Den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) kommt ein Spekulationsgeschäft mit der Deutschen Bank über 612,9 Mio. Euro aus dem Jahr 2005 teuer zu stehen. Nach einem langen Rechtsstreit haben sich die Bahn und die Bank am Freitag (15. Jänner) verglichen, die Deutsche Bank erhält 295 Mio. Euro. Die Bahn verspricht, in Zukunft keine derartigen Geschäfte mehr zu machen.
Die 612,9 Mio. Euro wurden bereits in der Bilanz 2007 zu einem Teil und 2008 schließlich zur Gänze rückgestellt, belasten also die heurige Bilanz nicht mehr. Durch die teilweise Auflösung der Rückstellungen könne die ÖBB nun einen außerordentlicher Ertrag von über 300 Mio. Euro verbuchen. 2008 hatten die Bundesbahnen einen Verlust von fast einer Milliarde Euro eingefahren, darin enthalten auch 920 Mio. Euro auf krisenbedingte Sonderabschreibungen und Rückstellungen für Spekulationsgeschäfte.
Die Auflösung des Termingeschäftes erfolgte "nach Expertenmeinung zu einem marktgerechten Preis", hieß es von den ÖBB zur APA. "Damit sind für die ÖBB die mit diesem Geschäft verbundenen Risiken zur Gänze beseitigt", betonte ÖBB-Sprecher Alfred Ruhaltinger. Alle rechtlichen Auseinandersetzungen in diesem Zusammenhang werden beendet.
Mit der Beendigung des Spekulationsgeschäfts ist auch ein möglicher Anspruch auf eine Erfolgsprämie für den ehemaligen ÖBB-Chef Huber, in dessen Ära der Deal eingegangen worden war, endgültig hinfällig geworden, hielt Ruhaltinger fest. Die Erfolgsprämie wäre davon abhängig gewesen, dass das Geschäft für die ÖBB auch ein Geschäft sei, "aber das war's ja nicht". Laut ursprünglicher Vereinbarung hätte Huber gemäß Medienberichten ein "Erfolgshonorar" von 357.212,20 Euro erhalten sollen, wenn sich der Deal für die ÖBB ausgezahlt hätte.
Keine Spekulationen mehr
In Zukunft werden die ÖBB keine Spekulationsgeschäfte mehr eingehen, betonte der Sprecher. Das habe der Aufsichtsratspräsident bereits in Änderungen der Geschäftsordnung verankert.
Bei den komplizierten Spekulationsgeschäften handelt es sich um die 2005/06 erfolgte Übernahme von Kreditrisiken der Deutschen Bank. Als Gegenleistung für die Übernahme des Risikos in Höhe von 612,9 Mio. Euro sollte die ÖBB von der Bank bis 2015 jährlich etwa 3 Mio. Euro bekommen. Als sich herausstellte, dass das Kreditrisiko schlagend werden könnte, brachten die ÖBB am 17. Juli 2008 beim Handelsgericht Wien eine Klage gegen die Deutsche Bank ein. Die ÖBB-Anwälte machten im Prozess unter anderem geltend, die Bundesbahnen seien bei Abschluss des Finanzdeals irregeführt worden.
Die Geschäfte waren 2005 zunächst am zuständigen Vorstand vorbei angebahnt und im Herbst 2005 am Aufsichtsrat vorbei abgeschlossen worden, wie Aussagen vor Gericht nahelegten. Ein Rücktritt von dem Geschäft wäre damals zu Kosten von mehr als 10 Mio. Euro nachträglich noch möglich gewesen, erfolgte aber nicht. Die Causa führte 2008 zum Rückzug des Vorgängers von Finanzvorstand Josef Halbmayr, Erich Söllinger.
Zuletzt war die Bahn im Sommer des Vorjahres beim Oberlandesgericht Wien mit einer Klage gegen die Deutschen abgeblitzt. Der Rechtsstreit war teuer, das "WirtschaftsBlatt" berichtete im September 2009, dass bisher Prozesskosten von acht Millionen Euro angefallen seien.
Nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes hieß es von der Deutschen Bank, sie habe nun die Bestätigung, "dass wir bei Abschluss des Geschäfts mit der ÖBB einwandfrei gehandelt haben und dass die Klage der ÖBB unberechtigt ist. Die Deutsche Bank habe die ÖBB über den Inhalt und die Risiken der Geschäfte ausreichend informiert. Bei Vertragsabschluss habe sie über sämtliche Informationen verfügt, um eine genaue Risikoabschätzung der Geschäfte vorzunehmen. "Es lag also kein Irrtum vor", so ein Bankensprecher damals.
Auf die Bahn wartet heuer personell ein schwieriges Jahr, da zahlreiche Vorstandsmandate auslaufen. Das Postenkarussell dreht sich heuer wie zuletzt bei der ÖBB-Reform im Jahr 2004 unter der damaligen ÖVP/FPÖ-Regierung.
Bures: "Risiko halbiert"
Verkehrsministerin Doris Bures sieht in dem Vergleich zwischen den ÖBB und der Deutschen Bank nun alle Altlasten beseitigt. "Es ist gelungen, das Risiko zu halbieren, für die Zukunft sind Spekulationen ausgeschlossen", so Bures auf APA-Anfrage. Das riskante Spekulationsgeschäft fiel noch in die Amtszeit der ÖVP/FPÖ-Regierung unter dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Einen Zuschuss an die Bahn durch den Staat werde es in dieser Causa jedenfalls nicht geben, betonte Bures.
Die Forderung der Grünen, den Golden Handshake von kolportierten 800.000 Euro für den damaligen Bahnchef Martin Huber zurück zu fordern, lehnt die Bahn ab. Huber sah sich schon während seiner Amtszeit massiven Vorwürfen im Zuge von Immobilienprojekten ausgesetzt, entsprechenden Widerstand gab es schon damals gegen diese finanzielle Vergütung für den vorzeitigen Ausstieg von Huber. Damals meinte Bahn-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker, Manager, die per saldo gute Arbeit leisteten, sollten auch fair behandelt werden. Außerdem habe Huber keine 800.000 Euro erhalten, die Bahn spricht nun von einem halb so hohen Betrag.
Die Verkehrssprecherin der Grünen, Gabriela Moser, fordert Bures auf, die Golden Handshake-Vereinbarung mit Huber rückgängig zu machen, diese verwies wiederum auf Pöchhacker. Die Bahn selbst betonte, dass die Bilanz 2009 voraussichtlich mit einem Plus von 100 Mio. Euro abschließen werde, was auf die Auflösung der Rückstellungen für das nun beendete Spekulationsgeschäft zurück zu führen sei.