Die Lage um den deutschen Autobauer Opel wird immer undurchsichtiger. Die Opel-Mutter General Motors (GM) ist nun angeblich bereit, mehr als 1 Mrd. Dollar in den deutschen Autohersteller zu investieren. Das berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf eine informierte Person.
Ein solches Vorgehen könnte die Karten gänzlich neu mischen und wäre eine drastische Abkehr von der bisher bekannten GM-Position: Es galt als ausgeschlossen, dass der nach der Insolvenz vom US-Staat kontrollierte Konzern amerikanische Steuergelder ins Ausland pumpen würde. Die Wendung könnte auch die Spekulationen befeuern, GM spiele mit dem Gedanken, Opel doch noch zu behalten. Zudem sehe GM als eine Option, Opel in die Insolvenz gehen zu lassen, hieß es.
Außerdem geht GM dem Bericht zufolge davon aus, bei den Regierungen Spaniens, Großbritanniens und Polens rund 1 Mrd. Euro an Unterstützung für Opel einsammeln zu können. Diese Länder mit Opel-Standorten hatten sich unzufrieden mit einseitigen deutschen Finanzierungszusagen für den Autozulieferer Magna gezeigt, der Berlins Favorit für die Opel-Übernahme ist. Sie befürchten, dass die Werke in ihren Ländern stärker von Sparmaßnahmen betroffen sein könnten als die deutschen.
GM favorisierte bisher den in Belgien ansässigen Finanzinvestor RHJ International als Opel-Käufer. RHJ genießt jedoch nicht die Unterstützung der deutschen Bundesregierung. Im August hatte der GM-Verwaltungsrat eine Entscheidung über den Opel-Verkauf aufgeschoben, obwohl sich Konzernchef Fritz Henderson wie die Deutschen für Magna ausgesprochen hatte. GM glaube, dass die Bundesregierung überzeugt werden könne, Alternativen zur Übernahme durch Magna zu unterstützen, zitierte das "Wall Street Journal" seinen Informanten.
GM hält sich alle Optionen offen
Im Poker um Opel hält sich der bisherige Mutterkonzern GM weiter alle Wege offen. "Alle Optionen für eine zukunftsfähige Lösung für Opel werden geprüft", sagte eine Sprecherin von GM Europe auf Anfrage. Wie aus Konzernkreisen verlautete, gehört dazu nicht nur der Verkauf, sondern auch die Möglichkeit, Opel zu behalten oder insolvent gehen zu lassen. Nach einem Bericht des "Wall Street Journals" will GM angeblich Opel behalten und mehr als eine Milliarde Dollar (703 Mio. Euro) in den deutschen Autohersteller investieren.
Nach Angaben der GM-Sprecherin laufen weiterhin Gespräche mit allen Kaufinteressenten. Die Bieter sind der von der deutschen Bundesregierung favorisierte österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna und der Finanzinvestor RHJ International. "Der nächste Schritt in diesen Verhandlungen wird sein, dass der GM-Verwaltungsrat eine Empfehlung für einen Käufer ausspricht", sagte die Sprecherin. Das Gremium wird in der kommenden Woche (8./9. September) tagen.
RHJ hat Angebot nachgebessert
RHJ hatte zuletzt sein Angebot nachgebessert und fordert jetzt 600 Mio. Euro weniger Staatshilfen, die zudem schneller zurückgezahlt werden sollen. Dennoch sprach sich die deutsche Regierung am Mittwoch erneut für den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna als Investor für den Autobauer aus.
RHJ reichte das neue Angebot bei GM ein. Wie ein RHJ-Sprecher am Mittwoch bestätigte, sieht das nachgebesserte Offert staatliche Hilfen von 3,2 Mrd. statt zuvor 3,8 Mrd. Euro vor. Das Geld solle bereits 2013 statt 2014 zurückgezahlt werden. Außerdem will die Beteiligungsgesellschaft direkt zur Vertragsunterzeichnung 300 Mio. Euro Eigenkapital einbringen und damit 25 Mio.Euro mehr als bisher angeboten.
Magna will in Europa rund 10.500 Stellen abbauen. Dabei sollen in Deutschland 3.000 von 26.000 Stellen verschwinden, fast zwei Drittel davon in Bochum. Die vier deutschen Werke will Magna erhalten. RHJI will mit 9.900 zwar weniger Stellen in Europa streichen, davon allerdings 3.900 in Deutschland. Alle deutschen Werke sollen erhalten bleiben, aber der Finanzinvestor will das Werk in Eisenach bis Anfang 2012 für zwei Jahre stilllegen.
Kritik an GM
Der Chef der deutschen Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder (CDU), hat GM Führungslosigkeit im Ringen um Opel vorgeworfen. "Wenn ich jetzt erlebe, wie führungslos General Motors um eine Entscheidung für einen Opel-Investor ringt, traue ich dem Unternehmen überhaupt nicht mehr zu, vernünftige Autos zu bauen", sagte Kauder dem "Handelsblatt". "Denen traue ich auch nicht zu, eine Firma wie Opel voranzubringen."
Sollte sich der Konzern doch gegen einen Verkauf von Opel entscheiden, muss General Motors nach Kauders Einschätzung die Brückenfinanzierung in Höhe von 1,5 Mrd. Euro zurückzahlen. Die GM-Führung müsse die vor wenigen Monaten getroffene Vereinbarung einhalten und mit Magna einen Vertrag aushandeln.
Kreise: Kein Kurswechsel bei GM zu erkennen
Im Opel-Poker hat die deutsche Seite zurückhaltend auf Spekulationen über einen Strategiewechsel des US-Autokonzerns General Motors (GM) reagiert. Die Gerüchte würden von Kräften im GM-Verwaltungsrat, die gegen einen Verkauf des deutschen Autobauers Opel seien, gestreut, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur dpa aus deutschen Verhandlungskreisen. Um Klarheit zu bekommen, müsse man bis zu einer offiziellen Entscheidung des Verwaltungsrates warten.
Das Gremium will in der nächsten Woche erneut über Opel beraten. Nach Angaben des "Wall Street Journals" soll die bisherige Opel-Mutter GM bereit sein, mehr als eine Milliarde Dollar in Opel zu investieren. Nach dpa-Informationen muss das aber nicht bedeuten, dass GM alleiniger Eigentümer bleiben wolle. In den Kreisen hieß es, es werde häufig übersehen, dass GM auch bei einem Opel-Verkauf an Magna Anteile und Einfluss behalte.