Die ÖBB haben zwar sehr viele Sonderangebote für ihre Kunden. Diese werden aber ohne Konzept gestartet, "ein wirtschaftlicher Nutzen war mangels Planungsrechnungen und aussagekräftiger Evaluierungen nicht nachweisbar" heißt es in einem am Donnerstag (25. Februar) veröffentlichten Bericht des Rechnungshofes. Ein "nennenswerter Effekt" auf Image oder Kundenzufriedenheit des ÖBB-Personenverkehrs "war nicht gegeben". Die Bahn weist die Vorwürfe zurück.
Alleine 2008 gab es nach Zählung des Rechnungshofes 241 verschiedene Sonderangebote. In den ÖBB gab es keine Übersicht über die Sonderpreisprodukte, halten die Prüfer fest. In ihrer Stellungnahme zum RH-Bericht gehen die ÖBB hingegen von 54 Sonderangeboten aus. Damit wurden 21 Mio. Euro Umsatz erwirtschaftet, also 7 bis 8 Prozent des gesamten Erlöses aus Ticketverkäufen. Aber zwei Drittel des Umsatzes aus Aktionen entfiel auf nur drei Angebote (SparSchiene, EURegio und Jugendaktion).
Für Kunden wie auch für ÖBB-Mitarbeiter sei es "schwierig - wenn nicht unmöglich" gewesen, einen Überblick über die Angebote zu bekommen. Und "die ÖBB verfügte in ihrem Vertriebssystem über keine Bestpreisfunktion" hält der RH-Bericht fest. Das erschwere dem Kunden, das für ihn günstigste Ticket zu erhalten. Dabei lagen manche Sonderpreise (EURegio, SparSchiene) bei 30 Prozent des Normalpreises und damit deutlich unter dem Preis für Vorteilstickets. Eine Erhebung aus 2006 habe gezeigt, dass 10 Prozent der Fahrkartengattungen 95 Prozent des Umsatzes machten.
Insbesondere die unter anderen mit Ruth Drexel prominent beworbenen Seniorenaktionen führten teilweise zu überfüllten Zügen und damit zu Unzufriedenheit bei anderen Kunden, die den Normalpreis zahlten. Das Angebot für EURegio führte dazu, dass Tickets von Wien bis zur österreichischen Grenze (Retz oder Marchegg) 30 bis 60 Prozent teurer waren als über die Grenze hinaus nach Znaim oder Bratislava.
Keine Kostenabschätzung
Die ÖBB wussten in der Regel nicht einmal, was sie eine Sonderaktion kostet, weil sie nur externe Werbekosten und Zugverstärkungen berücksichtigte, nicht aber Personalkosten. "Eine auch nur überschlagsmäßige Kostenabschätzung lag für die Sonderpreisprodukte nicht vor", so der RH.
Auch die Werbung wurde offenbar nur teilweise kontrolliert. Eine Werbekampagne über 917.000 Euro für die Seniorenaktion im Frühjahr 2008 wurde vom zuständigen Vorstand nie genehmigt, der Auftrag "unter Missachtung der Bestellungsvorschriften" nicht schriftlich erteilt. Die ÖBB hatte im Vorfeld auch "nicht erhoben, ob das Marktpotenzial eine derart aufwändige Kampagne rechtfertigte". Obwohl die Nutzwertanalyse früherer Seniorenaktionen sehr schlechte Ergebnisse zeigte und die Zahl der im Rahmen dieser mehrfach wiederholten Aktion verkauften Vorteilskarten rückläufig war, wurde das Programm im Herbst 2008 erneut angeboten.
Vertragspartner für Kombi-Angebote und Eventtickets wurden "überwiegend" nicht aktiv ausgesucht. Kleine und "weniger attraktive" Partner habe die ÖBB nicht abgewiesen, "weil sie den Aufwand, ein zusätzliches Ticket anzubieten, als geringer einschätzt, als einen kooperationswilligen Partner zurückzuweisen". Während die ÖBB für die Aktionen warb und Links zu den Partner-Homepages setzte, waren diese zu keinen entsprechenden Maßnahmen verpflichtet. "Eine Gesamtstrategie zur Auswahl von Partnern für Kombitickets existierte nicht" schreibt der Rechnungshof.
Bahn verteidigt Aktion
Die ÖBB beurteilt ihre Vielzahl an Sonderangeboten naturgemäß deutlich positiver als der Rechnungshof. Ziel der Maßnahmen war aus Unternehmenssicht vor allem, zusätzliche Kunden zu gewinnen und in der Konkurrenz mit billigen Flugtickets oder Bussen keine Fahrgäste zu verlieren. Marktforschungen hätten danach durchaus positive Imageveränderungen für die ÖBB-Personenverkehr gezeigt.
So zeigen Zahlen des Unternehmens, dass die Umsätze aus Ticketverkäufen in den Jahren nach Einführung der Sonderaktionen deutlich gestiegen sind, ohne dass der Anteil der Sonderaktionen zunahm. Das sei auch auf die Sonderangebote zurückzuführen, meinen die ÖBB. Günstige Tickets seien vor allem dafür da, das Reisebedürfnis zu stimulieren und auf die Bahn aufmerksam zu machen.
Die ÖBB bündeln ihre Spezialangebote auch anders als der Rechnungshof, der auf 241 verschiedene Aktionen kommt. Das System sei bei weitem nicht so komplex wie vom Rechnungshof angenommen, meinen die ÖBB, die nur 54 solche "Preismarken" gebildet haben will. Diese will die Bahn um ein Drittel reduzieren. Dahinter stehe sehr wohl eine klare Linie, die Differenzierungen seien bewusst gewählt. Eine "Bestpreisfunktion" zur Errechnung des günstigsten Angebots für einen spezifischen Bedarf, wie vom Rechnungshof verlangt, sei aber aufgrund der hohen Komplexität und den Verträgen mit Verkehrsverbünden nicht machbar.
Ein Spezialfall ist offenbar die nicht genehmigte Werbelinie. Das zuständige Vorstandsmitglied, inzwischen aus dem Unternehmen ausgeschieden, war offenbar in die Vorbereitung der Aktion eng eingebunden. Warum dennoch die formale Genehmigung nicht erteilt wurde, bleibt vorerst unbeantwortet.