Überraschende Annäherung zwischen GM und Opel

04.12.2009

Nach einer heftigen Auseinandersetzung über die Zukunft von Opel schlagen die Opel-Mutter General Motors und die Beschäftigten des Autobauers nun einen deutlich versöhnlicheren Kurs ein. Während der von GM entsandte Opel-Sanierer Nick Reilly Abstand vom geplanten Stellenabbau im Entwicklungszentrum in Rüsselsheim nahm, signalisierte Betriebsratschef Klaus Franz Bereitschaft für Lohnzugeständnisse der Mitarbeiter.

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Beide hatten auf einer Betriebsversammlung am Opel-Stammsitz vor etwa 9.000 Beschäftigten gesprochen und waren danach gemeinsam vor die Presse getreten. Bis vor kurzem hatten sich Reilly und Franz noch einen öffentlichen Kampf geliefert und gemeinsame Auftritte gemieden. Noch vergangene Woche hatte der Franz dem Management eine chaotische Unternehmensführung vorgeworfen und mit rechtlichen Schritten gedroht.

Nun scheinen beide ihr Kriegsbeil begraben zu haben: Wenn es um die Zukunft von Opel gehe, hänge sehr viel an der Person von Nick Reilly, sagte Franz. "Er verkörpert für mich New GM." Die Sanierung von Opel wollten die Arbeitnehmervertreter nun gemeinsam mit dem GM-Management angehen. "Wir brauchen keine Pro Familia, wenn die Tochter wieder zur Mutter zurück soll."

Zu Zugeständnissen bereit

Die Mitarbeiter seien grundsätzlich zu Zugeständnissen an GM bereit. Er wolle in den Verhandlungen dort ansetzen, wo er in den Gesprächen mit dem Opel-Bieter Magna aufgehört hatte. Mit dem Zulieferer hatten sich die Beschäftigten bereits auf Zugeständnisse über 265 Mio. Euro pro Jahr geeinigt. Berichten zufolge soll davon der größte Teil von der deutschen Belegschaft getragen werden. Hier arbeitet etwa die Hälfte der europaweit 50.000 Mitarbeiter.

Auch Reilly blieb seinen Teil der Versöhnungsrede nicht schuldig. Am Ende der Verhandlungen mit den Mitarbeitern sei die geforderte Umwandlung von Opel in eine Aktiengesellschaft möglich, stellte er in Aussicht. Von diesem Schritt erhofft sich der Betriebsrat mehr Unabhängigkeit für Opel. Zudem solle das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim als wichtiger Bestandteil von GM in Europa erhalten bleiben. Nach Angaben von Franz nimmt GM Abstand von dem dort geplanten Abbau von 548 Stellen.

Laut Franz gibt es für Opel künftig keine Restriktionen, auf den globalen Märkten präsent zu sein. Damit kommt der US-Mutterkonzern General Motors einer Forderung des Opel-Betriebsrates nach. Bisher verwehrte GM Opel den Zugang zu wichtigen Märkten unter anderem in Asien und Nordamerika. Damit sollte der Konkurrenzkampf unter den GM-Konzernmarken verhindert werden.

Restrukturierungsplan bis Dezember

Die Annäherung dürfte die Sanierung von Opel erleichtern. Reilly will bis Mitte Dezember einen Restrukturierungsplan für Opel vorlegen. Dabei ist GM auf Zugeständnisse der Mitarbeiter angewiesen, um Opel langfristig profitabel zu machen. Europaweit könnte der Arbeitsplatzabbau auch geringer als die veranschlagten rund 9.000 Stellen ausfallen, erklärte Reilly. In dem aktuellen Plan ist Kreisen zufolge ein Abbau von rund 8300 Stellen vorgesehen. Fragen zur Zukunft des Werks in Antwerpen, das dem Plan zufolge geschlossen werden soll, wich Reilly aus.

Zur Sanierung von Opel will GM auch Staatshilfen in Anspruch nehmen. Ob der Konzern dafür wie zuvor erklärt 2,7 Mrd. Euro benötige, sei noch nicht sicher, sagte Reilly. Bisher habe er jedoch positive Signale erhalten, sowohl von der deutschen Regierung als auch von anderen europäischen Staaten. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hatte das GM-Konzept am Donnerstag aber noch als unzureichend zurückgewiesen.

Im Anschluss an die Betriebsversammlung reist Reilly nach Brüssel, um dort bei einem Treffen der EU-Wirtschaftsminister über Opel zu beraten. Auch dort dürften die Staatshilfen Thema sein. Am kommenden Montag will Betriebsratschef Franz in Detroit direkt mit GM-Verwaltungsrats- und Konzernchef Ed Whitacre über die Sanierung von Opel sprechen. Er habe Whitacre um das Gespräch gebeten. Dieser habe ihn daraufhin nach Detroit eingeladen, sagte er.

Brüderle sieht Staatshilfen weiter skeptisch

Deutschlands Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sieht Staatshilfen für den deutschen Autobauer Opel weiterhin kritisch. "Ich bin der Auffassung, dass (der Opel-Mutterkonzern) General Motors in der Lage ist, seine Aufgaben selbst zu lösen", sagte Brüderle vor einem Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen in Brüssel. An dem Treffen nehmen auch Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes und Industriekommissar Günter Verheugen teil.

Mit der Absprache auf EU-Ebene soll sichergestellt werden, dass es kein gegenseitiges Überbieten der europäischen Regierungen bei Finanzhilfen für Opel gibt. Ein solcher "Subventionswettlauf" könnte entstehen, um eigene Standorte zulasten der Werke in anderen EU-Ländern zu retten. Die Europäische Kommission ist die oberste Wettbewerbsaufsicht in Europa und entscheidet über die Zulässigkeit von Staatsbeihilfen.

"Ich setze voll auf die Europäische Kommission", sagte Brüderle. "Wir haben grundsätzlich ein Beihilfeverbot im Binnenmarkt. Es gibt nur in begründeten Ausnahmefällen Genehmigungen dafür." Beihilfen dürften weder an die Zahl der Arbeitsplätze noch an den Standort einer Fertigung gebunden sein.

Auch Opel-Europa-Chef Nick Reilly wurde in Brüssel erwartet, der sich am Vormittag in Rüsselsheim Fragen der Belegschaft gestellt hatte.

Reilly bleibt GM-Europa-Chef

Der zunächst nur vorübergehend als GM-Europa-Chef eingesetzte Nick Reilly bleibt auf diesem Posten. Der 59-Jährige wurde am Freitag (4. Dezember) zum neuen Präsidenten von General Motors Europe ernannt und ist damit auch künftig für Opel und die Schwestermarke Vauxhall verantwortlich. Reilly werde seine eigentliche Funktion als Leiter des internationalen Geschäfts aufgeben, teilte General Motors in Detroit mit.

Die Ernennung erfolgt im Rahmen eines Management-Umbaus, den der neue GM-Chef Edward Whitacre angestoßen hat. Reilly war Anfang November eingesetzt worden, um Opel und Vauxhall nach dem geplatzten Verkauf an den Zulieferer Magna wieder auf Kurs zu bringen.

"Ich freue mich außerordentlich, dass ich Opel und Vauxhall durch diese schwierige Zeit in eine langfristig erfolgreiche Zukunft steuern darf", sagte Reilly laut Mitteilung. "Wir haben viele Herausforderungen vor uns; es ist keine einfache Aufgabe, aber ich bin davon überzeugt, dass alles vorhanden ist, um erfolgreich zu sein."

Reilly kommt nach acht Jahren in Asien wieder nach Europa zurück. Der gebürtige Waliser war dort zunächst für die Restrukturierung des ehemaligen GM Daewoo Geschäfts zuständig. Im Anschluss war er Präsident von GM Asia-Pacific, und zuletzt Präsident von GM International Operations.

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