Beratungsqualität in Apotheken verbesserungswürdig

26.08.2009

Fazit der österreichischen Konsumentenschützer: "Trotz einiger Lichtblicke lässt die Beratungsqualität in österreichischen Apotheken (...) nach wie vor zu wünschen übrig." Testkäufer des VKI haben nach zwei ähnlichen Erhebungen im Jahr 2006 und im Jahr 2008 in Wien und in Tirol nun 31 öffentliche Apotheken in sieben österreichischen Bundesländern (Landeshauptstädte) aufgesucht.

Zur Vollversion des Artikels
 
Zur Vollversion des Artikels

Die Tester gaben an, zu Hause ein zweijähriges Kind mit Fieber etc. zu haben bzw. möglichst schnell Gewicht abnehmen zu wollen. Die Erfahrungen werden in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift "Konsument" publiziert. Die Konsumentenschützer empfehlen, mit solchen Fragen doch eher gleich zum Arzt zu gehen.

Der erste "Fall": Mit Hinweis auf ein Plakat der österreichischen Apothekerkammer, das ein Baby und folgenden Slogan zeigt "Husten, Schnupfen, erhöhte Temperatur, ... Ich mach schnell einen Sprung in die Apotheke im Ort", besuchte eine Testkäuferin die Apotheken. Sie sei auf Besuch mit ihrer zweijährigen Tochter im Ort. Das Kind leide unter Fieber, Schnupfen, dickem Hals mit angeschwollenen Lymphknoten und Halsweh (auf Anfrage: 39 Grad Fieber). Das Kind hätte im Winter eine Angina gehabt, die wegen später Antibiotikagabe schwer verlaufen sei. Die Frau fragte um ein fiebersenkendes Mittel, einen Nasenspray und ein Antibiotikum an.

Anamnese vernachlässigt

Dazu die Anmerkungen in "Konsument": "Mutter und Kind wären nach wie vor beim Arzt besser aufgehoben als in der Apotheke. Gegenüber unseren letzten Tests konnten wir bei der Beratungsqualität nur geringe Fortschritte erkennen. Noch immer wird die Anamnese (Fragen zur Vorgeschichte der Erkrankung) vernachlässigt. (...) In 16 Fällen wurden rezeptfreie Nasentropfen verkauft. Kein einziger Apotheker erkundigte sich jedoch, welches Präparat bisher angewendet worden war. 26 Mal wurde unserer Testperson zusätzlich mindestens ein fiebersenkendes Medikament ausgehändigt. Da unser kleiner Patient noch nicht drei Jahre alt ist, wäre für alle verkauften Präparate ein ärztliches Rezept notwendig gewesen." Antibiotika wurden trotz Nachfrage nicht verkauft.

Beim möglichst schnellen Abnehmen wurde eine 64-jährige Testperson mit einer Größe von 1,55 Mete rund einem Gewicht von 79 Kilogramm (BMI: 32,9) vorstellig. Die Konsumentenschützer: "Bezüglich Schlankheitsberatung fiel das Ergebnis zwar etwas besser aus als beim letzten Test in Tirol, insgesamt muss die Beratungskompetenz allerdings auch auf diesem Gebiet immer noch als mangelhaft bezeichnet werden."

Der Wunsch auf schnellen Gewichtsverlust hatte jedenfalls Konsequenzen. Die Zeitschrift auf der Basis der Testkäufe: "29 Mal verließ unsere Testerin die Apotheke mit größtenteils zweifelhaften Produkten. In einem weiteren Fall wäre ein Verkauf erfolgt, wenn die Testperson die Lieferung des Mittels abgewartet hätte (zwei Stunden Lieferzeit)." Nur in einer Grazer Apotheke sei nichts abgegeben, sondern auf die Weight Watchers hingewiesen worden.

Sonst kam es offenbar oft zum Verkauf des Schlankheitsmittels "alli", eine nunmehr rezeptfrei erhältliche Formulierung von Orlistat in geringerer Dosis als das rezeptpflichtige Medikament. Die Konsumentenschützer: "Am häufigsten wurde unserer Testerin alli verkauft. Das Präparat mit dem Wirkstoff Orlistat ist seit heuer auf dem Markt und wird als Neuheit stark beworben. (...) Teilweise fühlte sich unsere Testerin wie in einer Verkaufsveranstaltung für das Mittel."

Salzburger Apothekerkammer wehrt sich gegen Pauschalisierung

Die Österreichische und die Salzburger Apothekerkammer verwiesen in einer Reaktion darauf, dass ein Gegenmittel nur vermehrte Schulungen sein könnten. Testkäufe würden aber immer nur ein sehr begrenztes Schlaglicht auf die Realität werfen.

"Wir nehmen die Aussage der Zeitschrift 'Konsument' natürlich ernst und werden dieses Ergebnis intern ausführlich besprechen", erklärte Heinrich Burggasser, Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, in einer Aussendung. Bereits in den Jahren 2006 und 2008 seien Apotheken gezielt getestet worden. Dabei wäre ein positiver Trend zu erkennen. Natürlich wollten Apotheker ihre Kunden gut beraten. Offenbar gäbe es allerdings Situationen, in denen die dieses Wissen nicht optimal in die Kundenberatung einbauen würden. "Den positiven Trend in der 'Konsument'-Beurteilung führe ich auch auf die zahlreichen Schulungen zurück. Allerdings werden wir den Schwerpunkt nun in Richtung Kommunikation mit den Kunden weiter ausbauen", so Burggasser. In den Apotheken würden täglich hunderttausende Kunden zu ihrer Zufriedenheit beraten. Die 1.246 österreichischen Apotheken wären auf der anderen Seite "beliebte Testobjekte" verschiedenster Einrichtungen, wobei die Ergebnisse jeweils unterschiedlich ausfielen.

"Eines ist klar: Ein pauschales Urteil über die Arbeit aller 79 Salzburger Apotheken lässt sich durch diese vereinzelten Tests nicht ziehen", reagierte Salzburgs Apothekerkammer-Vizepräsidentin Kornelia Seiwald auf das VKI-Testurteil zu fünf Salzburger Apotheken. Die Standesvertreterin weiter: "Aber wir müssen besser werden, wenn es um die Kommunikation mit dem Patienten, um das Nachfragen über den Krankheitsverlauf und die Krankheitsgeschichte geht. Unabhängig davon, ob die Apotheke voll ist, ob es kurz vor 18.00 Uhr oder vor dem Wochenende ist." Man habe in dem Bundesland ein Qualitätsmonitoring gestartet, weiters werde es ab Herbst für alle Salzburger Apotheken neue Schulungsangebote geben.

Zur Vollversion des Artikels