Nach 18 Jahren
Opel erstmals wieder in der Gewinnzone
27.02.2019Deutscher Autobauer fährt unter PSA 280 Mio. Euro operativen Gewinn ein.
Nach 18 verlustreichen Jahren hat Opel erstmals wieder einen Gewinn eingefahren. Das erste volle Geschäftsjahr unter Führung der neuen Konzernmutter PSA aus Frankreich endete mit einem operativen Gewinn von 859 Millionen Euro, wie PSA-Chef Carlos Tavares (im Bild links mit Opel-Chef Michael Lohscheller) in Rueil-Malmaison bei Paris berichtete.
Aus der 2018er-Kennzahl sind aber Zinsen, Steuern und einmalige Sanierungskosten herausgerechnet. Ungeachtet der positiven Zahlen geht der Streit um die Zukunft der deutschen Standorte weiter.
Die frühere General-Motors-Tochter Opel hatte mit ihrer britischen Schwestermarke Vauxhall 1999 letztmals einen Jahresgewinn ausgewiesen und in der "dunklen Periode" rund 19 Mrd. Euro Verlust angehäuft, wie Tavares betonte. Von August bis Dezember 2017 gab es noch einmal einen Verlust von 179 Mio. Euro.
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PSA mit den Stammmarken Citroen, Peugeot und DS führt Opel seit August 2017. Opel habe mit seinem Sanierungsplan die Grundlage für eine nachhaltige Zukunft gelegt und werde "weiteres Potenzial freisetzen", erklärte der Konzernchef. Der Umsatz der Gruppe stieg um 18,9 Prozent auf 74 Mrd. Euro. Auf Opel entfiel ein Umsatz von 18,3 Mrd. Euro. Der Nettogewinn der PSA-Gruppe wuchs um 40,4 Prozent auf 3,3 Mrd. Euro.
Die IG Metall forderte Opel nach den Gewinnmeldungen auf, nun Klarheit über die Auslastung der deutschen Werke zu schaffen. "Der ausgewiesene operative Gewinn von 859 Mio. Euro muss jetzt Ausgangspunkt dafür sein, endlich mit den Betriebsräten über die dringend notwendigen Investitionen für Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach zu verhandeln", verlangte der Chef des Gewerkschaftsbezirks Mitte, Jörg Köhlinger. Betriebsräte und die Beschäftigten wüssten weiterhin nicht, wie die mittelfristige Planung für die Werke aussehe und mit welchen Modellen und Teilen die Standorte ausgelastet werden sollen.
Zuletzt herrschte auch unter den mehr als tausend Mitarbeitern im Opel-Werk in Wien-Aspern Verunsicherung. Betriebsrat und Gewerkschaft sahen den Standort durch den drastischen Sparkurs des vom französischen PSA-Konzern übernommenen deutschen Autobauers in Gefahr. Sie klagen gegen einen bereits erfolgten Lohnverzicht, weil sich die Geschäftsführung nicht an Abmachungen halte, teilten sie vor zwei Wochen mit.
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"Der Opel-Blitz strahlt wieder kräftig. Opel ist wieder eine Gewinnermarke", jubelte der deutsche Opel-Chef Michael Lohscheller in Rüsselsheim. Nach Abzug der Restrukturierungskosten bleibe ein operativer Gewinn von rund 280 Millionen Euro, relativierte Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer die Zahlen. Der Direktor des Car-Instituts an der Universität Duisburg-Essen lobte die bereits erreichten Kostenreduzierungen, die allerdings erst die Hälfte des Weges bedeuteten. "Opel hat weiterhin ein Absatzproblem, das sieht man am unverändert hohen Anteil der Eigenzulassungen." Privatleute entschieden sich immer seltener für einen fabrikneuen Opel. Auch müssten die im Vergleich zu Peugeot nach wie vor höheren Personalkosten weiter sinken. "Das Ende der Kostenschraube ist bei Opel noch lange nicht erreicht", meinte Dudenhöffer.
Unter der neuen Muttergesellschaft soll Opel wieder nach Russland zurückkehren, von wo man sich zu GM-Zeiten 2015 wegen einer Absatzkrise zurückgezogen hatte. PSA will außerhalb von Europa in den nächsten Jahren deutlich mehr Autos verkaufen, dazu werde Opel in Russland, Peugeot in Nordamerika und Citroën in Indien antreten, teilte der französische Konzern weiter mit. Opel will ausschließlich mit neuen Modellen auf den russischen Markt zurück. "Wir werden dort ausschließlich Fahrzeuge anbieten, die bereits auf PSA-Plattformen stehen", sagte Vorstandschef Lohscheller.
Tavares griff wegen der Probleme beim geplanten Teilverkauf des Rüsselsheimer Entwicklungszentrums die IG Metall an. Er warf der Gewerkschaft vor, den Plan für einen Übergang von 2.000 Leuten zum Ingenieurdienstleister Segula zu blockieren und damit letztlich die Jobs zu gefährden. "In einer 38-jährigen Karriere in der Autoindustrie in der ganzen Welt habe ich nie eine Lage erlebt(...), in der ein Gewerkschaftspartner nicht dafür kämpft, 2.000 Jobs zu sichern", sagte Tavares.
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Es fehle an Absicherungen für die Arbeitnehmer, erklärte dazu ein Sprecher der IG Metall in Frankfurt. So müssten die Wechsler zu Segula wie die rund 5.000 verbleibenden Opel-Ingenieure vor Kündigungen bis 30. Juni 2023 geschützt werden. Dazu gehöre auch eine Regelung für den Fall eines wirtschaftlichen Misserfolges der Segula GmbH. Dieses Risiko dürfe nicht auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden. Nach Angaben beider Seiten ist für den Segula-Deal eine Einigungsstelle zwischen Unternehmen und Betriebsrat eingesetzt, der ein ehemaliger Arbeitsrichter vorsitzt.
Opel-Chef Lohscheller kündigte eine weiterhin strikte Produktionsplanung an, die sich an realisierbaren und profitablen Verkäufen orientiere. "Wir haben unsere Fahrzeugbestände im vergangenen Jahr deutlich reduziert und werden auch in Zukunft nicht auf Halde produzieren." Konkrete Produktionsplanungen für die deutschen Werke in Eisenach, Rüsselsheim und Kaiserslautern nannte er nicht. Vor wenigen Tagen hatte PSA mitgeteilt, den nächsten Opel Mokka in Poissy bei Paris zu montieren.
Mit Sorgen blickt das Unternehmen zudem auf den möglichen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. "Natürlich ist die fehlende Planungssicherheit in Großbritannien eine Belastung für die gesamte Branche", sagte Lohscheller. "Sollten künftig Zölle erhoben werden, würden natürlich die Kosten in unseren britischen Werken steigen. In diesem Fall müssten wir dann auch unsere Preise anpassen." Tavares betonte die Möglichkeiten der als sehr britisch empfundenen Opel-Schwester Vauxhall, die ihr Geschäft 2018 gut stabilisiert habe. Sie werde nach dem Brexit vielleicht die "Überlebende" auf dem britischen Automarkt sein.