IAA: Autobranche sucht Wege aus der Krise

01.09.2009

Ein einziges Wort reicht aus, um die Lage der Autobranche zu beschreiben: Katastrophal. Hinter den schnittigen Karosserien verbirgt sich die schlimmste Krise der Autoindustrie seit dem Zweiten Weltkrieg. Finanzkrise und Ökoschock, Rezession und Kreditklemme, hohe Rohstoffpreise und Rabattschlachten bilden eine explosive Mischung.

Zur Vollversion des Artikels
 
Zur Vollversion des Artikels

Noch können Kurzarbeitergeld und Verschrottungsprämie die Krise in Deutschland notdürftig verschleiern. Doch just zum Beginn der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA in Frankfurt (17.-27.9.) wird der Prämientopf leer sein. So wird sich auf der Messe die Frage stellen, wie es weitergehen soll.

"Die IAA 2009 wird zeigen, wie die Firmen aus der Talsohle herausfahren", hat der Präsident des deutschen Branchenverbandes VDA, Matthias Wissmann, angekündigt. Wenn das so einfach wäre. Vor zwei Herausforderungen steht die Autoindustrie. Erstens muss die Branche technologisch die Elektrifizierung der Antriebe schaffen, und das in möglichst kurzer Zeit. Ohne horrende, milliardenschwere Investitionen ist das nicht zu machen.

Rund 30 Mrd. Dollar (21 Mrd. Euro) Zusatzkosten kommen laut Studien bis 2015 weltweit auf die Hersteller zu, um den Schadstoffausstoß zu senken. Laut einer anderen Untersuchung dürften vor allem die Entwicklung und Produktion sparsamerer Verbrennungsmotoren sowie elektrischer Antriebe bis 2020 rund 114 Mrd. Euro verschlingen. Wem die Mittel fehlen, der könnte auf der Strecke bleiben.

"Die Neuordnung der Branche hat gerade erst begonnen", sagt Willi Diez vom deutschen Institut für Automobilwirtschaft. Die Zusammenarbeit von Fiat/Chrysler und VW/Porsche sei der Anfang, auch die Erzrivalen Mercedes und BMW müssten aneinanderrücken. Das schont den Geldbeutel, schadet aber dem Image. "Kooperationen sind Gift. Sie machen die Marke kaputt und zerstören das Vertrauen der Käufer", warnt Autoexperte Christoph Stürmer vom Prognoseinstitut Global Insight.

Das Zauberwort heißt Öko-Autos. Was auf der IAA vor zwei Jahren wie Zukunftsmusik klang, ist heute in vielen Fahrzeugen bereits Gegenwart wie Start-Stopp-Generatoren oder Bremsenergierückgewinnung. Alle namhaften Marken zeigen auf der IAA Kombinationen von Elektro- und Verbrennungsmotor (Hybrid) und Elektroautos. Doch der Elektroantrieb ist trotz des ganzen Hype noch Zukunftsmusik. "Das Elektroauto wird erst nach 2020 alltagstauglich und wettbewerbsfähig sein", sagt Autoexperte Diez. "Die grüne Revolution findet auf dieser IAA nicht statt."

Branche muss gesundschrumpfen

Zweitens steht außer Frage, dass die Branche schrumpfen muss. Mit jedem verkauften Auto verliert der Hersteller 1.800 Euro, rechnet die Beratungsgesellschaft Alix Partners vor. Seit Jahren plagen Überkapazitäten die Hersteller. Insbesondere in Europa werden Standorte trotz Überkapazitäten am Leben erhalten - oft mit Steuergeldern. Ein Beispiel ist das Gezerre um den Verkauf der bisherigen GM-Tochter Opel.

Viele Probleme sind hausgemacht. Zu sehr haben die Konzerne auf Wachstum um jeden Preis gesetzt und es versäumt, rechtzeitig spritsparende Modelle zu entwickeln. In jüngster Zeit hat die Branche ihre Kosten noch nicht dem zweistelligen Umsatzrückgang angepasst. Experten rechnen damit, dass die weltweite Nachfrage erst 2014 wieder das Niveau von vor der Krise erreicht.

Da bleibt nur eines: Werke dichtmachen. Die Unternehmensberatung Roland Berger schätzt, dass bis Ende 2010 im Autoland Deutschland mehr als 90.000 Stellen wegfallen werden. Die Branche hat derzeit rund 730.000 Mitarbeiter.

Fast alle deutschen Konzerne sind im ersten Halbjahr in die roten Zahlen gefahren. VW ist glimpflich davon gekommen, vor allem dank der Abwrackprämie. Die hilft aber nur beim Absatz kleinerer Wagen; Premiummarken wie Mercedes, BMW und Porsche profitieren kaum. Der Haken an der Sache: Im nächsten Jahr könnte der Absatz in Deutschland um fast ein Viertel auf 2,8 Mio. Autos sinken. "Die Folgen sind dramatisch", sagt Branchenkenner Ralf Landmann von Roland Berger.

Nur einer fühlt sich im Moment pudelwohl: Der Autokäufer. Mit der Abwrackprämie spendierte der Staat 2.500 Euro für den Kauf, wenn der alte Wagen verschrottet wird. Verbunden mit der Prämie haben die Verbraucher saftige Rabatte bekommen. "Das Rabatt-Niveau steigt immer noch und liegt im Schnitt bei 25 Prozent auf den Listenpreis", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Viele Händler haben aber mit Rabatten draufgezahlt und stehen jetzt vor der Insolvenz.

In der Krise liegt aber auch eine Chance. Die deutsche Autoindustrie ist immer noch wettbewerbsfähiger als viele Konkurrenten. Vier von fünf Autos verkaufen die heimischen Hersteller ins Ausland. Und da gibt es noch Wachstum, zum Beispiel in Asien, wo Inder und Chinesen bisher fast ausschließlich Billigautos entwickeln.

Zur Vollversion des Artikels