Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) müssen in nächster Zeit härtere Sparmaßnahmen ergreifen. Zu diesem Schluss kommen laut einem Bericht der Tageszeitung "Die Presse" die Unternehmensberater von Roland Berger in einem Zwischenbericht über den Zustand des Bahnkonzerns.
Das Papier warnt vor einem echten wirtschaftlichen Desaster, sollten nicht bald "signifikante Maßnahmen" zur Gegensteuerung ergriffen werden. "Bedingt durch die Wirtschaftskrise erfolgt im ÖBB-Konzern z.T. bereits 2009 ein signifikanter Ergebniseinbruch (...), zusätzlich sind negative Auswirkungen aus der Liberalisierung (ab 2010, Anm.) zu erwarten", heißt es laut Presse.
"Signifikante Lücken" beim EBIT
Vor allem bei den im Konzern gesteckten Ergebniszielen (vor Zinsen und Steuern, EBIT), bestünden "signifikante Lücken", die dringend geschlossen werden müssten. Andernfalls drohe wie schon im Vorjahr eine massive Abwertung des Konzernvermögens. Im Personenverkehr klafft zwischen dem Ziel-Ebit für 2011 von 131 Mio. Euro und der Realität eine "Lücke" von über 50 Mio. Euro. Beim Güterverkehr, wo bis 2011 ein Ebit von 61 Mio. Euro angestrebt wird, mache sie sogar 170 Mio. Euro aus. Und der Infrastruktur AG fehlen noch 21 Mio. Euro, um das Ziel von 617 Mio. Euro Ebit zu erreichen.
Die Berater drängen auf die Einstellung etlicher teurer und wirtschaftlich unergiebiger Nebenbahnen ("Rückzug aus der Fläche") - ein Vorhaben, das bisher stets am Veto der Landespolitiker gescheitert ist. Weiters soll der Bereich Verschub zentralisiert werden. Auch die Milliarden-Investitionsvorhaben bei den ÖBB gehören nach Ansicht von Roland Berger deutlich zusammen gestutzt. Und nicht zuletzt werden auch spürbare Sparmaßnahmen im Bereich Personal und bei den Einkaufskosten gefordert.
Roland Berger ist laut dem Bericht Ende Juni von den ÖBB beauftragt worden, den geplanten Konzernumbau zu begleiten.
ÖBB-Finanzvorstand gibt sich bedeckt
Der Finanzvorstand der ÖBB, Josef Halbmayr, will einen alarmierenden Zwischenbericht der Unternehmensberater von Roland Berger zum Zustand des Konzerns nicht kommentieren. Der Aufsichtsrat der Holding werde nächsten Dienstag über die Vorschau-Zahlen für 2009 informiert, sagte Halbmayr am Rande einer Veranstaltung in Wien. Weitere Sonderabschreibungen auf Anlagevermögen in Folge der Krise sind nicht zu erwarten, versichert er. 2008 waren diese für fast 40 Prozent des EGT-Verlustes von 969 Mio. Euro verantwortlich.
Halbmayr will die von der "Der Presse" lancierten Zahlen nicht bestätigen, ebensowenig wie die kolportierten Verluste der Güterverkehrstochter Rail Cargo Austria (RCA). Nur soviel: Die RCA sei "jener Bereich der von der Wirtschaftskrise am unmittelbarsten betroffen ist". Der Rückgang in der Industrie treffe die Bahn doppelt, einmal bei der Anlieferung und einmal beim Abtransport.
Nach einem Bericht des "Standard" soll in den ersten sieben Monaten ein Betriebsverlust (Ebit) von 58,9 Mio. Euro eingefahren worden sein, nach 22,4 Mio. Euro bis Ende Juli im Vorjahr. Im Gesamtjahr drohe ein Verlust von 90 Mio. Euro. Der Umsatz liege im Zeitraum mit 1,24 Milliarden Euro bereits um 178 Mio. Euro hinter dem im Jahr 2008 erwirtschafteten Gesamtumsatz. Laut dem Bericht wird nun eine Verlagerung von Transporten von der kostenseitig teuren Schiene auf die deutlich billigeren ÖBB-eigenen Lkw diskutiert.