Italiens Regierung forciert ihre Pläne zum Wiedereinstieg des Landes in die Nutzung der Atomenergie - auch wenn dies gegen das Ergebnis einer Volksabstimmung in den 1980er Jahren ist. Der Ministerrat verabschiedet am 10.2. ein Dekret mit Kriterien, nach denen die Standorte für die neuen Atomkraftwerke in Italien ausgewählt werden sollen.
"Nach der Verabschiedung des Dekrets können die am Bau der Atommeiler interessierten Unternehmen die Suche nach geeigneten Standorten für die Atomkraftwerke beginnen", erklärte Industrieminister Claudio Scajola. Die Standorte müssten in erster Linie Sicherheitskriterien entsprechen. "Schon in 2 Jahren können die Genehmigungen für den Bau der Atommeiler erteilt werden", meinte Scajola. Damit wolle die Regierung ihr Versprechen halten, bis 2013 mit dem Bau des ersten Atomkraftwerks zu beginnen.
Fulvio Conti, Geschäftsführer des Energieversorgers Enel, der mit der französischen EdF am Bau der Atomkraftwerke der 3. Generation in Italien mitwirken will, bestritt, dass die Kernenergie umweltgefährdend sei. "Es gibt viele Vorurteile gegenüber der Atomenergie.
Dabei sind Atomkraftwerke umweltfreundlicher und sicherer als andere Systeme zur Energieerzeugung. Schon jetzt werden 15 % des in Italien verbrauchten Stroms von Kernkraftwerken im Ausland hergestellt", meinte Conti. 200 km von den italienischen Grenzen entfernt seien 27 Atommeiler in Betrieb. Es sei nicht weise, die Atomenergie abzulehnen, da Italien zu stark von Stromimporten aus dem Ausland abhängig sei.
Agentur für Atomenergiesicherheit
Umweltministerin Stefania Prestigiacomo erklärte, die Regierung werde eine Agentur für Atomenergiesicherheit einrichten. "Die Rückkehr zur Atomenergie ist kein einfacher Weg. Es ist nicht leicht, über 20 Jahre nach der Ausschaltung des letzten Atomkraftwerks nach dem Referendum im Jahr 1987 wieder den Weg der Atomenergie zu beschreiten, doch wir werden es auf bestmögliche Weise tun", so Prestigiacomo.
Italien ist neben Österreich eines der wenigen europäischen Länder, das bisher der Atomkraft abgeschworen hat. 1987, ein Jahr nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl, lehnten die Italiener in einer Volksabstimmung die Nuklearenergie im eigenen Land ab. 3 Atomkraftwerke mussten abgeschaltet werden, ein viertes ging nicht mehr ans Netz. Doch seit langem schon drängt die italienische Atomlobby zum Bau neuer Atomkraftwerke - und die Regierung Berlusconi tritt ebenfalls offen dafür ein.