bierwirth zufolge müssten auch in einem "Plan B" verschiedene Szenarien geprüft werden. Malanik sieht in jedem Fall Bedarf an einem strategischen Partner: "Vor 20 Jahren konnte eine Fluggesellschaft unseres Zuschnitts alleine bestehen." Die AUA werde in Relation zu den Großen immer kleiner, das Umfeld habe sich verschärft.
Aber: "Wir glauben an Plan A, wir glauben an die Lufthansa", sagte Bierwirth.
Vorbehaltlich des Zustandekommens des Verkaufs an die Lufthansa hat die Hauptversammlung der AUA am Dienstag den Einzug der Lufthanseaten im Aufsichtsrat abgesegnet. 8 neue Aufsichtsräte wurden (bedingt) gewählt. In der Branche wird davon ausgegangen, dass Lufthansa-Konzernchef Wolfgang Mayrhuber gleich nach dem Closing in einer konstituierenden Aufsichtsratssitzung den bisherigen AUA-Präsidenten Michaelis an der Spitze des AUA-Kontrollgremiums ablöst.
Lufthansa lässt sich weiter nicht in Karten schauen
An ein Treffen von Lufthansa-Vorständen gestern Dienstagabend hat auch AUA-Aufsichtsratspräsident Michaelis Hoffnungen auf Fortschritte geknüpft. Inwieweit dort konkrete Zusagen an die EU-Kommission festgemacht oder auch Wege aus dem Zeitkorsett erörtert wurden, wurde bis zum Nachmittag nicht bekannt gegeben. Verhandlungen liefen in alle Richtungen auf Hochtouren, heißt es in informierten Kreisen.
Kommunizierbare Sachverhalte werden vorerst in Abrede gestellt. Die EU-Kommission hatte am Freitag beklagt, dass die Lufthansa bei ihrem am Freitag vom informellen auf formellen Rahmen gehobenen Angebot an Brüssel zur Abgabe von Start- und Landerechten hinter das Angebot aus dem Stufe-1-Prüfverfahren zurück gefallen wäre. Von den EU-Wettbewerbshütern war dies am Freitag als ungenügend bewertet worden.
Noch sind zweieinhalb Wochen Zeit, bis 31. Juli gilt das Angebot der Lufthansa für die AUA. Liegt bis dahin keine Freigabe aus Brüssel vor, kann die Lufthansa den Deal platzen lassen. Dass dieses Deadline nicht der Tod des AUA-Verkaufs an die Deutschen sein müsste, hat sich auch gestern, Dienstag, rund um die AUA-Hauptversammlung herauskristallisiert. Eine Verlängerung müsste aber das Placet der österreichischen Übernahmekommission erhalten.
Dass Air France KLM im Fall einer Neuausschreibung (wieder) an der AUA interessiert wäre, und dass die Brüsseler Beamten im Rahmen des Prüfverfahrens auch bei anderen internationalen Airlines nachgefragt haben sollen, ist für die nach wie vor am Zustandekommen des AUA-Lufthansa-Deals Verantwortlichen "obsolet", wie es zur APA hieß. Wenn der AUA-Deal mit den Deutschen platzt, müssten die Karten ohnedies neu gemischt werden, hieß es.
AUA-Sparpläne lassen Konflikt der Betriebsräte wieder aufflammen
Die neuen AUA-Sparpläne - vor allem bei der Tyrolean (Austrian Arrows) - lassen den Konflikt derzuständigen Betriebsräte wieder aufflammen. Die Betriebsratsvorsitzende des kaufmännisch-technischen Personals bei Tyrolean, Maria Gstaltmeyr, warf AUA-Bodenbetriebsratschef Alfred Junghans am Dienstag in einer Presseinformation vor, aus Angst um seine eigene Zukunft verhindere er "mit seinen gebetsmühlenartig verbreiteten Unwahrheiten" Entwicklung und Effizienz im Konzern.
Junghans hatte in einer Stellungnahme an die "Tiroler Tageszeitung" bekräftigt, mit der Tyrolean sei eine "geschützte Werkstätte mit "unnötigen Doppelstrukturen" aufgebaut worden. "Tyrolean fliegt für Austrian Airlines, trägt sonst kein Risiko und nutzt obendrein die AUA-Infrastrukturen gratis", erklärte Junghans laut dem Bericht. Außerdem verwehre er sich gegen "Panikaussagen" der Tiroler Politiker, bei denen es nicht um Arbeitsplätze, sondern "um die Pfründe der alten Feitl-Garde" gehe.
"Ohne die schlanken, effizienten Strukturen, die Kompetenz und Flexibilität von Tyrolean Airways mit bestens qualifizierten MitarbeiterInnen wäre die Expansion der vergangenen Jahre Richtung Zentral- und Osteuropa" nicht möglich gewesen, hält Gstaltmeyr dem entgegen. Tyrolean habe bisher sämtlichen wirtschaftlichen Analysen standgehalten und stelle "den Maßstab für hochprofessionelles und ökonomisches Arbeiten", wie das Beispiel Technik zeige.
Entgegen der Behauptung von Junghans werde zudem "jede von Tyrolean Airways in Anspruch genommene Infrastruktur von der AUA an die Tyrolean verrechnet". "Wenn Tyrolean die Wahl gehabt hätte, wären niemals so teure und teilweise ineffiziente Systeme angeschafft worden", betonte Gstaltmeyr mit Hinweis auf das EDV-Systeme. Tyrolean sei es von Jänner bis Mai 2009 durch Flexibilität und Gehaltsverzicht sogar gelungen, die Kosten im selben Ausmaß zu senken, wie die Produktion zurückgegangen ist. Die Querschüsse von Junghans seien lediglich "Ablenkungsmanöver, um von Missständen im eigenen Haus abzulenken".
Die AUA hat Anfang Juli bekannt gegeben, dass bis zu 400 der bis Mitte 2010 zu streichenden 1.000 Stellen bei der Tyrolean eingespart werden.