Bikini-Streit in Spaniens Badeorten

10.08.2009

Die Urlauber denken sich nichts dabei: Wenn sie lange genug am Strand gelegen haben und einen Stadtbummel unternehmen wollen, lassen so manche Spanien-Besucher ihre Badekleidung gleich an. In Bikini oder Badehose schlendern sie in Barcelona, Málaga oder Palma de Mallorca durch die Einkaufsstraßen. Bei den Einheimischen lösten die halbnackten Stadtbesucher mittlerweile ein beträchtliches Unbehagen aus. Dies ging so weit, dass der Ruf nach einem Bikini-Verbot für spanische Innenstädte laut wurde.

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Bikini und Badehose gehören nach Ansicht der Spanier an den Strand und die Strandpromenade. Beim Einkaufen oder bei einem Lokalbesuch in der Stadt Badekleidung zu tragen, gilt dagegen als unschicklich. "Barcelona ist, mit Verlaub, kein Badeort wie Lloret de Mar oder Salou", sagte Emili Sarrion, Präsident eines Händlerverbandes in der katalanischen Metropole, der Zeitung "El Pais". "Die Kleidung spielt durchaus eine Rolle."

Jordi Clos, Präsident des Hotelierverbands in Barcelona, ging noch einen Schritt weiter und verlangte, die Stadt solle Spaziergänge in Badehose oder Bikini auf der Flaniermeile Las Ramblas untersagen. "Ein solches Verbot bedeutet keine Repression, sondern Ordnung", meinte der Verbandschef. "In London oder Paris laufen auch keine Touristen in Badekleidung durch die Stadt."

Einige Zusammenschlüsse von Geschäftsleuten und Anwohnern unterstützten die Forderung nach einem Bikini-Verbot. Die große Mehrheit der Wirtschaftsverbände wie auch die Verantwortlichen in den betroffenen Städten sprachen sich jedoch dagegen aus und plädierten für ein behutsames Vorgehen. "Die Reiseveranstalter könnten den Urlaubern ein paar Ratschläge geben und darauf hinweisen, dass man beim Stadtbummel ordentlich gekleidet sein sollte", schlug Barcelonas Stadträtin Assumpta Escarp vor.

Der Vorsitzende des Fremdenverkehrsverbandes auf Mallorca, Alvaro Middelmann, gab zu bedenken, ein Verbot würde an die Zeit der Franco-Diktatur (1939-1975) erinnern. "Man würde sich in jene Epoche zurückversetzt fühlen, in der die Polizei an den Strand ging und all den Urlauberinnen eine Geldstrafe aufbrummten, die ein Bikini trugen", sagte er der Zeitung "Diario de Mallorca". Der Bikini war im sittenstrengen Spanien bis in die 60er Jahre verboten. Benidorm, Marbella und Santander waren die ersten Städte, die erreichten, dass das Regime seine harte Linie aufgab und an bestimmten Stränden das Tragen von Bikinis tolerierte.

Info statt Strafe

Im jetzigen Bikini-Streit geht es jedoch nicht um das Tragen von Zweiteilern am Strand, sondern in der Stadt. Der Badeort Sitges bei Barcelona weist in seinen Verordnungen darauf hin, dass Spaziergänger in den Straßen der Stadt ordentlich gekleidet sein sollten, droht aber nicht mit Bußgeldern. In Malaga an der Costa del Sol kleben an den Eingängen einzelner Lokale Bildsymbole, die anzeigen, dass Gäste in Badekleidung nicht erwünscht sind.

Die Zeitung "La Gaceta" entdeckte einen bemerkenswerten Gegensatz zum Nachbarland Frankreich: "Während die Franzosen darüber debattieren, ob man die Burka (Ganzkörperschleier) aus dem Straßenbild verbannen soll, diskutiert man in Spanien über ein Bikini-Verbot. Bei den einen wird zu viel bedeckt, bei den anderen zu wenig."

Von Hubert Kahl

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